Protokoll
Während von einigen Zuschauern ihrer Meinung nach fehlende Fakten und politische Eindeutigkeit (auch „Erkenntnisinteresse“ genannt) eingeklagt wurde, insistierten die Filmmacher darauf, den „Fall Fuchs“ beispielshaftkonzipiert und inszeniert zu haben – als Auseinandersetzung mit der Frage, welche Macht (Möglichkeit) ein Einzelner hat, in Weltgeschichte einzugreifen.
Bei ihren Recherchen stießen sie auf unüberwindliche Hürden. So wurde ihnen nicht nur von Staatsschutz- und Sicherheitsbehörden ein Riegel vor bestimmte Informationen und Informanten vorgeschoben (z.B. durften sie kein Interview mit „Sonja“, der Schwester von Kuczinsky machen), und sie hatten bei sehr viel Material oft nur die Wahl zwischen verschiedenen Interpretationen und Expertisen, sodaß es unmöglich war, eine verbindliche Aussage abzusichern. Deshalb bleiben die beiden Thesen, die sich auf Fuchs‘ Verantwortung für die Wasserstoffbombe beziehen, auch nur wie eine Bestandsaufnahme stehen. „Es muß dem Publikum überlassen bleiben, seine eigenen Schlüsse zu ziehen.“ (Meyer)
Kritik von Einzelaspekten:
Ein Zuschauer meinte, E. Teller käme zu gut weg und er hätte erwartet, daß dessen Rolle deutlicher würde. Die Filmmacher verwiesen daraufhin auf den Text ihres Films („Ich kann Ihnen die Textliste geben!“). um zu widerlegen, daß Tellers Funktion nicht genannt würde. Außerdem war ihnen an diesem Aspekt wichtiger, daß man „erkennt, daß es sich um eine politische Entscheidung gehandelt hat.“
Die Position der Filmmacher hatte ein anderer Zuschauer von Anfang an wahrgenommen. Ihn hatte nur gestört, daß sie den Film so dramatisiert haben. In „History“ stecke eben auch das Wort „Story“, entgegnete F. Dubini und D. Dubini griff die Bemerkung einer Zuschauerin auf, die den Film anfangs für eine rein fiktive Geschichte gehalten hatte: „Uns ging es um die Parabel.“
Die Zitate aus dem Film von Fritz Lang empfand eine Zuschauerin als zu üppig. Sie hätte es besser gefunden, wenn sich die Filmmacher auf einen Ausschnitt aus dem „Spione“-Film beschränkt und diesen immer wiederholt hätte. Der Text, in dem Fuchs zitiert wird, geht ihrer Meinung nach wegen des starken optischen Ausdrucks der Lang-Bilder unter. Auf den Lang-Film seien sie zufällig und schon sehr früh gestoßen, berichtete dazu D. Dubini, und es habe einige seltsame Verbindungslinien und Parallelen von diesem Film und dem „Fall Fuchs“ gegeben, von denen sie sich nicht freimachen konnten während der Fertigstellung. Versuche, die Spielfilmzitate ohne Off-Text einzumontieren hätten außerdem gezeigt, daß diese dann nicht wirkten, sondern leer blieben.
Andere Zuschauer fanden die Spielfilmzitate sehr angebracht, ihnen gefiel das Spiel mit dem „Film im Film“ und der Genreverweis auf den „Spionagefilm“ sowie die Bezüge, die sich daraus ergaben: mithin als Hinweis darauf zu verstehen, wie sich das Inszenierte als Wirklichkeit konstituiert.
Bei „Klaus Fuchs – Atomspion“ vermißten einige Zuschauer im Vergleich zum „Verschwinden des Ettore Majorana“ die Komplexität und Widersprüchlichkeit. „Ettore“ enthielt ihrer Meinung nach noch andere Ebenen wie beispielsweise die Reflektion über Geschichte und Geschichtsschreibung. Auch seien die verschiedenen Positionen bei „Ettore“ viel deutlicher, und die Aussage über Klaus Fuchs am Ende hätten so nicht stehen bleiben dürfen.
Bei „Klaus Fuchs“ sei ihr Interesse darauf gerichtet gewesen, die Mechanismen aufzudecken und deshalb haben sich die Filmmacher dafür entschieden, nicht vorrangig die Geschichte zu erzählen, sondern eben mehr die unterschiedlichen Positionen vorzustellen.
Sehr gespannt sind die Filmmacher auf einen Film) der parallel zu ihrem in der DDR entstehen sollte und mit dem sie deshalb in direkter Konkurrenz, wohl aber auch in einem Verhältnis von vorsichtiger Absprache bzw. Rücksichtnahme stehen. Dabei ist es wichtig zu wissen, daß in der DDR bis heute nicht bekannt ist, daß Klaus Fuchs auch als Spion gearbeitet hat. Ein Zuschauer berichtete von Vorgesprächen mit Behördenvertretern der DDR (anläßlich einer Filmschau mit Filmen aus NW), bei denen hinter dem Titel „Atomspion“ ein dickes Fragezeichen gesetzt worden sei. Im übrigen fand es dieser Zuschauer auch entscheidend) was man von der Geschichte weiß; von MI 5 und MI 6 sei noch längst nicht alles bekannt und erzählt. Ein blinder Fleck, der „zur größten Romanfabrikation in der UdSSR und der DDR führen sollte.“