Oliver Schwabe

Distanzmontage: Die Zauberschale – das öffentlich-rechtliche Fernsehen und sein Archiv

Eine subjektive Reflexion in popkulturellem Kontext.

Es gehört zu den aufregenden Aufgaben, im Zuge der Recherche zu einem Dokumentarfilm
in die Tiefen des Archivs des öffentlich-rechtlichen Fernsehens einzutauchen. Diese komprimierten und intensiven Zeitreisen in den Bewegtbildkosmos, der seit nunmehr über 70 Jahren – mittlerweile zum größten Teil digitalisiert – existiert, macht Zusammenhänge deutlich, strahlt auf die Gegenwart aus und erzählt von bundesdeutscher Mediengeschichte. Denn es geht nicht nur um das Aufspüren von Fundstücken, die als Zitat oder als filmische Quelle O-Töne aus dem Jetzt belegen oder Erinnerungen von Protagonist:innen visualisieren, sondern es wird darüber hinaus deutlich, wie über Zeitgeschehen berichtet wurde oder wann sich das Massenmedium Fernsehen entlarvt, wenn Unterhaltungsshows, Reportagen und Beiträge historische Wirklichkeiten spiegeln oder sich aus heutiger Betrachtung Kontexte zeigen, die zur Zeit der Belichtung des Materials ausgeblendet oder nicht hinterfragt wurden.

Ein Beispiel für eine Umdeutung von Archivmaterial stellt der Film „Aşk, Mark ve Ölüm
von Cem Kaya dar. Der Film war 2022 im Programm der Duisburger Filmwoche zu sehen
und wurde von der Deutschen Filmakademie 2023 für den Deutschen Filmpreis nominiert.
Er zeigt 60 Jahre Popkultur in Deutschland. Allerdings nicht deutsche Popkultur zwischen Krautrock, Neuer Deutscher Welle und Schlager, sondern die (musikalische) Popkultur der Gastarbeiter:innen und ihrer Familien, die in Deutschland – jenseits der Hitparaden und des (deutschen) Mainstreams – für über 2,6 Millionen Arbeitnehmer:innen (um 1973) Heimat in der Fremde bedeutete. Der Film ist nicht nur ein wunderbares Kaleidoskop türkischer Musikkultur in Deutschland, sondern er erzählt darüber hinaus von Rassismus – auch in der deutschen Fernsehlandschaft.

Aşk, Mark ve Ölüm von Cem Kaya

Im Deutschen Fernsehen der 60er bis in die 90er Jahre wird die deutsch-türkische Mainstreamkultur spärlich behandelt, und wenn, dann nur in Nischenprogrammen wie „Nachbarn in Europa“ (ZDF, 1989-1995) oder „Ihre Heimat, unsere Heimat“ (ARD, 1965-1993). Im Titel der zuletzt genannten Sendung wird bereits deutlich, dass es um Unterscheidungen geht, nicht um Verbindendes.

„Durch diese Zauberschale wird die Ferne zur Nähe werden und der Raum zwischen uns und fremden Ländern wird wie aufgehoben sein. Das Schicksal der Anderen wird künftig mitten in unserer eigenen Stube stehen und das Fernsehen kann so aus dem Entfernten unseren Nächsten machen.“, stellt NWDR-Generaldirektor Adolf Grimme am 23.10.1953 bei der Eröffnung des „Haus des Fernsehens“ in Hamburg-Lokstedt fest.

„Zauberschalen“ sind „in ihrem Inneren mit Texten und Beschwörungen gegen Dämonen versehene Keramikschalen“.1 Vor wem oder was sollte das Fernsehen das Publikum schützen? Ein Blick in die Archive zeigt, dass das „Andere“ erst in der Stube ankommt, wenn es massenkompatibel gebändigt und gezähmt auf Sendung gehen kann. Hat Grimme genau das mit dem Vergleich zur Zauberschale gemeint?

