Film

Wenn ich eine Blume wäre …
von Barbara Burger
CH 2007 | 50 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 31
10.11.2007

Diskussion
Podium: Barbara Burger, Ulrich Grossenbacher (Kamera)
Moderation: Birgit Kohler
Protokoll: Aycha Riffi

Synopse

Jana, Renad, Haris, Shantuya und Joana sind zwölf und leben in Bern. Alle gehen in die Kleinklasse, weil sie in der Regelklasse nicht mitgekommen sind. Während im Klassenzimmer die Radiergummis und manchmal die Fetzen fliegen, erzählen sie von Bosnien, Sri Lanka, Portugal und von ihren Aufgaben zuhause; Shantuya übersetzt ihren Eltern Stellenanzeigen.

Protokoll

Barbara Burger ist Lehrerin in einer Kleinklasse. Einmal in der Woche unterrichtet sie Kinder, die „blöd sind. Nein, die langsam sind“, beschreibt ein Schüler sich und seine Klassenkameraden. Wenn Barbara Burger nicht an der Schule ist, studiert sie Film. WENN ICH EINE BLUME WÄRE … ist ihr Abschlussfilm.

Ein Film in dem es weniger um die Auseinandersetzung mit einem Schulsystem geht, sondern um ein Filmportrait über fünf Kinder aus der Kleinklasse. Die fünf Schüler sind zwischen elf und dreizehn Jahren; alle kommen aus Migrantenfamilien. Burger widmet den Film ihren Kindern, die sie bereits lange kennt und daher genau wusste, welche Themen sie im Film ansprechen konnte.

Der Kameramann Ulrich Grossenbacher hatte am ersten Probentag hingegen Schwierigkeiten, seinen Platz im Klassenraum zu finden. Ein Drehstuhl brachte die Lösung. So konnte er sich schnell und auf Augenhöhe in der Klasse bewegen. Die Kinder, so berichten Kameramann und Regisseurin, haben sich schnell an die Präsenz der Kamera gewöhnt. Vielleicht waren sie am Anfang ein wenig nervös, manchmal vielleicht auch ein wenig peinlich berührt (auf dem Pausenhof), aber auch stolz (im Friseurladen).

Nach zweieinhalb Wochen allerdings hatten die Kinder auch genug und waren froh, dass der Film fertig war. Zwischen den Schülern und der Lehrerin/Filmemacherin gab es keine explizite (dokumentarische) Verabredung. Sie wussten, dass Burger an einer Filmschule war und von ihr erhielten sie auch Kameras, um selbst einmal zu filmen, so erfährt man in der Diskussion. Wenn den Kindern die Filmarbeit zu viel war, konnten sie aber jederzeit aus dem Zimmer gehen. Der fertige Film hat ihnen gefallen.

Besonders gelobt wird von einem Diskutanten die „Suggestivität der Talking Heads“ – thematisch in dem Duisburger Extra angesprochen und diskutiert. Die Kinder erzählen aus ihrem Leben und die „Gesichter erzählen noch andere Geschichten“. Das ist, so wird gesagt, ein überzeugendes Beispiel dafür, dass die Interviews ohne Bild nicht funktionieren könnten, denn man muss die Gesichter sehen.

Wie die Lehrerin/Regisseurin denn die Perspektiven ihrer Schüler einschätzt, wird gefragt. Barbara Burger berichtet von der zum Teil aussichtslosen Suche nach Lehrstellen und desillusionierten Schülern: „Warum soll ich eine Lehrstelle suchen, aus meiner Familie hat keiner eine (gehabt).“

Viele Eltern arbeiten (putzen) abends und kümmern sich nicht um die Probleme ihrer Kinder.

„Aber das gilt ja nicht nur für Migrantenfamilien“, wird aus dem Publikum richtig eingeworfen. Es gibt auch, so beantwortet Burger eine Frage zum Schulsystem, die Möglichkeit von der Kleinklasse in eine Regelklasse zu wechseln. Was ohnehin bald mehr passieren wird, weil viele Kleinklassen gestrichen werden.

Zurückkommend auf die besondere Situation: Lehrerin und Filmemacherin, ein Fakt über den ja Schülern wie Zuschauer informiert sind, wird in der Diskussion darüber gesprochen, ob sich die Schüler gegenüber einer anderen Filmemacherin, die nicht ihre Lehrerin ist, anders verhalten hätten. Babara Burger hatte mit der Doppelfunktion keine Schwierigkeit und die Antworten der Kinder auch als sehr ehrlich empfunden. Letztlich, und deshalb gab es in Duisburg auch kein Ergebnis in dieser Frage, ist die Überlegung auch sehr müßig, denn sie stellt sich im Grunde genommen bei jeder Art der Bildaufnahme von Personen.