Film

Behind Me
von Norbert Wiedmer
CH 2002 | 85 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 26
04.11.2002

Diskussion
Podium: Norbert Wiedmer, Bruno Ganz (Protagonist)
Moderation: Werner Ružička
Protokoll: Roman Fasching

Synopse

Ein Bruno-Ganz-Film: Über ihn, mit ihm – und auch von ihm. Denn in vielen Passagen führt er eine erstaunliche, private Kamera. Nicht nur deswegen ist dies keine übliche Künstlerbiographie. Eher ein Film über jene lohnende wie gefährdende Arbeit, die wir gemeinhin Kunst nennen.

Protokoll

Bei der Eröffnung der Diskussion: Zuerst Applaus für Norbert Wiedmer, dann etwas längerer Applaus für Bruno Ganz.

Ruzicka: Der Film scheint ja eine lange Werdezeit gehabt zu haben.

Wiedmer: Werbe- oder Werdezeit?

„Essay“ war sehr früh die Antwort auf Wiedmers Fragen: Wie will ich Bruno Ganz zeigen? Wie will ich’s angehen? So entstand ein Essay im Spannungsfeld von Bruno Ganz‘ Leben und Beruf, seinem Leben und dem (Video)Film Material. Beide waren sich einig, was sie nicht wollten: Eine herkömmliche Biographie mit Kommentaren, Gesprächen, Interviews.

Wiedmer gab Ganz eine kleine Videokamera, um doch auch näher an so etwas wie seine Privatsphäre zu kommen. Nach einiger Zeit schickte Ganz Videomaterial, das für den Film und seine Struktur dann richtungweisend wurde, an den Regisseur zurück. Daraus resultierte auch ein „Drehauftrag“ an Ganz. Dank Wiedmers Rückmeldungen über das von Ganz selbst gedrehte Material wuchs im Laufe der Zeit das Vertrauen zwischen den beiden, vor allem durch das Lob für das Videomaterial aus Venedig. Von da an interessierte den Schauspieler nicht nur das Material, sondern auch der Montageprozess, und beide Herren verbrachten zusammen viel Zeit am Schneidetisch.

Wiedmer und sein Cutter, den er ausdrücklich erwähnt, sahen dann, welches Fremdmaterial am besten zu Ganz‘ Videos passen würde. Dabei wurden Szenen aus Spielfilmen als Rohmaterial behandelt. Diese wurden dann komprimiert, um Inhalte auf den Punkt zu bringen, den man in Behind Me machen wollte.

Die Frage, ob man so zu dieser Struktur eines Film-über-Arbeit gelangt sei, wird von Wiedmer bejaht. Man könnte ja auch so weitermachen, weiterarbeiten.

Es gibt Momente der Selbstinszenierung in den Videos die Ganz gedreht hat, in der er selbst zur Kunstfigur im Film wird. Der Schauspieler stimmt der Sichtweise zu, fügt aber an, dass die „intellektuelle Arbeit dabei Null war.“

Die spannende Frage kommt am Ende der Moderation: Wie denn das mit den verschiedenen Blickstrategien im Film sei. Da gibt es freie Blicke und immer wieder verweigerte Blicke. Ganz beruft sich hier auf „die Freiheit des Dilettanten“. Nach einer Eingewöhnungsphase habe er im Endeffekt einfach immer nur draufgehalten. Wiedmer meint, dass bei so einer langen Dreh- und Entwicklungszeit so was dann eher ein Zufall als Vorausplanung ist. Aber mit der Erfahrung wird dann das Material schon so organisiert, dass dann die Blicke stimmen. Noch mal betont Wiedmer, dass der Film ein Essay sei, und er würde sich vehement gegen die Bezeichnung Biografie wehren.

Die Diskussionen der Filmwoche seitens des Publikums wurde dann mit der Frage nach dem Drehverhältnis von Behind Me eröffnet. Danach ein Kommentar, dass hier ja doch eher eine Männer-Erfahrungswelt gezeigt werde, und Frauen eher wenig vorkommen. Wiedmer und Ganz widersprechen mit dem Hinweis auf Pragmatik (Mephisto ist nun mal männlich), und dass es im Film schon auch feine Verbindungen zur Damenwelt gebe. (Die Fotografin, die „mehr als nur Fotografin“ ist.) Es gab keine Quote, der Film war nicht als Männerwelt-Film konzipiert.

Das Märchen vom Jungen der mit dem Gänseschwarm zu der Stadt auf dem Meer fliegt, erzählt Bruno Ganz am Ende der verhältnismäßig kurzen Diskussion, ist „Nils Holgerson“.

Wie Vieles im Film, diese Diskussion war wohl auch eher eine Probe für die restliche Filmwoche. Aber Norbert Wiedmers Erinnerung an die Entstehung seines Films macht Hoffnung: Der Anfang war einfach, aber es ging viel, viel schwieriger weiter.