Bleiben wir in der Popkultur und widmen uns der Welt des Schlagers, zu der eine große Menge von Material in den Bilddatenbanken der öffentlich-rechtlichen Sender zu finden ist.
Deutschland um 1965: Die Deutschen leben im biederen Wohlstand, den ihnen das Wirtschaftswunder gebracht hat. Doch die Geburt der Popkultur mit Rock’n’Roll, Beat und Flowerpower irritiert die bürgerliche Mitte, die es sich in ihren Komfortzonen gemütlich gemacht hat. Aus der Irritation wird Erschütterung, als 1967 die Studentenunruhen beginnen, denen Jahre des RAF-Terrors folgen.

Die Hoch-Zeit des Schlagers beginnt. Die in unzähligen Liedern besungene heile Welt stellt sich der kalten Realität „da draußen“ entgegen: Mit Herzschmerz, Liebe und klaren Werten gegen die Sorgen des Alltags! Schlager als Tranquilizer auf schwarzen Scheiben. Arbeitslosigkeit, drohender Atomkrieg oder Drogen – im Schlager findet all das zwar auch irgendwie statt (vgl. „Am Tag als Conny Kramer starb“, Juliane Werding, 1972), aber doch auf eine Weise, die niemandem so richtig weh tut. Draußen ist es feindlich und der Rückzug ins persönliche Glück, vorgetragen von hübsch frisierten Männern und Frauen wie Roland Kaiser oder Marianne Rosenberg. Schlager sind Maschinen, mit deren Hilfe man für drei Minuten in eine andere, eben etwas heilere Welt verreisen kann.

Ein Eintauchen in die Fernseh-Archive lohnt sich hier: Sendungen wie „Die aktuelle Schaubude“ (NDR, 1957-2009), „Musik aus Studio B“ (ARD, 1961-1976) oder „ZDF-Hitparade“ (ZDF, 1969-2000) zeigen, dass die Schlager-Community nicht so homogen ist, wie sie auf den ersten Blick erscheint. Der deutsche Schlager wird auch von „ausländischen“ Sängerinnen und Sängern gesungen. Das Fremde – domestiziert in der Hitparade – singt auf den ersten Plätzen mit. Schlager-Importe wie z.B. Roberto Blanco (Kuba), Vicky Leandros (Griechenland) oder Ricky Shayne (Libanon) stehen im erfolgreichen Wettstreit um die ersten Plätze mit den heimischen Stars wie Michael Holm oder Mary Roos – das alles bei Dieter Thomas Heck in der Hitparade.

Es fällt auf, dass es damals keine Schlagerstars aus der Türkei in den deutschen Hitparaden gibt. Seit sich 1961, im Rahmen des Abkommen zur Anwerbung türkischer „Gastarbeiter“ in Deutschland, eine große türkische Community bildet, hätte ein auf Deutsch singender türkischer Schlagerstar einen Beitrag zur Integration der türkischen Mitbürger und Mitbürgerinnen leisten können. Ein Beispiel dafür sucht man vergebens.

Yüksel Özkasap in Aşk, Mark ve Ölüm von Cem Kaya

In „Aşk, Mark ve Ölüm“ tritt Yüksel Özkasap auf, eine türkische Sängerin, die auch „Nachtigall von Köln“ genannt wird. In den 60er und 70er Jahren, jenseits der deutschen Hitparaden, verkaufen sich Millionen ihrer Alben in türkischen Kiosken und Lebensmittelgeschäften. In der deutschen Öffentlichkeit und im deutschen Fernsehen findet die Sängerin allerdings nicht statt.

Recherchen in den Datenbanken fördern auch zu Tage, was eben alles nicht zu finden ist, obwohl eine Relevanz offensichtlich gegeben ist. Das gilt für viele Strömungen der Popkultur, die erst ihren Weg in das öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm schaffen, als die Bewegung verstanden, eingeordnet und nicht mehr „gefährlich“ ist.

