Film

The Dunes Said
von Maya Connors
DE/AR 2021 | 23 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 46
8.11.2022

Diskussion
Podium: Maya Connors
Moderation: Dominik Kamalzadeh
Protokoll: Marius Hrdy

Synopse

Ein flimmerndes Fernsehbild, so körnig wie der Sand, in dem Tiere ihre Spuren hinterlassen haben. In den 1930er-Jahren wurde die argentinische Küstenstadt Villa Gesell in die Dünen gebaut. Ein Mann mit einer Schaufel. Drei Schritte, dann der Anstich. Heute scheinen der Sand und die Menschen als Einheit. Das Ticken einer Uhr. Wie wird Wissen weitergegeben? Hände begutachten Steine und Muscheln – pssst! Stille.

Protokoll

Krrkkk, Pffft, Ssshhh. Die ersten Bilder der Dünenflächen in „The Dunes Said“ sind begleitet von Geräuschen des Windes, der den Sand über die geriffelten Oberflächen treibt. Und gleichzeitig sind diese Geräusche als Text im Bild zu sehen, quasi in lautmalerischer Textwerdung begriffen. Villa Gesell in Argentinien ist die manifestierte Utopie einer Siedlung des Kaufmannes Carlos Gesell, der in die maritime Ökologie Bäume pflanzte, um Material für sein Möbelhaus zu gewinnen. So will es die gängige Erzählung im Ort. Connors jedoch sucht bald an den Rändern dieses Narrativs eine Sprache für die Dünen zu finden, „mit Ihnen zu sprechen“ und damit auch alternative Wege der Erinnerung freizulegen.

In der anschließenden Diskussion schält Dominik Kamalzadeh eingangs die vielseitigen Perspektiven mit denen der Film arbeitet heraus: aufällig ist für ihn die Kombination von dokumentarischen Verfahrensweisen mit einem Voice Over, das dem Bildgeschehen einen distanzierenden Modus hinzufügt. Es wirkt wie ein Science-Fiction-Report, wo man manchmal nicht genau weiß wer der/die Autor:in ist, wer es ist der/die spricht. Wie ist Connors auf diesen Ort gekommen? Connors erzählt, sie habe zunächst von dem Ort, der auf Sanddünen gebaut wird erfahren und war fasziniert davon wie Gesell so vernarrt sein konnte, den Sand zu analysieren und zu schauen, was er dort anbauen kann. Da diese Erzählung so omnipräsent war, hat sie Gesells Halbschwester und seine Tochter kontaktiert, um andere Perspektiven auf diese Geschichte zu finden.

Dabei hakt Kamalzadeh nach, dass der Film zwar die ersten paar Minuten eine Spur legt, die an eine klassische Dokumentarfilmrecherche erinnert. Man sieht die Dünenlandschaft, dann Gebäude aus der Ferne, dann das Denkmal des Gründers selbst im Ort. Aber nach und nach verlässt Connors dieses gängige, autoriale Narrativ. „Wie wichtig ist diese Spekulation um einen klassischen Dokumentarfilm in Frage zu stellen? Ist die Idee des anthropozentrischen Erzählens zu verlassen erst in der Montage entstanden?“, fragt Kamalzadeh zur Systematik. Connors meint sie bewegt sich gerne zwischen den Erzählweisen, um in unterschiedliche Richtungen zu gehen und eine Spannung entstehen zu lassen. Für sie ist es ist ein „Bilder kondensieren“ – sie versucht, vorgefertigte Bilder zu hinterfragen.

Die Diskussion mäandert dann auch um das Thema Formlosigkeit herum – mit dem Film gesprochen – einer Art Archäologie des Affekts folgend. Kamalzadeh attestiert dem Film eine immersive, affektive Qualität, die auch die Spekulationsfreude anheizt. Die Stadt als eine Idee der Bühne. Der eigene Wille der Düne ist unerschöpflich.