Film

Cinématographe Lumière
von Martina Müller
DE 1995 | 70 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 19
1995

Diskussion
Podium: Martina Müller
Moderation: Werner Ružička
Protokoll: Torsten Alisch

Protokoll

Dem Filmmuseum des CNC in Bois d’Arcy ist es zu verdanken, daß dieses faszinierende Material in solch einem Reichtum und einer Brillianz verfügbar ist: etwa 1500 Filme sind dort gesammelt und in einem Karolog aufgelistet, wozu noch etwa 500 weitere kommen, die aber derzeit noch nicht zugänglich sind.

Der gesprochene Text in diesen „seriellen Stücken“ bestand hauptsächlich aus historischen Zeitungstexten sowie frühen Filmkritiken, die vor ollem in naturwissenschaftlichen Zeitungen erschienen und sich in erster Linie mit den technischen Aspekten der cinematographie befassten. Eigentliche „Filmkritiken“ fonden sich in diesen Texten oft nur im letzten Absatz, als Beschreibungen der gesehenen Bilder.

Werner Ruzickas Versuch, den Begriff des Naiven (im Sinne von „geboren werden“) in die Diskussion einzuführen, wurde von Martina Müller strikt verwehrt: Das klinge zu sehr nach Kintop oder „Als die Bilder laufen lernten“ und der Forderung, daß das Kino erst einmal „erwachsen werden“ müsse. Das Kino aber war von Anfang an ein Geschäft, und die Kameramänner lumieres haben sich sehr genau überlegt, was sie drehen und wie sie Wirklichkeit abbilden wollten- es waren eben keine naiven Kameramänner, die aus „Lust am Anschauen von Bildern“ ihre Filme drehten, sondern die sehr bewußt Werbe-, Spiel- und Dokumentarfilme für die Gebrüder lumiere erstellten. Auch erste „in der Kamera geschnittene“ Filme finden sich in diesen frühen Dokumenten, wie ein Stierkampf-Film, der nur die Höhepunkte des Kampfes zeigt und wo zwischendurch die Kamera ausgeschaltet wurde.

Martina Müllers Auswahl orientierte sich vor allem an Aufnahmen auf freier Straße und aus der damals „weiten Welt“, die Inszenierung kleiner Sketche fand weniger ihr Interesse. Bei der Konzeption und Zusammenstellung der insgesamt sieben Folgen dieser Sendereihe versuchte Martina Müller zu Beginn, die Originalreihenfolge der ersten Vorführungen von 1895 beizubehalten, was aber für’s Fernsehen überhaupt nicht funktionierte: „die damalige Programmstruktur war eben eine andere“.