Für meinen Dokumentarfilm „Keine Atempause“ (WDR, 2015) über den Ratinger Hof in Düsseldorf, Keimzelle der deutschen Punkbewegung von 1974-1979, bin ich gezwungen auf privates Super-8-Material zurückzugreifen, denn der WDR, in dessen Hoheitsgebiet eine Sendung über den „Hof“ gehört hätte, berichtet erst 1982 über den Club. Da ist der ursprüngliche Ratinger Hof schon längst Geschichte und wichtige Protagonisten der Szene bereits ins Ausland abgewandert (DAF) oder haben sich schon aufgelöst (der KFC). Der Film, den ich dann 2015 realisieren darf, entsteht somit gute 35 Jahre zu spät und zeugt von einer Retromanie-Welle, auf der das öffentlich-rechtliche Fernsehen reitet, da die Zielgruppe nun in einem Alter ist, in dem die Jugend gerne romantisiert und verklärt wird – und die subversive Kraft der jeweiligen Bewegungen (hier Punk) bereits verglüht ist.

Interessant ist hier auch, dass archivierte Sendungsmitschnitte gelöscht und die Magnetbänder mit neuen Sendungen überspielt wurden und somit viele Sendekopien verloren gingen. (vgl. „Geschichte des 3. Fernsehprogramms“ von Heinrich Breloer im Programm der Duisburger Filmwoche 1986).

Zurück zum Schlager: Während also Yüksel Özkasap nicht in Dieter Thomas Hecks Hitparade zu finden ist, geben sich auf der anderen Seite deutsche Schlagersänger:innen fremd klingende Namen: Mary Roos heißt eigentlich Marianne Rosemarie Böhm und Roy Black hört privat auf den Namen Gerhard Höllerich. Andere wiederum werden von ihren Managern angehalten, ihre „Wurzeln“ nicht öffentlich zu machen, da es den Umsatz der Plattenverkäufen und damit den Marktwert gefährden könne. Freddy Quinn z.B. stammt aus Österreich und wird als Hamburger verkauft.

Auf Rat ihres Vaters verbirgt auch Marianne Rosenberg in den 60ern und 70ern ihre Herkunft, erinnert sie sich 2006 in einem Interview. Die Sängerin ist die Tochter von Otto Rosenberg, der als Sinto von den Nazis verfolgt wurde und er schlägt vor, sie solle in Interviews erzählen, dass ihre Vorfahren aus Ungarn kämen.

„Das war mehr als ein Rat, er wollte mich schützen. Er sagte: Die andere Geschichte will keiner hören, das erschreckt die Leute nur, dann fühlen sie sich schuldig.“

Marianne Rosenberg in Die Zeit, 07.09.2006, Nr. 37
Zigeuner in Duisburg von Rainer Komers

Rainer Komers Dokumentarfilm „Zigeuner in Duisburg“* von 1978 wird, obwohl Komers ab 1980 zur Gruppe freier Filmemacher in der WDR-Redaktion „Schauplatz“ gehört, nicht im WDR ausgestrahlt. Der Film gehört mit zu den ersten filmischen Arbeiten, in der die betroffenen Sinti und Roma selbst vor der Kamera zu Wort kommen, gedreht in einer Zeit, als das „Z-Wort“ noch Teil des Sprachgebrauchs war. (Zuvor hatte Peter Nestler 1970 als einer der Ersten einen Film über den Völkermord an den Sinti und Roma gedreht, allerdings für das schwedische Fernsehen. 1987 konnten Katrin Sybold und Melanie Spitta für ihren Film „Das falsche Wort“ über die Verfolgung und Ermordung deutscher Sint_ezza in der Zeit des Nationalsozialismus keine Fernsehanstalt zur Finanzierung gewinnen).
Interessant ist, dass Komers Film damals auf der Duisburger Filmwoche nicht berücksichtigt wurde. Dieser Text trägt nun – wie die Filmwoche selbst – dazu bei, dass der Film doch noch im Kontext des Festivals stattfindet.

Beim Sichten der Schlagershows der frühen 70ern fällt auf, dass die „Gastarbeiter:innen“ – wie oben festgestellt – nicht selbst singen, aber es wird über sie gesungen: „Griechischer Wein“ von Udo Jürgens, „Zwei kleine Italiener“ von Conny Froboess oder „Aus meinem Tagebuch“ von Reinhard Mey. Den Höhepunkt dieser Fundstücke bildet ein Ausschnitt aus der Rudi Carrell-Show von 1970, in der der Showmaster vor der Kulisse einer Baustelle, auf der Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten, das Lied „Man kommt nur noch weiter durch Gastarbeiter“ zusammen mit den „Drei Peheiros“ singt.

