Film

Meine Großmutter zeigt und erklärt bäuerliche Hausarbeit
von Beate Rose
DE 1978 | 58 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 3
1979

Diskussion
Protokoll: Uli Opitz

Protokoll

Sämtliche Veranstaltungen dieses Tages standen unter dem Thema „Arbeit/Abwesenheit von Arbeit“.

In der Diskussion über den Film von Beate Rose reklamierte die Kritik zunächst, daß die gesellschaftlichen und politischen Hintergründe der bäuerlichen Hausarbeit nicht vermittelt worden seien. Der Vorwurf wurde erhoben, daß die Erscheinungsebene, die erzählende Großmutter, nicht verlassen, stattdessen deren Arbeit isoliert begriffen und damit als nicht-entfremdete Arbeit romantisiert worden sei.

Beate Rose verwies dazu auf die einführende Filmsequenz, in dem sie über die ökonomischen Bedingungen und Zwänge Auskunft gegeben hat. die die gesellschaftliche Situation ihrer Großmutter bestimmten. Dieser Kommentar bilde den gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmen, in dem die Darstellung der Arbeitsvorgänge durch die Großmutter selbst verstanden werden müßten.

Gegenüber der ersten Kritik wurde positiv bestärkt, daß die Arbeit auf dem Bauernhof erklärt worden sei: zum einen durch die langen Einstellungen, die den zeitraubenden, kaum profitablen Charakter dieser Arbeit nachvollziehen; zum anderen aber — so ein weiterer Diskussionsteilnehmer — sei der einführende Kommentar so ungewöhnlich präzise, daß sich der soziale Hintergrund dieser spezifischen Arbeitsform daraus genau entschlüsseln ließe.

Die Diskussion verknüpfte die inhaltliche Kritik sehr schnell mit der Auseinandersetzung Um die formale, filmische Struktur. Einleitend dazu verwies Beate Rose auf ihre – auch im Titel wiedergebene Absicht, einen Erzählfilm herzustellen, der etwa im Gegensatz zur Praxis der Nachrichten- und politischen Informationssendungen im Fernsehen ruhige , distanzierende Einstellungen erforderte, nicht mit Großaufnahmen einzelner Details arbeitet. Dem entgegengehalten wurde, daß gerade dadurch ein Lehrfilm entstanden sei, der unlebendig, ehrfürchtig, gehemmt wirke. Die Bildebene sei in dieser Distanz nicht filmisch integriert, sondern sei Bebilderung des Gesprochenen; das Erzählen bleibe dadurch auf der verbalen Ebene. Hinzugefügt wurde, das das formale Element der distanzierten Kamera genau dazu führe, daß die Arbeit auf dem Land neutral dargestellt wirke, nicht zweck- und erfahrungsgebunden erscheine und damit auch unpolitisch verstanden werden müsse. Verstärkt wurde diese Anmerkung mit dem Verweis darauf, daß die so entstandene didaktische Form eine Tendenz in der Entwicklung des dokumentarischen Films wiedelgebe, in der die dargestellte Realität zur Stilisierung der Realität werde.

Dieser Kritik wurde widersprochen, vor allem auch durch die Auswahlkommission. Politisch sei der Film gerade in seinem handwerklichen Vorgehen, indem auf technische Befrachtung (Schwenks, Schnitt/Gegenschnitt etc.) verzichtet worden sei. Die Diskussion solle sich deshalb auf das Handwerk dieses Films konzentrieren, weil sich darin und aus ihr die politische Qualität des Films, die hoch eingeschätzt werden müsse, entwickelt. Beispielhaft dazu wurde angeführt die Sequenz, in der die Großmutter in ihre Erzählung über die Zubereitung von Topfkäse einfließen läßt, daß dieser Produktionsvorgang für die Kinder auf dem Bauernhof auch immer bedeutet habe daß „Geschichten erzählt“ werden. Damit werde z. B. vieles klar über die Entstehungsbedingungen von „Geschichten“, die in der Arbeit, in den Produktionszusammenhängen angesiedelt werden müssen. Diese positive Kritik wurde unterstützt: die Sparsamkeit der Form habe über die Sparsamkeit der Großmutter, zu der sie aus ökonomischen Gründen gezwungen war, sehr detailliert Auskunft gegeben.

Beate Rose stellte mit diesem Argument ihre eigene Absicht dar. Für sie habe die Bemühung im Vordergrund gestanden, nicht zu bebildern, Gerade dadurch seien Romantisierung und Stilisierung vermieden worden. Die Sparsamkeit im filmischen Vorgehen in der nach Meinung der Auswahlkommission Form und Inhalt ästhetisch zusammenfallen — stehen im Zusammenhang mit den ökonomischen Produktionsbedingungen für diesen Film. Zunächst war ihr von der Münchner Filmhochschule ein Etat von DM 10.000,- bewilligt worden. Dieser Etat wurde während der Produktionszeit auf 7.000,- DM herabgekürzt. Diese Produktionsbedingungen dürfen also nicht bei der Kritik an der Ästhetik des Films außer Acht gelassen werden.

Die gesellschafts-politische Haltung der Filmemacherin komme positiv darin zum Ausdruck, daß sie die Totalität des Menschen im Film inhaltlich konsequent aus dieser Distanz heraus manifestiere, anstatt ihn, den Menschen in technisch aufgesetzter Nähe daraus zu verdrängen.