Auf dem Weg zum Kino, vor und nach, im und über den Film, ständige Gespräche und Gedanken. Zum Gehen setzen wir einen Fuß vor den anderen. Eine einfache und logische Abfolge einer Handlung resultiert im Vorwärtskommen, Stehenbleiben, Umdrehen oder Zurückgehen. Beim Denken allerdings verhält es sich anders. Auffassungen, Überlegungen und Eingebungen existieren gleichzeitig, bedingen sich gegenseitig, legen sich übereinander, konstant den inneren und äußeren Umständen des eigenen Daseins ausgesetzt.
Um genau diese Auseinandersetzung mit dem Nahen und Fremden nicht verlegen ist die Duisburger Filmwoche. Seit 1977 bringt sie in der namensgebenden Stadt jährlich dokumentarische Werke aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ins Kino. Wobei die dort abgebildeten Lebensrealitäten weit über die der DACH-Region hinaus gehen. Jahr für Jahr pilgern vor allem Kulturbeflissene in den Ruhrpott, um sich auf das Dispositiv Duisburg einzulassen, das bedeutet, sich in den samtenen Kinosesseln des filmforums wiederzufinden, um dann den Diskurs im anschließenden Gespräch mit Filmemacher:innen, Kurator:innen und Mitzelebrant:innen des Dokumentarischen zu suchen. Dieses Jahr schließen sich der Reise Anton Schröder, Jonathan Bugiel, Julia Milz, Leonard Krähmer und Rahel Jung an. Namen, die im weiteren Verlauf dieses Textes noch eine wichtige Rolle spielen werden. Sie, also wir, sind die diesjährigen Teilnehmenden eines Workshops von Jugend ohne Film und der Duisburger Filmwoche, angeleitet von Patrick Holzapfel und Bianca Jasmina Rauch.
Unser Ziel in diesen Duisburger Tagen: Über Filme nachdenken, und, noch viel wichtiger, über Filme schreiben. Denn manchmal, so banal es klingen mag, müssen Gedanken einfach raus oder es gibt mehr von ihnen, als in einen Text passen. Für ausformulierte und sorgsam aneinandergereihte Buchstaben, Wörter und Sätze mangelt es gerade im Filmfestival-Trubel oft an Zeit und Platz. Es liegt ein unverkennbarer, verwegener Charme im unfertigen Gedanken, etwas Unerhörtes. Aus diesen Überlegungen heraus sind folgende Kurznachrichten unter dem Arbeitstitel Chat-Verlaufen entstanden. Sich bedienend an der Ästhetik und den Methoden moderner Telekommunikation – dem affektbasierten „Texten“.
Wir bewegten uns in diesen Tagen zwischen (wahrscheinlich) festivalbedingt hoher Barbourjackendichte und Schnurrbärten, ruhrpottscher Industriekultur und Trinkhallen, die Augen ebenso auf die Leinwand wie auf unsere Umgebung gerichtet. Unsere Kurznachrichten muten zwar kaum wie ein Miteinander an, direkte Reaktionen aufeinander gibt es keine, aber im direkten Dialog, im Zusammenstehen vor und nach dem Kino, gibt es ein anerkennendes Nicken oder auch ein „wäre ich da mal draufgekommen“. Sie wurden Eisbrecher im Gespräch oder Aufhänger für Diskussionen und Anstoß für weitere Anekdoten. Diese Texte scheinen vor allem Impulse zu sein. Wie aber kann im Bruchstück ein Ganzes formuliert werden? Wie können wenige Zeichen ebenso dem raschen Moment an einer Straßenecke wie dem sich über Jahre hinweg windenden Film gerecht werden? Und die eigenen Ansprüche an Komplexität und Stil, kann man diese überhaupt vermitteln? Mag sein, dass (unsere) Kurznachrichten dies vermögen, mag sein, dass sie das nicht tun. Egal. Vielleicht müssen wir einfach hoffen… und alles erwarten.
