Protokoll
Die Autoren zu den Produktionsbedingungen: die Arbeit begann ohne Auftraggeber nach einer Anregung von Hoeness, vier Monate wurde auf eigene Kosten vorproduziert, bis der Süddeutsche Rundfunk ins Geschäft einstieg (Sendung am 19. 11 . im 3. Programm des SDR); zuvor hatte man sich eine Reihe von Ablehnungen eingehandelt. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 120.000. (wobei die Autoren bis auf die Kamera alles selbst gemacht haben); 20.000 Meter wurden verdreht. Die Spieler von Bayern München haben den Film gesehen und ohne Auflagen gebilligt. Zuerst mußte des öfteren „versteckt“ gedreht werden; mehrfach wurden auch andere Kamera-Teams „vorgeschickt“ da Bayern-Präsident Neudecker die Dreharbeiten verboten hatte. Der Anfang gestaltete sich schwierig, da die Spieler dazu neigen, entweder überhaupt nicht oder nur mit den üblichen Sportler-Stereotypen zu antworten; ihr Wortschatz ist nicht ihr eigener, er wird ihnen von der Sportpresse aufoktroyiert. Erst die Anwesenheit des Filmteams bei den sich entwickelnden Konflikten innerhalb des Vereins stiftete allmählich persönliche Beziehungen zu den Spielern. Zu Hoeness freilich, einem vollkommen „abgeschliffenen“ redegewandten Typus, war eine tiefere menschliche Beziehung nicht möglich. Das große Erlebnis für die Filmemacher war Breitner, mit dem sehr viele Interviews gemacht wurden.
In den Stellungnahmen der Zuschauer überwog das einschränkungslos ausgesprochene Lob: die Probleme der Bundesliga-Spiele seien überaus deutlich geworden, die Konflikte des Fußballgeschäfts klar herausgearbeitet. Ein Zuschauer nannte es eine „schöne“, befreiende Erfahcung, wie sich die abgerichteten Grössen des Fußballgeschäfts (in diesem Fall Sepp Maier) einmal energisch der Nachrichtenmaschine Fernsehen widersetzten. Auch daß endlich die Spieler selbst ausführlich zur Sprache kommen, erntete Beifall, ebenso die konsequente journalistische Methode, die den Gesamtduktus des Films bestimme.
Kritik wurde an den mit Musik unterlegten Fußball-Szenen geäußert, die gegen den Effekt der Ästhetisierung nicht immun seien. Die Autoren erwiderten, sie hätten prinzipiell „untypische“ Spielszenen gewählt – wenige schöne als stark aggressive Bilder.
Hervorgehoben wurde im weiteren Verlauf der Diskussion der „sensationelle“ Mikro-Effekt, mit dem Breitners Originaläußerungen während des Spiels eingefangen wurden, auch die „gelungene Mon sowie die perfekte Kombination von eigenen Bildern und Fernsehsequenzen ein Verfahren, bei dem die Spannung nicht primär von den Aktionen, sondern von den Bildern her bestimmt sei. Hier seien Hinweise auf eine Durchbrechung der üblichen Wahrnehmungsnormen, eine positive „Zerstörung“ eingeschliffener Sehweisem. Insgesamt wirke der Film äußerst „kurzweilig“; es seien vielfältige Lösungen für die Interviews gefunden worden, immer werde der Zuschauer entweder durch Aktion oder aber durch überraschende „formale Angebote“ in Atem gehalten. Weisenborn wandte hier selbstkritisch eins daß besonders gute Passagen (wie etwa die Werbeaktion in Hoeness‘-Wohnung) durch ein Zuviel an Aktion im Film überhaupt etwas verloren gingen; weniger wäre, aufs Ganze gesehen, mehr gewesen.
Die Diskussion über den von Fachterminologie durchsetzten Kommentar und überhaupt über die Menge an Textinformation, die der Zuschauer in diesem Film zu verarbeiten hatte, löste die Frage nach dem Zielpublikum aus. Der Film, so die Autoren, sei natürlich nicht nur für die Fans und Fachleute; es sei ja ein Film über die gesellschaftlichen Zusammenhänge des Fußballgeschäfts geworden (obwohl der fußballinteressierte Fernsehredakteur ursprünglich andere, weniger kritische Vorstellungen hatte). Fußball sei – im Zusammenhang mit gesellschaftskritischen Analysen – nachgerade tabuisiert. Weisenborn äußerte in diesem Zusammenhang seine Enttäuschung darüber, daß nur so wenige Filmemacher-Kollegen sich seinen Film angesehen hätten.
Auf die Verleihsituation befragt, meinte er, es gebe Anzeichen dafür, daß der Film auch in Kinos erfolgreich sein könne; man müsse freilich sehr Viel dafür tun. Wulfes sagte dazu, es könne freilich nicht darum gehen, die Fans mit diesem Film „aufzuheizen“; ihre Fußball-Faszination solle ja eher reduziert werden; der Film solle die Augen öffnen, für das „kleinkarierte“, „spießige“ Milieu und für den Drill hinter den Kulissen des großen Geschäfts.
In der Diskussion erwähnten einige Zuschauer die positiven Seiten der Spieler-Persönlichkeiten, die sich in diesem Film artikulieren, vor allem wurde Sympathie geäußert für die Rebellion der Bayern-Mannschaft gegen ihren Präsidenten und die dabei zutage tretende, stark ausgeprägte Solidarität unter den Spielern. Die Autoren dazu: Vorbedingung für die Arbeit überhaupt sei die Teilnahme von Breitner gewesen; Sepp Maier, zunächst indifferent, sei erst durch den Druck der Öffentlichkeit in den Tagen der Krise fast schlagartig politisiert worden.
An dieser Stelle wurde auch Kritik geäußert: beide Protagonisten Breitner wie Hoeness – könnten sich bemerkenswert „gut verkaufen“; ihre intellektuellen Fähigkeiten überdeckten eher die Normalität des Bundesliga-Alltags; etwas mehr Herausarbeitung des „Typischen“ wäre dem Film zu wünschen gewesen. Dazu die Autoren: der durchschnittliche Fußballspieler sei einfach unfähig, sich bewußt zu artikulieren – auf der anderen Seite seien die Protagonisten auch gar nicht so sehr „Außenseiter“; Hoeness in seiner reflektierten Aalglätte sei eher eine „Karikatur des Durchschnitts“; Breitner habe es, nach eigener geschafft, zwei Personen in sich zu vereinigen: die des Angepaßten und des Opponenten.
Zwei Einzelfragen kamen am Schluß der Diskussion zur Sprache: die Frage nach dem Verhältnis der Fußball-Heroen zu ihren Frauen war im Expose vorgesehen, fiel dann aber bei der Vielzahl der Themen unter den Tisch. Das unkommentierte Schlußbild von der Katastrophe auf dem HSV-Platz sei gerechtfertigt – mit diesem Tableau des Schreckens schloß ja die letzte Bundesligasaison.