Film

Mondo Lux – Die Bilderwelten des Werner Schroeter
von Elfi Mikesch
DE 2011 | 97 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 35
07.11.2011

Diskussion
Podium: Elfi Mikesch, Lilly Grothe (Ton), Daniel Schössler (Redaktion)
Moderation: Werner Ružička
Protokoll: Judith Funke

Synopse

Theaterproben, eine Ausstellung wird vorbereitet, daneben Gespräche mit Weggefährten, Sequenzen aus Schroeters Filmen und sein Umgang mit der Erkrankung. Leben auf der Suche nach Liebe, Kunst als „Byproduct“. Was bleibt? „… eine zitternde Bebung, eine Schwingung im Raum.“, sagt Schroeter. 

Protokoll

Bilder von Menschen, die nicht mehr bei uns sind, bestimmen diesen Film. Bilder, in denen sie weiterleben als Doppelgänger, Geister, Wiedergänger. Da sind die vor Werner Schroeter verstorbenen Freunde, die uns aus frühen Filmausschnitten und großformatigen Fotografien entgegenblicken. Und natürlich Schroeter selbst, der die Premiere des Films nicht mehr erlebt hat, und uns hier doch mit einer enormen Präsenz begegnet, mal vor Vitalität strotzend, mal körperlich transparent.

2006 hatte Werner Schroeter von seiner Erkrankung erfahren, er probte gerade am Theater in Düsseldorf, Elfi Mikesch machte Filmaufnahmen. Hier entstand die Idee, einen Film über sein Leben zu beginnen, über seine Filme, sein Theater und seine Fotografien, über seinen besonderen Blick auf das Leben und die Menschen. Mikeschs Anliegen war, das Spektrum von Schroeters immensem Werk zu umreißen, seine frühen Experimente zu zeigen, aber auch die späten Projekte, die er bis zuletzt unermüdlich vorantrieb.

Auch die Menschen, die eng mit Schroeter verbunden waren, kommen zu Wort – Schauspieler, Kollegen, Freunde. Film und Leben sind hier ohnehin kaum zu trennen, sind wie Baukästen verschachtelt in Mikeschs und Schroeters Welt. Mit Schroeter zu philosophieren hieß immer gleichzeitig neue Projekte zu denken, erzählt Lilly Grothe; mit ihm zu arbeiten ging offenbar mit einer intimen Verbundenheit einher. Dieser Eindruck entsteht im Film und wird in der Diskussion bestätigt: Von Respekt und Zärtlichkeit ist die Rede, von ehrlichem Zugetansein und Kollegialität. Überhaupt überrascht die schlichte (und bemerkenswert uneitle) Freundlichkeit, in der seine Weggenossen mit und von ihm sprechen, hier vor Mikeschs Kamera. Sie müssen sich wohl ernstgenommen gefühlt haben.

Ingrid Caven hat Ružička besonders beeindruckt: wie in ihrer Erzählung eine Anekdote zum Tableau wird, das dem Zuschauer noch einmal die ganze Fantasie von Werner Schroeter in ihrer Fülle vor Augen führt.

Mikesch berichtet von ihren eigenen Anfängen, von Schroeters kollegialer Förderung. Eine Aufbruchszeit sei das damals gewesen, auch in der Zusammenarbeit mit den Fernsehredakteuren vom ZDF, die sich neugierig und mutig auf heikle Produktionen einließen, obwohl sie dabei „manchmal fast wahnsinnig wurden“. Damals, als Schroeters Filme noch im Fernsehen liefen.

Die Montage hat sich mit der digitalen Technik verändert, erläutert die Regisseurin. Statt sich klassisch vom Anfang zum Ende des Films vorzuarbeiten, formte ihr junger Cutter Frank Brummundt erst einzelne Module, „wie kleine Plastiken“. Montage als Architektur – ein Gebäude, das sich aus einer Vielzahl einzelner Räume zusammenfügt. Innenräume, wohlgemerkt. Außenaufnahmen haben in diesem Film “nichts verloren“, schließlich gehe es um Innerliches: Sich aufs Leben besinnen, sich mit dem Tod auseinandersetzen.

Doch nicht nur die Vergänglichkeit des Lebens kommt zur Sprache, auch die des Materials fasziniert Mikesch: Filme und Fotografien, die 60 bis 80 Jahre überdauern und sich dann verabschieden. Die heutige Tendenz zu immer schärferen Bildern, zu Hochglanzoberflächen und damit einhergehendem Perfektionswahn beobachtet sie mit Unbehagen.

Dagegen zeigen die Bilderwelten von Werner Schroeter für Ružička ganz andere Möglichkeiten auf: sich der Vereinnahmung durch die Technik widersetzen, zeigen, dass Widerständigkeit auch im Material möglich ist.

 Werner Ružička, Elfi Mikesch v.l. © Duisburger Filmwoche, Foto: Simon Bierwald
Werner Ružička, Elfi Mikesch v.l. © Duisburger Filmwoche, Foto: Simon Bierwald