Synopse
Jungs unterwegs mit einer Badewanne: Mit Altmetall lassen sich schließlich ein paar Hrywnja verdienen. Zuhause sitzt einer vom Sozialamt und redet: über Erziehungsheime, Mutters Gesundheit, über Schulden und wo eigentlich Papa ist. Anton ist lieber draußen, fährt Straßenbahn und trinkt geschüttelte Cola.
Protokoll
„Happy End“ entstand im Rahmen der 3sat-Dokumentarfilmreihe „Fremde Kinder“, von der Regisseur Stanisław Mucha mittlerweile ein großer Fan ist. Die Längenvorgabe von einer halben Stunde findet er genau richtig um ein Problem zu zeigen. Bereits 2006 produzierte er für die Reihe den Film „Businessman“, welcher ebenfalls bei der Duisburger Filmwoche gezeigt wurde. Ansonsten gab es nur wenige Vorgaben von der 3sat-Redaktion, aber besonders wichtig war es, die Perspektive des Kindes nicht zu verlassen und Kinder vor ihrer Pubertät darzustellen.
Den Jungen (Anton) haben sie auf den zweiten Blick entdeckt, nach einer Recherche im Sommer, bei der Mucha zusammen mit einem Freund auf Fotosafari unterwegs in der Ukraine war. Doch als sie zur thematisch passenden Winterkulisse mit Kamera & Co. anreisten, suchten sie vergeblich nach ihrem Protagonisten Sacha. Sie erfuhren, dass im Zuge der WM-Vorbereitungen die ukrainischen Straßen von Straßenhunden „gesäubert“ wurden und eine Prämie für Sozialarbeiter eingeführt wurde, die verwahrloste Kinder von der Straße holt. Bei ihrer verzweifelten Suche nach einem neuen Protagonisten für das genehmigte Filmprojekt trafen sie schließlich auf den „letzten Mohikaner“ Anton, der ein wahnsinnig gutes „Filmgesicht“ hatte, und an dem schon zwei Sozialarbeiter „dran waren“. Zudem hat es Mucha schon immer fasziniert, „wie zwei Menschen etwas schleppen“. Hier war es die Badewanne und er wollte erfahren, welches Leben diese Kinder führen, die solch eine schwere Wanne schleppen.
Neben der extremen Blässe der Jungen fiel dem Publikum auch seine „wahnsinnige Aktivität“ auf, daher wird der Kameramann Andrzej Król nach seinem Vorgehen gefragt. Er meinte, dass es nur in den ersten zwei Tagen schwer war, den Jungen zu begleiten. Irgendwann hat er sich selbst wie ein Kind verhalten und wurde schnell akzeptiert, so dass er dem Jungen problemlos folgen oder besser „hinterher rennen“ konnte. Die kleine Kamera hat ihr übriges getan. Extra für die Kamera hat Anton nichts gemacht. Es war auch gar nicht möglich, da Anweisungen und Termine für Jungs wie Anton nichts wirklich ernstzunehmendes sind, selbst wenn Mucha etwas wiederholen wollte, ist Anton einfach weitergegangen.
In dem Sozialhaus, in dem die Familie mit 250 anderen Familien lebt, war die Wohnung so klein, dass der Kameramann einfach aus Platzmangel ins Bett „geklettert“ ist, welches gleichzeitig den zentralen Aufenthaltsort der Geschwister darstellte. Derweil, meint Mucha, habe er Regie aus dem Schrank geführt und musste oft den Bauch einziehen, um nicht im Bild zu sein. Die Anwesenheit des Filmteams kommt lediglich im „Flirten mit der Kamera“ zum Vorschein.
Mucha hat in erster Linie die Aura der Familie interessiert und nicht das Elend dieser Leute oder die Zurschaustellung ihrer Verhältnisse. Bei seinen Recherchen sind ihm viele „kaputtere“ Familien begegnet, die genauso lebhafte Kinder hatten, aber ihm war ein Protagonist mit einer Aktivität wichtig. Der stets abwesende Vater, der beim Telefonat für die Kamera wie ein „heißes Eisen“ weitergereicht wird, war für Mucha eine filmisch interessante Figur, der er allerdings nie begegnet ist. Die höchst sensible Mutter war dagegen sehr offen und nach dem gegenseitigen „Beschnüffeln“ sogar schneller mit den Dreharbeiten einverstanden als ihre Kinder. Für Mucha habe der Film seine Einstellung zur Freundschaft sehr geprägt und verändert.
Zum Thema Verantwortung erzählt Mucha eine kleine Geschichte über eine Prostituierte, die nach ihrer Seele gefragt wird. Letztlich sieht er den Filmdreh als einen Prozess der gegenseitigen Ausnutzung und erklärt, warum er mit seinen Protagonisten immer essen geht, ihnen Kleidung kauft, aber niemals Geld gibt, damit es nicht für falsche Zwecke missbraucht werden kann. Der Schrotthändler aus dem Film konnte den Jungs auch nur helfen, wenn er ihren Metallschrott abgekauft hat.
Eine Stimme aus dem Publikum fragt indessen, ob es der Familie gut oder schlecht ginge in Bezug zu den landestypischen Bedingungen in der Ukraine. Eine Weile herrscht Stille, dann wiederholt Mucha die Frage: „Gut oder schlecht?“ Mit Sicherheit „unteres Level“, antwortet er und wundert sich über die Frage! Lange hat er nicht so viele reiche Leute gesehen, wie dort auf den Straßen, wogegen die Familie ein Sozialfall ist. Gerade deshalb hat die Frage vom Sozialarbeiter, der Anton nach dem „Happy End“ für sein Leben fragt, maßstäblich den Filmtitel „Metall“ in „Happy End“ umgewandelt. Ferner ist es ein Film ohne Happy End, (und Mucha hinzu: „Was die Antwort auf die vorherige Frage ist, ob es ihnen gut oder schlecht geht.“) Aber der Film hätte auch XL-Problem heißen können. Mittlerweile, so berichtet Mucha, sind die Geschwister getrennt in Heimen untergebracht und die Mutter wurde in eine geschlossene psychiatrische Anstalt verlegt.
Ein Publikumsgast möchte wissen, welcher der beiden Sozialarbeiter im Film welcher ist? Das sei einfach, der Dicke ist der Christliche und der Dünne ist der vom Staat (viel Gelächter im Publikum). Für ein glückliches Ende der Familie haben sich die Beiden auch zusammengeschlossen und entschieden, die Prämie untereinander aufzuteilen.
Da die Diskussion merkwürdiger Fragen und unpräziser Antworten allmählich länger als der Film wird, kommt man zum Ende. Wie Mucha selbst sagt, ist ein Schnitt immer gut um Sachen zu beschränken, „Synthese statt Analyse.“