Denn es ist das Wagnis des Sporadischen. Überhörte Sätze, impulsive Gedanken, Augenwinkelbeobachtungen, alles findet seinen Platz. Immer in der Hoffnung, auf einen Resonanzkörper, positioniert vor einem fremden Bildschirm, zu treffen. Ein Lebenszeichen oder viel eher ein Zeichen des Lebens, Gedankenfunken die überspringen, nie in der Absicht, ein Gesamtbild zu zeichnen, sondern vielmehr sensorische Impulse geben, Ahnungen von Erfahrung zu vermitteln.
MITTWOCH, 6. NOVEMBER
Drei von Fünf machen sich auf den Weg nach Duisburg. Zwei von Fünf sind bereits dort. Die Nachricht, dass Donald Trump wieder Präsident der Vereinigten Staaten wird, lesen sie alle. Später hält die Schriftstellerin Esther Kinsky einen Vortrag über die Praxis des Sehens. Danach, Landbevölkerung bei der Arbeit. Pferde werden auf sizilianischen Anhöhen mit Weizen beladen und Thunfisch vor ebenfalls sizilianischen Küsten gefangen („Parabola d’oro“ und „Contadini del Mare“).
Julia, um 02:05
Ich liege wach und denke über Blicke und Positionen nach: Blicke, die Positionen einnehmen, Positionen, die sich hinter Blicken verstecken, Blicke und Kamerapositionen, wie der „Blick auf Augenhöhe“ (weil die Kamera halt auf Augenhöhe positioniert ist) oder der „Arschlochblick“ oder aus der Perspektive von … und wie Perspektive zum Konzept wird, ob nun Augenhöhe oder Arschloch und dann denke ich über dieses Konzept nach, will ich aber eigentlich nicht, weil mich heute Nacht nur eines wirklich interessiert: das Interesse selbst (oder die Abwesenheit dessen) in einem Blick und die Position, die dadurch sichtbar wird.
Anton, um 08:41
Wache auf zu Trump-Meldungen. Im Kopf Bilder von Reagan, Kennedy, Fonda – die Studioaufnahmen wirken am echtesten, die Nahen weit weg. Draußen: Duisburg.
Leonard, um 08:58
Als ich in den ICE nach Duisburg steige, ist der battleground state Pennsylvania schon gecallt, was crucial für das outcome der election sei. Meine Resthoffnung, wenn es sonst schon keine mehr gibt, beschränkt sich nun darauf, mir auf der Zugfahrt den bescheuerten News-Ticker-Jargon auszutreiben, um Platz zu schaffen für die berüchtigte Duisburger Gesprächskultur. Der Nebel hängt dicht über dem battleground state Brandenburg, und wird sich hier wie anderswo so bald nicht lichten.
Rahel, um 10:13
Der Schwarzwald zieht an mir vorbei und es ist entschieden: Trump „is going to fix our country“ – unüberrascht fassungslos versuche ich die Wirkmacht von Narrativen zu verstehen und die erzählte Realität einzuordnen. Ungefähr so wie ein Dokumentarfilm.
Jonathan, um 10:00
Dichte Nebelschwaden liegen über der Stadt, bedecken sie. Symbolbild Zukunft? Fehlende Weitsicht? Angst? Ungewissheit? Oder doch nur kondensierender Wasserdampf?
Im Zug Richtung Duisburg, vertraut ungläubig scheinende Bildschirme in Rot und Blau.
Von welchen Realitäten weiß die Leinwand, noch 550 Kilometer, zu berichten?
Julia, um 15:15
Ich freue mich das erste Mal über einen Drohnenflug im Film.
Leonard, um 19:59
Glaube Esther Kinsky als Trägerin des Porzellan-Preises anmoderiert gehört zu haben, aber es wird wohl doch der Paul-Celan-Preis gewesen sein.
Julia, um 23:50
Auf dem Weg zum Apartment laufe ich durch das Gebäude des Hauptbahnhofs. Ein in Decken gewickelter Mensch sitzt zusammengekauert in einem Rollstuhl neben dem geschlossenen Service- Stand der Deutschen Bahn, zwei Frauen sitzen auf einer Bank und essen Pommes und Günther Jauch empfiehlt auf einem hängenden Werbeplakat die App der Apotheke mit dem Motto „Jetzt Zeit und Wege sparen“. Durch die Lautsprecher dringt die Information, dass sich der ICE 2400 um 30 Minuten verspätet.
