Film

Grimsel – Ein Augenschein
von Res Balzli
CH 1990 | 47 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 14
14.11.1990

Diskussion
Podium: Res Balzli
Moderation: Sabine Fröhlich
Protokoll: Torsten Alisch

Protokoll

Der Begriff der „Schönheit“ als zentrales Thema des Films wie der Diskussion. Jemand erzählt von seinem Vater, der aus der. Bergen kommt und die neugebaute Autobahn dort schön findet. Für ihn selbst sei es Naturzerstörung. Das Dilemma ist klar.

Im Film gibt es diese leicht wackligen, blaugetönten Aufnahmen von Landschaften, Kühen und Strommasten. Für Res Balzli machen diese, mit einer Super-8-Handkamera aufgenommenen Bilder den Untertitel des Films aus: „Ein Augenschein“. Etwas in Augenschein nehmen. Die Frage nach der subjektiven Wahrnehmung: „Wie wirkt diese Landschaft auf mich?“ (Im Gegensatz dazu die sauberen 16mm-Aufnahmen der Interviews, in denen sich die Filmemacher um mehr Objektivität bemüht haben). Diese stilisierten Aufnahmen sind „schöne“ Bilder von Natur, aber die Natur in diesen Bildern ist zerstört.

Es gibt eine lange Autofahrt im Film, die über holprige Straßen führt; Eine Autofahrt, die etwas über Natur aussagt, die zeigt, wie „sperrig“ Natur sein kann. Gleichzeitig erzählt der Fahrer des Autos, wie beeindruckend von Menschen geschaffene, geometrische Formen in der Natur sein können: Wilde Gebirgszüge, unterschiedlichste Formen von Vegetation, und dann plötzlich ein kreisrundes Gebilde, oder ein Rechteck, oder eine gerade Linie. Die Spannung der verschiedenen Vorstellungen von Schönheit findet sich im Film. Irgendwann stürzen Autoreifen eine Staumauer hinunter: „tänzerisch“. Solche Augenblicke verschaffen einen „anderen Blick“ auf die Problematik. Natur & Zerstörung.

Nicht das Wort „schön“ ist falsch, sondern die Reduktion auf „das-Schöne“ (wenn also kein weiteres, darüber hinausgehendes Begreifen einer Sache oder eines Vorgangs· mehr stattfindet). Die Bergler gebrauchen das Wort „schön“ in einem anderen Sinn (sie kennen die Grausamkeit und Gefahren „ihrer“ Natur) als etwa Wanderer oder jener Botaniker im Film, „der vor Schönheit fast umfällt“.

Der Film verweigert sich dem gängigen Öko-Muster, nach der Zerstörung von Landschaft immer schlecht ist und zur Apokalypse führt (Die Schönheit tanzender Reifen in der Bergwelt gäbe es nicht ohne die Stauermauer-Piste). Andererseits kann man auch erfahren (und ein Zuschauer wollte dies nicht missen), daß es auf einem einzigen Felsblock 80 – 100 verschiedene Flechtenarten gibt.

Der Film thematisiert die Problematik Natur – Technik. – Schönheit und verläßt sich nicht auf abstrakte Wissensinformation. Er zeigt einen winzigen Ausschnitt aus komplexen Vorgängen) die tausendfach passieren und verleiht ihnen dabei Allgemeingültigkeit.