Film

On/Off the Record
von Jörg Adolph
DE 2002 | 90 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 26
07.11.2002

Diskussion
Podium: Jörg Adolph
Moderation: Fred Truniger
Protokoll: Torsten Alisch

Synopse

Ein Film mit Musik. Ein Film über Musik. Ein Film der die Entwicklung der Konzept-Musik in Aufnahme und Schnitt aufgreift und die Technik der Zusammenführung einzelner Fragmente zum Ganzen umsetzt. Musik- und Filmelemente werden zu einer Komposition zusammengeführt. „The Notwist“ machen ihre eigene Musik. Und das macht auch dieser Film.

Protokoll

Die 2-Teilung des Films (Musikproduktion im Studio und anschließende CD-Promotion), die sich auch im Titel „On/Off“ spiegelt, wird von manchen gar nicht wahrgenommen. Für andere ist diese 2-Teilung überdeutlich. Die meisten äußern klare emotionale Präferenzen für die eine oder andere Hälfte. Jörg Adolph erläutert die Meinungsverschiedenheiten mit dem ersten Kameramann, der weitere Aufnahmen außerhalb des Studios für überflüssig hielt. So entstand der 2. Teil mit einem anderen Kameramann.

1 / „On“ / Im Studio

Wir können dem „Wachsen“ von Musik zuhören und -sehen (wie Musik-Ideen aus dem Kopf des einen an einen anderen vermittelt werden, der ein Stück davon dann vorspielen kann). Die Dynamik des Prozesses lässt Musiker-Charaktere transparent werden.

Andere vermissen gerade die Sichtbarmachung dieses kreativen Prozesses: Die Kamera verweile nie bei den Menschen, stattdessen halbtotale Bilder von leeren Räumen und technischen Studio- Türmen.

2 / „Off“ / danach

Ein Film über die Produktion einer CD & die Produktion einer Band & die Produktion eines (No-) Images. Ist es ein Problem, dass dieser Teil „unterhaltsamer“ ist, dass mit formalen Mitteln gespielt wird (die Quadrat-Cadrage bei den Kaffee-Foto-Szenen, der Splitscreen am Ende), dass endlich Emotionen gefilmt werden? Für manche ja, für andere nein.

Echt wahr?

Authentische Jungs und die Entfremdung durchs Business. Künstler in ihrer natürlichen Umgebung. Ein sensibles Männerbündnis der komischen Kartoffelmänner von Notwist, die sich mit ihrem No-Star-Image der Image-Produktions-Maschine verweigern. Notwist-Fan Jörg Adolph kennt diesen „Jungs-Film“-Vorwurf und findet ihn berechtigt, hat aber keinen (filmischen) Gegenentwurf: „Musik & Leben von Notwist sind eins.“ Der romantischen Idee, dass eine Band „unversehrt“ bleiben kann, stimmt er zu. Ein Gegenmodell zur modernen Pop-Berichterstattung möchte er liefern. Die Frage, ob sein Film selbst Teil des Musik-Apparats ist/wird, bleibt offen. Sind die Jungs im 2. Teil noch die Sensibelchen, die sie im Studio spielen? Spielen sie? Im Studio oder mit dem Plattenlabel-Chef? Ist es nur das Posen hochgepushter Dorfdeppen? Verändern sich Persönlichkeiten und Verhalten beim Eintritt in die wirkliche Welt? Ist dieser Film ein Plädoyer für die Echten (Musiker) und gegen das Spektakel (Musik-Business)? Ist es nicht auch Arbeit, KEIN Image zu haben? Soll man etwa übers Image nachdenken, wenn man Musik macht? Das präsentierte Künstlerbild ist einerseits progressiv (ein zerfaserter Arbeitsprozess statt großer Genialität), andererseits reaktionär (das Business als profitgeile Karikatur).

Schlusswort: „On/Off the Record“ zeigt die Innenansicht einer Branche und steht modellhaft für jede Art aktueller Kunst-Produktion. Eine Suche nach „Authentischem“ in diesem Film ist völlig überflüssig.