DONNERSTAG, 7. NOVEMBER
Erinnerungen an Thomas Heise in Duisburg, Tiere in Zürich („Der unsichtbare Zoo“), Zeugnis über Tanz und Protest im Iran („Sayyareye dozdide shodeye man“), und Erinnerungen gegenwärtiger und vergangener Kriege im EU-Grenzland („Landschaft und Wahn“). Dazwischen hallen Esther Kinskys Worte über Bilderlärm nach.
Rahel, um 00:53
Esther Kinsky sprach vom „Bilderlärm“. Mit bald zufallenden Augen sehe ich ihn rauschen.
Julia, um 09:45
Bilderlärm auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs. Am UCI-Kino ist neben den Filmplakaten eine Videowand angebracht, die Werbung und Nachrichten abspielt.
Früher wurden Nachrichten im Kino geschaut.
Jonathan, um 10:05
„What’s in my bag“ persifliert jemand Unbekanntes hinter mir mit verstellt hoher Stimme, das beliebte YouTube-Format. Eine Antwort darauf habe ich nicht. In meiner auffällig roten 3sat-Tasche, heute wichtiger denn je, unter anderem ein Kühlschrankmagnet. „Duisburg ist echt.”
Bleibende Erinnerung.
Rahel, um 11:01
Aus den Schaufenstern blinkt es golden an gegen das große Grau. Jüngste Entdeckung: ein Krokodil.
Anton, um 11:34
Am Café-Nebentisch geht es um freundliche Absagen von Filmfestivals. „Ah, voll nett!“. Kurz danach: „Ich frag mich, warum man Dinge tut im Leben.“
Jonathan, um 11:48
Heute Abend „My Stolen Planet “– so werden sich vermutlich viele gerade fühlen.
Julia, um 11:57
Keine Denkmalpflege – Peter Badel spricht immer wieder von Thomas Heise im Präsens.
Rahel, um 15:56
Mitgehört: „Ich fand das Zebra super!“
Leonard, um 18:15
Karmakar erzählt schön giftig von Menschen, die das Käfigambiente überbeschilderter Cafés genießen. Diskussionsrundenambiente hingegen, frei nach „Megalopolis“: „What entitles you to plow through the richness of my Emersonian mind?“ Aber Karmakar hat Rom vor und hinter sich gelassen – sein Lieblingsjahrhundert das fünfzehnte; über Genesis 1 könne man reden; Filmemacher denken in Spielfilmakten, Karmakar im aristotelischen.
Leonard, um 18:27
Krankheitsbedingt muss eine Diskussion per Zoom stattfinden. Herausforderung für den Festival-Fotografen: Wie findet er die richtige Einstellung, nach welchen Winkeln verlangt das Hybride?
Jonathan, um 19:46
Überhört vor dem Kino: „Fuck, sie fickt mein Vorurteil.“
Rahel, um 23:23
Die Blicke schweifen über die weiten Totalen und irgendwo hinter den Hügeln verlieren sich in der EU meine Gedanken im Privaten. Als der Jeep Kreise im Stoppelfeld dreht, denke ich an die Pferde bei De Seta.
FREITAG, 8. NOVEMBER
Jan Soldat und Gisela Tuchtenhagen sprechen in gegenseitiger Neugier über den beobachtenden Dokumentarfilm. Wir beobachten Gentrifizierung in Zürich („Brunaupark“), während Faraz Fesharaki die Distanz zu seiner Familie über zehn Jahre hinweg per Videotelefonie zu überbrücken versucht. Aufgrund der schwachen Internetverbindung bleibt auch ihm meist nichts anderes übrig, als zu beobachten („Was hast du gestern geträumt, Parajanov?“).
Jonathan, um 00:07
Es ist spät. Auf der Straße ruft jemand „ich bin sauer“. Ich nicht, „Landschaft und Wahn“ lässt mich erschöpft, aber zufrieden zurück. Ich habe das Gefühl, Film und Regisseurin verstanden zu haben. Beeindruckend sind Recherche und Entstehungszeitraum, aber wer mehrere Jahre dort verbringt, kann auch 138 Minuten füllen.
