Film

Frau Macht
von Tama Tobias-Macht
DE 2011 | 25 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 35
09.11.2011

Diskussion
Podium: Tama Tobias-Macht, Kim Münster (Kamera)
Moderation: Jana Wolff
Protokoll: Thomas Warnecke

Synopse

Zuhause bei Frau Macht, ihren Töchtern und Katzen, irgendwo. Es wird gearbeitet, aufgeräumt, ausgeruht, geredet, geschwiegen. Und sich schön gemacht. Zwischen Pferdepostern, Figuren, Dolchen, Nippes und Kitsch erzählt das Haus ihre Geschichte.

Protokoll

Es ist mal wieder spät geworden auf der Filmwoche, wir haben einen Film mit drei Frauen in einem Haus gesehen, der, wie Jana Wolff dem Katalog entnimmt, Teil einer Trilogie ist, in deren beiden anderen Teilen aber Familie nicht vorkommt, hier hingegen schon, zu sehen sind die Großmutter der Regisseurin und zwei ihrer, der Großmutter, Enkelinnen, deren alternatives, überzeugtes und selbstbewusstes gemeinsames Leben in dem Haus Tama Tobias-Macht fasziniert habe, die außerdem sagt, mit Familie zu arbeiten sei ein guter Lernprozess gewesen, weil die persönliche Nähe in besonderem Maße für das sensibilisiere, was man von einer Person zeigen kann oder will und was nicht, ein offensichtlich sehr intimer Akt, sagt Wolff, was Tobias-Macht bestätigt, man sei zu sechst gewesen, Protagonistinnen, Regisseurin, Kamera- und Tonfrau, weshalb der Film sehr weiblich sei, und habe dann alles in drei Tagen gedreht, und gut sei gewesen, sagt Kim Münster, erst einmal nur dagewesen zu sein, fünf Monate hätten sie sich vorbereitet, sagt Tobias-Macht, und bis zum Drehbeginn genau gewusst, was sie filmen wollten, dass es sehr feminine Bilder seien, sagt Wolff und kommt auf die vielen zu sehenden Objekte zu sprechen, ein Jäger-und-Sammler-Universum sei das, und denkt an Mädchenphantasien angesichts des häufig vorkommenden Pferdemotivs, es sei, als ob man in eine Vergangenheit, ein Leben schaue, ohne dass es sich rückwärts anfühle, sondern eher wie stehen geblieben, Tobias-Macht sagt, sie habe sich auf weibliche Objekte konzentriert und nicht viel mehr gedreht als das, was zu sehen sei, aus 75 Minuten Material sind 25 Minuten Film geworden, wobei sie immer über eine Totale in Nahaufnahmen gehe, dass man sehe, wie schön die Sachen, die kleinen Dinge sind, die, wie Münster sagt, beim Dreh oft anderswo gelegen hätten als noch während der Vorbereitung, und sie merkt allerdings an, die Kadrierung bei der Projektion sei nicht richtig gewesen, wofür sich Wolff entschuldigt, und jetzt weiß Werner Ružička nicht, ob er als erster aus dem Publikum etwas sagen soll, nicht wegen der Kadrierung, sondern weil er ja ein Mann und aber das Gespräch bisher so feminin grundiert gewesen sei, das Gesagte wolle er, dann doch beginnend, alles unterstreichen, manches aber für sich anders bilanzieren, nämlich er habe niemanden kennengelernt in diesem Film, empfinde aber keinen Verlust deshalb, der Film hätte ja leicht ein Dramolett werden können, behalte aber sein Geheimnis, zum Beispiel wisse er, Ružička, bis jetzt noch nicht, wie das Haus eigentlich aussehe, habe er den Eindruck gehabt, als sei es extra für den Film gebaut worden, empfinde er die von Wolff mit Kindheit assoziierten Bilder nicht als Mädchenzeug, sondern beispielsweise die Pferdebilder als sehr bedrohlich, und diese seltsam laszive Kleinskulptur neben der Zahnbürste, und wie sich die ältere der beiden Schwestern mit Stilettos aufrüste oder Gudrun Macht, die Großmutter, einmal in der Unschärfe zu sehen sei, das bewirke so ein Ungleichgewicht, das einen fremd lasse vor den Bildern, und das habe ihm gut gefallen bis dahin, dass er nicht wisse, ob man in dem Haus rauchen darf, er komme darauf wegen des Bildes der einen Schwester, die draußen auf dem Balkon raucht, jeder Raucher kenne doch das Gefühl, zum Rauchen in die Kälte verbannt zu werden, das und die Art, wie die rauchende Schwester selbst den Blick schweifen lasse, führe zu Beobachtungen und Vorstellungen, die man sich machen könne, und sei nicht die opportune Art, Leute vertraut zu machen, wie auch die Bilder von Frau Macht etwas intimes, aber nichts nahes hätten, Wolff dagegen fand die Pferdebilder überhaupt nicht bedrohlich, konnte ihrerseits die Nachtfahrten nicht einordnen, die wirkten wie von einem anderen Planeten, mit denen, sagt Tobias-Macht, habe sie die klaustrophobische Enge des Hauses ausgleichen wollen, sie habe die Bilder so, bei einer notwendigen nächtlichen Fahrt auf das Haus zu, gleichsam gefunden, außerdem sei die Umgebung wichtig, der Weg über Hügel und durch den Wald zum Haus, und diese Fahrten bildeten ja auch Anfang und Ende des Films, sagt Wolff, die jetzt etwas über das Frauenbild an der Wand wissen möchte, das, wie Tobias-Macht sagt, kein Porträt von Gudrun Macht sei, sondern ihr Lieblingsbild, das sie an sie selbst erinnere, dieses Bild verschwinde langsam, sei früher mal bunt gewesen, das, die betonten Augen und die beiden Lampen links und rechts daneben, das zusammen sei für sie, Tobias-Macht, wie ein Tempel, habe etwas Heiliges, Weiblichkeit eben, und über das, was sie als Bilder von Weiblichkeit sehen, seien sie sich schnell einig gewesen, sagt Münster, nicht nur wegen der vielen weiblichen Figuren, also kleinen Plastiken usw., im Haus, da sei ja auch der Embryo im Glas, auch der stehe aber für Weiblichkeit, Wolff bewundert, wie unsichtbar die drei hinter der Kamera Tätigen seien und wie schön die ganzen kleinen Beobachtungen, weshalb Ružička fragt, ob Einvernehmlichkeit herrsche, er nämlich finde die Bilder gar nicht schön, sondern die Bilder hätten alle ein Potential von Bedrohlichkeit und Unsicherheit, was sie auflade und immer wieder aus dem Gleichgewicht bringe, ob denn bzw. wie weit die Bilder inszeniert seien, will eine Zuschauerin wissen, was Tobias-Macht bejaht, sie habe alles so vorher schon gesehen und zum Teil fotografiert und dann mit ihren Protagonistinnen nachzustellen versucht, so dass immer klar gewesen sei, was passieren würde, allerdings nicht, wie es dann passierte, es habe immer nur einen Take gegeben, ihr Vorgehen sei, den Protagonistinnen gleichsam eine Bühne zu bauen, im ersten Teil der Trilogie, HALTESTELLE HANSARING, habe sie in einem Haus gefilmt, das direkt an einer Bahnlinie liegt und in dem sich die Leute drinnen und draußen beobachten können, der dritte, ihr Diplomfilm, zeige eine 1.500 Quadratmeter große Villa, in der zwei Kunstsammlerinnen zusammenleben und sechs Leute Personal arbeiten, deshalb, sagt Wolff, verbleiben wir gespannt.