Kulenkampffs Schuhe von Regina Schilling

Fundstücke aus der Fernseh-Unterhaltung prägen auch den Film „Kulenkampffs Schuhe“ von Regina Schilling, dem Eröffnungsfilm der 42. Duisburger Filmwoche 2018. Der Film seziert die bundesdeutsche TV-Unterhaltungsindustrie und legt offen, was die Realität in vielen deutschen Nachkriegsfamiliengeschichten darstellte: die Verdrängung der schrecklichen und durchlebten Kriegsrealität. Kulenkampff zeigt in seiner Show, wie mit diesem Trauma umzugehen ist. Er weiß um die kollektive Erfahrung seines Publikums und setzt mit Witzen und Ablenkung auf die kollektive Verdrängung.

So erscheint Hans-Joachim Kulenkampffs Resumé zum Fernsehen heute ambivalent, da er als wichtiger Protagonist dieses Beruhigungsfernsehen mit prägt. 1992 äußert er sich wie folgt:
„Ich weiß, wie schwer es ist, Fernsehen zu machen. Was mich schmerzt, ist, dass der Anspruch, mit dem wir angetreten sind, ich war ja von Beginn an dabei, ein viel höherer war als der jener Leute, die heute das Sagen haben. Ich glaube, dass das Fernsehen in den letzten 40 Jahren das Verhalten der Menschen maßgeblich beeinflusst hat. Wäre man einen anderen Weg gegangen, hätte man sie positiv beeinflussen können.“ (Die Zeit, 25.12.1992, Nr. 37).

Kulenkampff macht diese Feststellung vor 30 Jahren und kritisiert damit in erster Linie das Privatfernsehen. Heute, 2023, ist die Wirkkraft des Mediums durch das Internet abgelöst.
Kulenkampff hat das Fernsehen als Bildungsinstanz und Meinungsmacher erkannt. Dieses Alleinstellungsmerkmal hat das Fernsehen, im Zuge der Digitalisierung und mannigfaltiger hinzugekommener Informationsquellen, verloren.

Als Adolf Grimme 1953 davon spricht, dass das Fernsehen dazu fähig ist, aus „dem Entfernten unseren Nächsten“ zu machen, bedarf es noch einer ordnenden Instanz („Das Fernsehen als Machtapparat […] zur Erziehung zur Demokratie und Aufklärung genutzt“ – vgl. Regisseur Heinrich Breloer im Protokoll zu „Geschichte des 3. Fernsehprogramms“). Da heute ein Jeder in der Lage ist, sich sein eigenes Programm zu basteln und plötzlich Millionen Menschen senden und nicht mehr nur noch empfangen, ist ein Wandel gleichermaßen unaufhaltsam wie fundamental und die Kontextualisierung (oder gesteuerte Beeinflussung) der Inhalte nicht mehr möglich.

YouTube ist nicht nur das Gegenmodell zum traditionellen Fernsehen, dem veralteten linearen Bilderstrom, der das Archiv nur passwortgeschützt und gegen hohe Geldbeträge freigibt (eigentlich absurd: Das Archiv der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten sollte für Interessierte frei zugänglich sein, denn die Zuschauer:innen haben die Inhalte der Archive mit ihren Gebührengeldern finanziert!), sondern YouTube ist die neue, frei verfügbare digitale Bibliothek und damit die stetig wachsende, neue kollektive Erinnerungsmaschine.