Julia, um 00:57
Durch die flimmernde Körnung des 16-mm-Filmmaterials und die langsame Kamerabewegung über die verschiedenen Grün- und Gelbtöne der Baumkronen hinweg entsteht ein psychedelisch-waberndes Bild, ein bewegtes Bild.
Leonard, um 01:20
Auch mein Lieblingsschwenk aus „Landschaft und Wahn“, weil er die Frage nach der „richtigen“ Distanz (zu den Menschen, zu den Bildern, zur Geschichte dieses Ortes) ästhetisch auflöst bzw. gerade nicht auflöst, eben wabern lässt. Mischwald, aus der Ferne betrachtet, sieht aus wie großes Moos.
Anton, um 01:30
Irgendwo zwischen diesen Baumkronen im Mischwald die EU-Grenze. Kein Strich wie auf Google Maps – unsichtbare Mitte des Films, aus der Ferne der Einstellung „betrachtet“ mit Vehemenz absurd. Anderes Bild: Vögel fliegen (über dem Wald?).
Jonathan, um 09:46
„My Stolen Planet“ – Bild und abgebildete Realität treten miteinander in Dialog, reichen sich in ihrem Leid die Hand, verlassen gar ihr Medium und überlagern sich gegenseitig, überschattet von Pixeln, Bildstörungen und Blut auf Leinwand und Linse.
Jonathan, um 11:30
Überhört im Film: „Ist ja Kunst im weitesten Sinne.“
Jonathan, um 11:44
Gisela Tuchtenhagen und Jan Soldat im Gespräch. Ein Werk voller Unterschiede und doch sind sie sich einig – die gestochen scharfe Auflösung moderner Kameras sei respektlos.
Rahel, um 18:29
Hängengeblieben aus „Brunaupark“: „Jetzt ist mein Leben um 180 Grad wieder normal“ .
Julia, um 18:33
Frage mich, warum „Brunaupark“ (in seiner Form) so viel Widerstand in mir ausgelöst hat. Um so lauter gelacht wurde, desto skeptischer wurde ich.
Aber einen Moment nehme ich mit: „Man stirbt nicht ein bisschen, man stirbt für immer.“ Das Lachen blieb endlich in den Hälsen stecken.
Jonathan, um 19:02
Stehe am Duisburger Innenhafen, blicke aufs Wasser und denke immer noch über Landschaft (und Wahn) nach. Gibt es sie auch ohne Mensch und seine Gewalt?
Leonard, um 19:31
Weitgehende Ausweichmanöver der „Brunaupark“-Regisseure gegenüber formaler Analyse: Ob der Humor im Schnitt „gebaut“ sei, könne man schwer sagen, vieles sei „organisch“ entstanden und „aus der Realität geschöpft“ (was natürlich auch stimmen kann).
Anton, um 23:30
„Was hast du gestern geträumt, Parajanov?“: Denkräume in der Unschärfe der Bilder. Kurz beginnen die Pixel zu tanzen.
SAMSTAG, 9. NOVEMBER
Ein chiffriertes Coming Out („Ó mǎ“), die unauffällige italienische Grenzgemeinde Franzenfeste als Schmelztiegel der Kulturen („Durchgangsland“) und die „Verlaufskritik“ läuten das Ende der Festivalwoche ein. Später dann Toast, Preisverleihung und Party – verdient.
Jonathan, um 09:33
Ebenfalls „Was hast du gestern geträumt, Parajanov?“: Sätze bleiben im Kopf. „Eine Revolution ist kein Witz“, „Ich mag es nicht etwas zu vermissen“ und ein Sandwich-Rezept: Toast, geschmolzener Mozzarella und ein gekochtes Ei.
Jonathan, um 10:01
Im Gespräch „Ich hab nichts gegen Kitsch.“ Erfrischend, das von einem Dokumentarfilmer zu hören.
Julia, um 10:15
Im Filmforum-Café wird über Preise geflüstert.
