Film

Der Schmetterlingsjäger – 37 Karteikarten zu Nabokov
von Harald Bergmann
DE/CH 2012 | 135 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 37
10.11.2013

Diskussion
Podium: Harald Bergmann, Heinz Wismann (Protagonist)
Moderation: Werner Dütsch
Protokoll: Lisa Rölleke

Synopse

Ein Philosoph und ein Filmemacher diskutieren, wie man einen Film über Nabokov machen könne. Ein Mann überquert die Alpen, um eine lange verschollene Geliebte zu treffen. Ein filmischer Essay, der Episoden aus Nabokovs Leben und Büchern, philosophische Gespräche und bildliche Rekonstruktion verbindet. Und so eine tiefgehende Meditation über die Natur der Zeit wird.

Protokoll

Noch vor dem Film sagt Werner Dütsch, dass Der Schmetterlingsjäger alle Kategorien der Trennung zwischen Spiel-, Dokumentar- und Experimentalfilm auflöse. So wie Vladimir Nabokov seine Romane auf Karteikarten geschrieben und die einzelnen Versatzstücke wie Puzzleteile neu arrangiert habe, habe Harald Bergmann diesen Film gemacht. Wenn man etwas nicht versteht, solle der Zuschauer erst einmal ein Puzzleteil zur Seite legen.

In fünf Teilen experimentiert Bergmann mit verschiedenen Elementen: Archivmaterial, inszenierte Szenen mit Schauspielern, ein dokumentarisches Gespräch zwischen Heinz Wissmann (Professor der Philisophie) und Klaus Wyborny (Filmemacher). Außerdem werden einige Passagen aus Texten von Nabokov, Putschkin, Bresson und Augustinus gelesen. Die meisten Passagen entstammen dem Kapitel „Die Textur der Zeit“ aus dem Roman „Ada oder das Verlangen“. Entgegen einer chronologischen Zeitlichkeit bringt Bergmann Gedanken und Szenen aus Nabokovs Texten zusammen. Außerdem korrespondieren die Figuren aus den unterschiedlichen Erdzählebenen miteinander.

Ausgangspunkt für den Film sei ein Gespräch mit Heinz Wismann gewesen, mit dem er schon zuvor zusammengearbeitet habe, so der Regisseur. Die Textauswahl sei lange besprochen worden, jede Silbe sei man durchgegangen. Ziel war es, die Texte in einem anderen Medium weiter zu dichten. Auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen Improvisation und Planung sagt Wismann, dass in dem Gespräch mit Wyborny radikal improvisiert wurde, obwohl natürlich Anhaltspunkte nötig gewesen wären. Dank der Arbeit mit digitaler Technik, habe Elfi Mikesch die Kamera hier durchlaufen lassen. Eine eigentliche Regie sei bei diesen Szenen erst in der Schneidesituation entstanden. Werner Dütsch bewundert die Schönheit der Szenerie und Ausstattung und fragt, ob es nicht ein sehr teures Projekt gewesen sei. Das Stichwort „wunderbare Verschwendung“ fällt. Obwohl vier Fernsehanstalten und acht Filmförderungen beteiligt waren, sei es unglaublich schwer gewesen, den Film zu finanzieren, gibt Bergmann zu. Deshalb habe die gesamte Arbeitsphase auch fast fünf Jahre gedauert. Der Film sei auch ein „Abschied von einer Form des Kinos, die man mal geliebt hat“ und die so wahrscheinlich nicht noch einmal möglich sei.

Dütsch weist in der Diskussion nach dem Film auf die besondere Verwendung von Musik hin, die mehr Platz als das Sprechen der Figuren einnehme. Bergmann verwendete sowohl zeitgenössische als auch klassische Musik von Mozart, erstere wird in den Szenen der Gegenwart, letztere in den Szenen der Vergangenheit benutzt. Dütsch vergleicht dies mit der Musik in Alfred Hitchcocks Vertigo.

Werner Dütsch lobt die Mühelosigkeit und Leichtigkeit, die der Film trotz seines 37. DUISBURGER FILMWOCHE komplizierten Entstehungsprozesses ausstrahle und ihn zum Genuss mache. Abschließend bemerkt Werner Ružička, dass Schmetterlingsjäger junge Filmemacher inspirieren könne, da der Film, den Versuch Genregrenzen zu überschreiten, neu formuliere.