Hand aufs Herz heraugegeben von Oliver Schwabe

Redakteur und Filmemacher Horst Königstein hat die Entwicklung des Videoportals YouTube (YT geht am 14.02.2005 mit dem Slogan „Broadcast Yourself“ online) und anderer Portale durch sein Sendeformat der Videotagebücher bereits seit 1990 vorweggenommen: Zuschauer:innen, die bisher nur empfangen hatten, durften dort ihr – mit kleinen Videokameras aufgezeichnetes – Leben in Form eines Videotagebuchs senden (vgl. „Hand aufs Herz“ (Herausgeber: Oliver Schwabe, Redaktion NDR: Horst Königstein). Königstein wird in dem doku-dramatischen Fernsehspiel „Ich, Ringo und das Tor zur Welt“ (2010, Buch und Regie: Jan Bonny und Oliver Schwabe) wie folgt zitiert:

„Das Fernsehen ist Zeitgeschichte, als Sammler und Gestalter, Vertriebsweg und Archiv für privateste und öffentlichste Obsessionen. Wir behaupten, das Fernsehen darf alles, weil es dem Leben in Bild und Ton näher ist, als andere Medien.“

Königsteins Faszination und Hingabe für das Medium Fernsehen ist zu erahnen. Die Archive der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten, aber auch der Privatsender, verwalten nach wie vor Erinnerungen, Begegnungen, Nachrichten, Signale und – ganz nach Königstein – gelebtes Leben, das in der Rückschau Schlüsse auf Realitäten und Wahrheiten – auch im Kontext gegenwärtiger Diskurse – zulässt und deutlich macht. Das Archiv als Seismograph, das Stimmungen, kulturelle Ereignisse und Themen aufzeichnet und das aufgrund der zeitspezifischen Bildsprache und des Abgebildeten selbst auf historische Kontexte verweist und viel über die Zeit erzählt, in der das Material belichtet wurde. Das Archiv erzählt von politischen, sozialen, privaten Lebenswirklichkeiten im Wandel der Jahrzehnte. Das Fernseharchiv als eine Art Sittengemälde der jeweiligen Zeit – ein Spiegel der Gesellschaft der letzten 70 Jahre.

Das Fernsehen hat als „Zauberschale“ seine dem jeweiligen Zeitgeist geschuldete „Schutzfunktion“ an das World Wide Web mittlerweile verloren. Das WWW ist nicht in der Lage, egal welche Dämonen, zu bändigen. Ein neuer Name muss her – ChatGPT schlägt dafür folgende Begrifflichkeit vor:

„Das World Wide Web könnte metaphorisch mit einem ‚digitalen Ozean‘ oder einem ‚Cyber-Meer‘ verglichen werden. Diese Metapher spiegelt die dynamische Natur des Internets wider, in dem Informationen fließen, sich entwickeln und miteinander verbunden sind wie Ebbe und Flut.“

ChatGPT am 29.05.2023

Während der Blick in die Archive des öffentlich-rechtlichen Fernsehens – einem Brennglas gleich – die Fokussierung auf viele Jahre deutsches Fernsehen zulässt, wird das Bewegtbildarchiv der Zukunft online zu finden sein. Und – um in der von Chat GPT vorgeschlagenen Metapher zu bleiben – es genügt nicht mehr nur ein Brennglas, sondern es braucht unzählige Glasbodenboote, um in die Tiefe des digitalen Ozeans hineinzuschauen. Die immense Anzahl des von vielen Sendern und Quellen generierten Bewegtbildarchivs, kann nicht mehr auf eine Meinungsinstanz (das öffentlich-rechtliche Fernsehen) und einen Spiegel der Gesellschaft verweisen (so wie „Kulenkampffs Schuhe“ das Bild einer Genration sezieren kann), sondern das unendlich große Archiv muss zwingend eingeordnet, verglichen, untersucht und analysiert werden. Eine komplizierte und große, aber dringliche und wichtige Aufgabe – nicht nur für zukünftige Filmemacher:innen.


Oliver Schwabe studierte an der Kunsthochschule für Medien Köln und an der New York University, Arts and Media. Neben Spielfilmen dreht er in den letzten Jahren insbesondere Dokumentarfilme mit popkulturellen Themen. Schwabe ist Vertretungsprofessor für kreative Fernsehproduktion an der Kunsthochschule für Medien in Köln und Professor für Film an der FH Dortmund.

* „Zigeuner“ ist eine rassistisch diskriminierende Bezeichnung für Sinti:zze und Rom:nja. Gegen diese Diskriminierung richten sich sowohl Rainer Komers FIlm, als auch der Autor dieses Textes und die Duisburger Filmwoche.
1 vgl. https://thue.museum-digital.de/object/2399?navlang=de