Julia, um 15:45
Bin frühzeitig aus „Durchgangsland“ raus, in dem Moment als die Kamera in einem Kreisverkehr mehrmals, yup, im Kreis fährt. Eine Flucht vor der Langeweile. Ich habe sie gesucht, die Motivation in den Bildern. Wie einer der Arbeiter, der das Gold nicht finden konnte, bin aber auch ich leer ausgegangen in diesem Film. Da war sie dann wieder, die Frage nach dem Interesse des Blicks.
Jonathan, um 17:02
Die Gedanken werden weniger, Bilder übernehmen. Im Auge des Sturms um 20:00 Uhr, fast Primetime, die Preisvergabe. Welche Bilder haben Bestand(en)?
Leonard, um 20:09
Kino-Kulinarik: Käse ist generell zu empfehlen, Mozzarella dem Streichkäse vorzuziehen, insbesondere kombiniert mit Toast und Ei. Von gegrillter Gurke wird abgeraten.
Julia, um 20:35
„Gut, ne?“– Alexander Scholz
Leonard, um 20:39
Kulinarischer Zusatz: Auch Dokumentarfilm sei Lebensmittel, Verdaulichkeit ungewiss. Zusammenhang mit der „Fast-Food-Meinungsbildung“ auch.
SONNTAG, 10. NOVEMBER
Rückfahrt. Fünf von Fünf + ein ganzes Festivalpublikum macht sich auf den Weg. Vorab ein verlorenes Handy und von Jugendlichen kuratierte Filme aus der Geschichte der Filmwoche bei der „Duisburger Klassik“ . Dieses Jahr: „Déjà vu“ von Lisl Ponger, 1999 und „November“ von Hito Steyerl, 2004.
Rahel, um 00:09
Johannes Dicke von 3sat sagt: „Ich habe ein kleines Faible, das ist Lyrik“. Dann liest er ein großes Gedicht vor und verspricht, es wirke spätestens heute Nacht. Recht hatte er.
Anton, um 00:11
Rapide Stimmungswechsel im Diskussionsraum: heute Party, morgen Vintage-Fußballbörse.
Rahel, um 09:22
Im Fußballshirt sagt er lachend „Ich hab auch noch nie ne Ausstellung gegeben. Ihr seid hier quasi premierentechnisch dabei“. Hier premiert sichs Schlag auf Schlag.
Leonard, um 23:49
Während die Vintage-Fußballbörse das Duisburger Fußballherz an bessere, leider vergangene Tage erinnert, fährt der MSV, nein: unser MSV, in der Regionalliga West einen 2:1-Auswärtssieg beim Wuppertaler SV ein. Die Tore schossen Symalla und Hahn. Damit sind „die Zebras“ seit nunmehr 10 Spielen ungeschlagen. Bis auf weiteres unschlagbar auch die souveräne Moderation der laut Eigenaussage „halbwegs jugendlichen“ Auswahlkommission der Duisburger Klassik am Morgen.
MONTAG, 11.November
Tag eins nach dem Festival, Welten verschmelzen, Bestandsaufnahme von dem was bleibt.
Julia, um 10:42
Zurück in Berlin. U-Bahn Linie 8. Unvermittelte Realität(en).
Leonard, um 17:04
Blättere bildungsbürgerlich durch einen Celan-Band, Interpretationshorizont Duisburg. Mein Abschiedsbummel durch die porös frequentierte Fußgängerzone drängt sich auf: Die Schwermutsschnellen hindurch, / am blanken / Wundenspiegel vorbei: / da werden die vierzig / entrindeten Lebensbäume geflößt.
Leonard, um 17:18
Celan über Fluch und Segen von Deadlines: Unfrist und Frist / münzen einander zutode.
Rahel, um 21:29
Eine Sinalco-Apfelschorle hatte sich auf den Grund meines Rucksacks verirrt. Aus der nehme ich jetzt einen Schluck, nachdem ich mit dem Mond im Augenwinkel der Stimme des Ingenieurs zugehört habe.
Jonathan, um 22:00
Duisburg, inzwischen 550km entfernt und 24 Stunden später – die Beobachtung bleibt.