Film

Moscouw
von Joerg Th. Burger
AT 2001 | 20 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 25
05.11.2001

Diskussion
Podium: Joerg Th. Burger
Moderation: Werner Ružička
Protokoll: Torsten Alisch

Synopse

Die Photokünstlerin und Aktionistin Michaela Moscouw. Man sieht ihre Photos – Selbstportraits, die sie in insistenter Kontinuität täglich von sich verfertigt. Sie selbst sieht man nicht, hört aber ihre Stimme aus dem „off“ – hastig, beschwörend, erklärend. So entsteht ein Film über die Produktion von Kunst. Und über eine Künstlerin.

Protokoll

Produktionsbedingungen

Joerg Th. Burger stand nur wenig filmisches Material zur Verfügung: Er kannte Michaela Moscouw seit ca. 15 Jahren und sie hatte ursprünglich ihre Kooperation zu diesem filmischen Porträt einer Wiener Aussenseiterin zugesagt. Ideen zum Film wurden gemeinsam entwickelt, doch im Verlauf der Arbeit kam es zum Abbruch der Moscouw’schen Mitarbeit: Ihr wurde klar, dass sie diese andere (Film-)Kamera nicht kontrollieren kann – und damit ihre gesamte bisherige LebensArbeit einem anderen ausliefern würde. So standen Burger nur ein paar Fotos zur Verfügung, die sie ihm überlassen hatte und ein zweistündiges Tonbandgespräch, das noch während der gemeinsamen Ideensuche aufgezeichnet wurde. Zusätzliches Bildmaterial wurde später in der Moscouw’schen Ausstellung und ihrer Wohngegend für den endgültigen Film aufgenommen.

Farbe & Brüche

Die farbigen Ausstellungs-Aufnahmen sollen die Besonderheit dieses Ausstellungs-Blickes verdeutlichen: Der (Film-)Zuschauer betrachtet die Blicke anderer (der Ausstellungsbesucher) beim Blicken auf die Moscouw’schen Bilder. Hier bricht der Film die bisherige formale Strenge, weil der (Film-)Zuschauer an diesem (Ausstellungs-)Ort hofft, doch einen Blick auf die Künstlerin erhaschen zu können. Burger bedauert die Ähnlichkeit einiger Ausstellungsbesucherinnen mit der Künstlerin, und hatte dieses voyeuristische Ansinnen so nicht geplant.

Kunst & Klischees

Den Vorwurf eines Zuschauers, Burger glorifiziere hier das klassische Kunst-Verständnis vom “Genie”, das nur selbst wisse, wie das eigene Werk zu verstehen und das an Kunstakademien zum Idealbild künstlerischer Produktivität verkommen sei, lässt Burger nicht gelten: M.M.s Werk wird hier nicht in einen kunsthistorischen Zusammenhang gestellt oder interpretiert, und M.M. behauptet auch gar nicht “Kunst” zu machen, sondern widerspricht geradezu diesem überholten Klischee, durch die ausschließliche Erzählung ihres (zwanghaften) Lebens. Der Zuschauer kann es sich Anschauen & Anhören – alles andere bleibt ihm selbst überlassen. Die eruptiv-hektische Art ihrer Selbstbeschreibung und ihre fortwährende (aggressive) Selbstreflexion unterlaufen aber letztlich alle Interpretationsversuche des Zuschauers.

M.M.s permanentes Mit-sich-selbst-beschäftigt-sein und ihre selbstgewählte Isolation am Wiener Stadtrand erlauben es ihr, in anonymer Masse versteckt, sich auf ihre Art gegen die Umwelt zu wehren und ihre borderline-Symptome zu (über)leben.