Film

Ein Bild von Aleksander Gudalo
von Sabine Herpich
DE 2018 | 45 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 43
05.11.2019

Diskussion
Podium: Sabine Herpich
Moderation: Jan Künemund
Protokoll: Laura Reichwald

Synopse

Beobachtungen im Atelier von Aleksander Gudalo. Der Berliner Künstler arbeitet an einem neuen Bild. Grundieren, Skizzieren, Figurieren. Aus dem Weiß wachsen die Konturen einer Personengruppe. Immer wieder nimmt sich Gudalo Pausen in der Produktion und geht auf Distanz zur Leinwand. „Das Betrachten eines Bildes ist mindestens so wichtig wie das Malen.“ Der Zweifel malt stets mit, aber er wird mit jedem Werk kleiner.

Protokoll

Bildermachen und darüber reden:

Ausschnitt 1 „Hintergründe“

Die Filmemacherin Sabine Herpich und der Künstler Aleksander Gudalo kannten sich bereits von früher. Als sie sich nach vielen Jahren wiedertrafen, fragte er sie, ob sie nicht einen Imagefilm über ihn machen wolle. An einem „klassischen“ Imagefilm hatte die Filmemacherin wenig Interesse und zudem einen Vollzeitjob, der sie zeitlich unflexibel machte. Man einigte sich darauf, dass sie ihren eigenen filmischen Weg findet – der beinhaltete, dass er nur an seinem Bild arbeitet, wenn sie anwesend ist.

Ausschnitt 2 „Prozess“

Was fernab eines Imagefilm ist also entstanden? Vor allem sicher ein Prozessfilm in welchem der Zuschauer einer Bildproduktion beiwohnt. Ein Film von bemerkenswerter Klarheit, der weiß, was er will und den Prozess der Bildproduktion schon fast durchexerziert. Die Dramaturgie scheint aus dem Material zu kommen. War ihr das von Beginn an klar? Dem sei nicht so gewesen. Die Prämisse, den Prozess zu begleiten, sei klar gewesen. Auf welche Ausschnitte sie aber in den einzelnen Schritten guckt, das habe sich organisch ergeben. Es sei ihr wichtig gewesen, für jeden Schritt eine neue Einstellung zu finden. Das war jedoch begrenzt durch den einen Raum und die eine Seite.

Eine Stimme aus dem Publikum merkt an, dass der Raum immer detailreicher werde und sich öffne. Pinsel, ein Regal, seine Schuhe, ein Blick aus dem Fenster. Sabine Herpich hätte das Bild sogar noch weiter öffnen wollen bis in den Gang hinaus, wo die Türen zu den anderen Arbeitsräumen liegen. Das habe sich dann nicht ergeben. Der Ausgangspunkt sei dennoch immer Aleksander gewesen. Vor allem ganz zu Beginn, da sie sich erstmal sehr auf die technische Umsetzung konzentrieren musste. Mit einsetzender Routine habe sie dann angefangen, sich im Raum zu bewegen und diesen zu erkunden.

Ausschnitt 3 „Dialoge“

Ein häufiger Ausschnitt des Films ist der Künstler leicht seitlich von hinten vor seinem Bild. Man erkennt sein Gesicht und den Bereich des Bildes, an dem er arbeitet. Das wirkt dialogisch. Das Prinzip des Dialogischen setzt sich im und durch den Film auf mehreren Ebenen fort – nicht zuletzt auch als Feedbackverhältnis zwischen Bild- und Filmproduktion. Deren Parallelen werden auch im Gespräch zwischen Künstler und Filmemacherin sichtbar. Rückfragen des Künstlers an sie, wollte Sabine Herpich jedoch im Film nicht verwenden. Trotzdem scheint es auch um etwas zu gehen, was sie umtreibt – wie sie selbst beim Sichten des Materials feststellte. Diese Fragen an das eigene Ich und die eigenen Arbeitsprozesse werden durch die Ruhe des Films herausgearbeitet, so eine Stimme aus dem Publikum.

Ausschnitt 4 „Dauer“

Der Fokus des Gesprächs verlagert sich auf die Langsamkeit des Films. Natürlich sei es unmöglich 87 Stunden Arbeitszeit fühlbar zu machen, dennoch sei der Umgang mit Dauer und Zeit entscheidend, weil diese einen Arbeitsprozess mitdefinieren. Das sei eine filmische Herausforderung. Der Film war ursprünglich viel länger und sei dann im Prozess immer schneller geworden. Die Frage „Wann schneiden?“ stand häufig im Raum. Ihre vorherigen Arbeiten hätten immer lange Einstellungen gehabt. Bei diesem Film hatte sie Angst, dass die Länge langweilig werde, und der Abstand zum Material fing an, ihr zu entgleiten. Das erhöhte das Tempo des Films – auf die Gefahr hin, dass die Dauer verloren geht. Ein komischer Widerspruch sei das.

In dem Zusammenhang wird Harun Farockis Ein Bild von Sarah Schumann (1978) von der Filmemacherin als Referenz benannt – gerade in Hinsicht auf die Zeitangaben darin. Dies sei ein Weg gewesen, etwas sichtbar zu machen, was im Schnittprozess vielleicht verschwunden war: Das Gefühl der Dauer, wenn man der Bildproduktion beiwohnt. Allerdings funktioniere der Farocki-Film doch insgesamt anders. Harun Farocki habe sich in diesem eine Malerin ausgesucht, die der Genieidee eher entspricht – und vor allem zweifelt. In Ein Bild von Aleksander Gudalo trifft man einen anderen Typ Künstler. Denn wie er selbst sagt: „Wenn ich male, dann habe ich das Bild schon im Gedächtnis.“ Die Bildproduktion selbst sei dann eher ein Durchexerzieren – ebenso wie der Film von Sabine Herpich.