Film

Ren Zao Kong Jian
von Yu-Shen Su
DE 2012 | 53 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 37
07.11.2013

Diskussion
Podium: Yu-Shen Su
Moderation: Vrääth Öhner
Protokoll: Lisa Rölleke

Synopse

Urbanisierung im Reich der Mitte. Weite Steppen, karge Landschaften. Hier Ordos. Da Yumen. Geisterstädte zwischen Aufbau und Zerfall, Innovation und Erschöpfung, Gestern und Morgen. Kommen und Gehen am Rande der Extreme und darüber hinaus. Ein Lehrfilm in Stadtplanwirtschaft. 

Protokoll

Zwei Städte in China, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber trotzdem eine Gemeinsamkeit haben: Sie sind nahezu menschenleer. Yu-Shen Su stellt in seinem Film Bilder von verlassenen Ruinen der alten Stadt Yumen neben Aufnahmen der neu errichteten Idealstadt Kangbashi. Während Yumen, eine ehemals wegen großen Ölvorkommen stark besiedelte Stadt, nach und nach zerfällt, entsteht mit Kangbashi eine neue Verwaltungs-, Forschungs-, Finanz- und Ausbildungsstädte, die in ihrer Künstlichkeit noch unbewohnt scheint. Angesichts dieses Widerspruchs beschreibt Yu-Shen Su seinen Film selbst als „janusköpfige Oper“.

Durch fotografisch anmutende Bilder transformiert der Regisseur zwei Städte zu einer. Wie er auf das ausgeklügelte visuelle Konzept gekommen sei, möchte Vrääth Öhner wissen. Yu-Shen Su habe sich in seiner Diplomarbeit unter anderem mit zeitgenössischen Architekturfotografien von Andreas Gursky beschäftigt. Um eine ähnliche architektonische Monumentalität auszudrücken, sei viel mit Totalen gearbeitet worden. Im Kontrast dazu stehe die Zerbrechlichkeit der Menschen, hier vor allem die der Bauarbeiter, die neben den riesigen Baukomplexen in gigantischer Betonbauweise verloren wirken. Fragmentarisch reit der Autor die verschiedenen Ansichten in oft sehr langen Einstellungen hintereinander. Dies sei das Ergebnis von vielen verschiedenen Schnittvarianten gewesen, die nach einem intuitiven Rhythmus-Gefühl ausgesucht wurden. Die Schlussszene wirke aufgrund ihrer extrem Länge und der statischen Kamera fast wie ein Gemälde, so Yu-Shen Su.

Der Film enthält nur zwei kürzere Szenen, in denen Menschen sprechen. An einer Stelle erzählen zwei Jungen vor einer Ruine in Yumen sitzend von einer schauderhaften Entdeckung in einem menschenverlassenen Haus. In einer anderen erklärt eine Mitarbeiterin des Stadtplanungsbüros von Kangbashi auf sehr enthusiastische Art und Weise das neue Projekt. Für den Regisseur sei, durch diesen professionellen Blick einerseits und den kindlichen Blick andererseits, eine neue Dynamik entstanden.

Yu-Shen Su erklärt, dass er in seiner Arbeit eine gewisse Philosophie der Stadt vorausgesetzt hat. Als Produkt menschlicher Zivilisation sei die Stadt mit einem menschlichen Körper vergleichbar, in der die Menschen die Seele dieses Körpers repräsentieren. Der Film zeigt eine Zeitlichkeit der Stadt auf, die stirbt, wenn die Menschen sie verlassen.