Synopse
Ein filmisches Netzwerkprojekt: Der Held ist Enki, ein sumerischer Schöpfergott mit allseitigen Interessen. Im brandenburgischen „Seesportclub Wendisch-Rietz“ ist er als ABMler tätig und disponiert die „ME“– geheimnisvolle Fähigkeiten, die sumerischen Mythen zufolge die Grundlagen der ersten menschlichen Hochkultur bilden. Aber was hat das Zweistromland mit dem Märkischen Meer gemein? „Dieser Film sieht ganz anders aus, als der Film, von dem wir erwartet haben, dass er unser Leben ändert.“
Protokoll
Bramkamp fand die Geschichte des Bootgottes und seiner Weltordnung zufällig in populärwissenschaftlicher Literatur. Im Mythos um Enki entsteht die menschliche Zivilisation aus einer Liste von Fähigkeiten, die so genial sind, dass sie eigentlich nur von den Göttern stammen können.
Als er seinen Segelschein im Seesportclub machte, kam ihm, basierend auf Enkis Geschichte, die Idee, wie man für den Club die dringend benötigte Öffentlichkeit schaffen könnte, unter anderem auch mit dem Film. Das Ziel: Eine unmittelbare Rückwirkung und Rückkoppelung zur Realität des Clubs. „Film kann Dinge ermöglichen“, und ist eine Art, die Fantasie in die Wirklichkeit mitzunehmen.
Wichtiger als die Frage nach der besonderen, topographischen Ähnlichkeit zwischen diesem Gebiet in Brandenburg und dem alten Zweistromland, dem Umstand, dass Landkarten ja auch Netzwerken entsprechen und dem Aspekt des Wassers als archaischer Grundsubstanz, zeigt sich im Laufe der Diskussion die ungewohnte Narrativität des Films. Auch wenn alle erwähnten Punkte, natürlich, im Sinne des Netzwerks verbunden bleiben.
Bramkamp will Erzählungen formulieren, die Alternativen zum, wie er es nennt, Psychodrama bieten. Es mangelt seiner Meinung nach an Erzählungen, die zum Beispiel über Listen funktionieren. In einer Landschaft ohne Kirchtürme, wie der Gegend um den Scharmützelsee, sind auch andere Geschichten möglich. Die Nebenprotagonisten in seinem Film können in anderen Geschichten auch Hauptfiguren sein.
Ruzicka stellt in diesem Zusammenhang den zahlreich anwesenden Mitwirkenden aus dem Film die Frage, ob es für sie einen Gewinn bei dem Film gab. Jörg Wenke vom Seesportclub antwortet aus der ersten Reihe: Ja, die Freundschaft mit Robert, mit Susanne und Steffen. Auch finanziell gab es einen Gewinn.
Die Reaktionen des Publikums sind in der Mehrzahl positiv oder wohlwollend. Negative Kritik („Too much“ und „Hat bei mir nicht funktioniert“ ) akzeptiert Bramkamp, obwohl er es schade findet. Er hofft, dass Zuschauer, die beim ersten Mal dem Film nicht viel abgewinnen können, bei einer zweiten Rezeption den Film anders sehen oder verstehen können, oder, noch besser, vielleicht sogar einmal real und praktisch bei Enki 100 mitmachen. Auf keinen Fall aber will er die Kritik gelten lassen, dass der Film auch eine zynische Lesart gegenüber den Protagonisten erlaube. Wenn nicht heutzutage übliche Erzählweisen geboten werden, so wie in Bootgott, dann ist das vielleicht Geschmacksache, beziehungsweise manche Leute verstehen diese Sprache und manche nicht, oder nicht sofort, aber Bramkamp sieht hier absolut keinen Raum für Zynismus. Dies wird auch von anderen Diskussionsteilnehmern unterstützt. Bramkamp findet nicht, dass der Mythos im Film die Realität des Seesportclubs überdeckt. Vielmehr reagiert Bootgott praktisch auf eine reale Notwendigkeit, nämlich ein Projekt für die Öffentlichkeit des Clubs zu machen.
Der Regisseur betont noch einmal, dass es viele unterschiedliche Formen des Geschichtenerzählens gibt. Verschiedene Formen sind auch dringend notwendig, und es müssen alternative Formen zu der heute dominanten koexistieren können. Natürlich schlägt man die Hände über dem Kopf zusammen, wenn man sich bei Bootgott klassisches Schauspielen erwartet hat. Er hofft, dass es vielleicht beim erneuten Ansehen des Films beim Zuschauer vielleicht „Klick“ macht. Eine Zuschauerin findet schön, dass der Film ihre Erwartungen an die Filmwoche erfüllt hat, nämlich dass sie überrascht wird.
Ruzicka verweist zum Abschluss auf die Diskussion um Bramkamps Prüfstand 7 (Filmwoche 2001), die sich ja auch stark um Narrativität und Wahrnehmung gedreht hat und noch immer nachklingt. Die Werkzeuge aus der Kiste die Bramkamp mit seinem Film aufgemacht hat, werden auf der Filmwoche sicher noch genutzt.
Im Vorspann des Films steht zu lesen: „Dieser Film sieht ganz anders aus, als der Film, von dem wir erwartet haben, dass er unser Leben ändert.“ Macht nichts. So wie er jetzt aussieht, ändert er ja auch Leben. Der Film schafft in der Tat eine neue Wirklichkeit: Der Seesportclub Wendisch-Rietz bekommt eine stärkere Öffentlichkeit. Dadurch, dass er auf der Filmwoche gezeigt wird, eine Diskussion stattfindet, das Protokoll gelesen wird.
Zur weiteren Förderung der Öffentlichkeit: Das von Bramkamp vorgestellte Netzwerk findet man unter www.enki100.net