Protokoll
Anwesend waren Peter Heller, Autor, Regisseur und Kameramann des Films sowie Volkhard Hundsdörfer, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Mitwirkung an der Produktion des Films, zusammen mit P. Heller, Autor des Buches „Die Liebe zum Imperium”
Zuschauer: Ich möcht’ zwei Sachen sagen. Ich bin fasziniert von dem Film. Einmal haben wir gelernt, wie man Bilder zum Laufen bringt, man hat nicht mehr gemerkt, daß das Fotos sind. Das andere i~l Jas, was heute aktuell ist: die Entlarvung von Geschichtslüge, Das ist ein exemplarisches Beispiel von Geschichtslüge. Wir haben heute den Film von Alfons Stiller gesehen. Was der Alfons mit Erzählung gemacht, hat der Peter Heller meines Erachtens mit Bildern gemacht. Die Entlarvung von Geschichtslügen müssen wir permanent machen, weil wir voll sind von Geschichtslügen.
Zuschauerin: Ich möchte dazu auch noch etwas sagen. Ich meine, wir haben das doch alle schon gewußt, daß das eine imperialistische Zeit war, und ich meine, es ist keine Rechtfertigung, aber alle anderen Länder haben es doch auch gemacht. Ich bin Lehrerin, und in unseren Geschichtsbüchern steht das so. Es wird zwar nur kurz auf zwei Seiten abgehandelt, aber es ist keineswegs so, daß nun alle Kinder lernen, das sei eine glorreiche Zeit gewesen.
Zuschauerin: Aber es ist ja so, daß Deutschland auf dem internationalen Parkett, besonders auch in der UNO sich als Vermittler anbietet, gerade mit der Begründung, daß wir keine dunkle Vergangenheit haben, keine Kolonialvergangenheit. Die Geschichtsbücher das mag zwar ’ne gute Sache sein, aber gerade mit diesen Lügen wird ja heute noch Politik gemacht.
Zuschauer: Wer die letzten Interviews mit Strauß im Spiegel gelesen hat darüber, was die Afrikaner vom Westen zu lernen hätten und wovor der Westen die Afrikaner wieder einmal zu bewahren hätte, der weiß, wie brandaktuell der Film ist. (Beifall)
V. Hundsdörfer: Ich hätte von Ihnen gerne gewußt, wie die Bilder bei Ihnen angekommen sind. Wir hatten ursprünglich auch ganz stumme Sequenzen in dem Film, die wir dann später herausgenommen haben. Haben Sie es trotzdem als zu lang empfunden, oder fanden Sie die Bilder lesbar?
Zuschauer: Ich möchte zur „Lesbarkeit” in Bezug auf die Musik etwas sagen, die ja auch eine Interpretationshilfe war. Wenn ich da nicht ganz falsch liege, dann war es wohl Wagner, eine Musik, die ja auch im Faschismus besonders bevorzugt war. Die dann im Film bei Truppenaufmärschen und anderem einzusetzen, fand ich sehr gut. Auch Schuhmanns „Träumereien”, was an sich ein romantisches Musikstück ist, hier einzusetzen, mit einer Situation zusammenzubringen, die eigentlich eine falsche, bürgerliche Vorstellung von Romantik ist, – im Film durch die Person des Kar! Peters repräsentiert – fand ich sehr richtig. Wobei es dann manchmal ziemlich hart wurde bei Maschinengewehrfeuer und dazu: „Träumereien”.
Aber man träumt halt auch von Waffen.
Zuschauer: Zur Figur dieses Kar! Peters, von der aus die ganze Geschichte des Films erzählt wird: Es wird so dargestellt, als wenn so ein Abenteurer nach Afrika kommt und da eben seinen alten Kindertraum verwirklicht, und dann muß er erst einmal die Wirtschaft dafür interessieren, welche Quellen da eigentlich auszubeuten sind. Ist das denn wirklich so?
V. Hundsdörfer: Soweit ich die Geschichte verfolgt habe, war immer beides dabei und natürlich auch eine gute Portion Missionars- und Entsendungsverständnis. Wenn Sie mal sehen, welche Händler da als erste Reisende nach Ostafrika kamen, so waren die immer zur selben Zeit Ärzte, um sich selbst am Leben zu halten; Missionare, Händler und Abenteurer. Wenn man ihre Tagebücher liest, ist das sehr aufschlußreich. Nun haben wir uns dazu entschlossen, die Motivation des Kar! Petcrs aus seiner Jugendzeit heraus verständlich zu machen. Ebensogut hätte man natürlich die Motivation von mitreisenden Händlern oder jungen Adligen, die dort große Profite machen wollten, darstellen können.
Zuschauer: Ja, aber ich finde schon, daß dadurch die Motivation der Wirtschaft als entscheidender Motor etwas untergeht.
V. Hundsdörfer: Also, wir wollten ihn, Kar! Peters, nur nachfühlbar machen. Wenn die Geschichte eines Großindustriellen dargestellt wird, habe ich den Verdacht, daß es weniger leicht lesbar gewesen wäre, – der Film insgesamt.
H. Trenczak (Diskussionsleiter): Wir sollten vielleicht noch zum Abschluß über die Produktionsbedingungen des Films sprechen.
P. Heller: Ich möchte da vor allem auf eines eingehen: Es ist bet uns unmöglich, Themen zu bearbeiten, die scheinbar nicht aktuell sind, das heißt im allgemeinen für unaktuell gehalten werden oder wo die Aktualität nicht erkannt wird.
Ich habe also nach Möglichkeiten für die Finanzierung eines solchen Films gesucht und hab’ bei den verschiedensten Institutionen und beim Fernsehen überhaupt keine Unterstützung gefunden. Es gab zwar zwei Möglichkeiten, aber da wurde derart massiv in das Konzept schon formal und inhaltlich hineingewirkt, daß ich meinte, der Kompromiß sei es nicht wert. So mußte ich also dieses Projekt vollkommen aus eigenen Ersparnissen finanzieren unter Ausbeutung meiner selbst und der Kollegen, die daran mitgearbeitet haben.
Zuschauer:Mich würde schon mal interessieren, was da die Auflagen gewesen sind.
P. Heller: Ich werde das jetzt mal generalisieren, weil da verschiedene Einwände kamen: a)” wurde verlangt, daß der gesamte deutsche Kolonialismus behandelt wird in einem Feature von einer 3/4 Stunde, was eine Verflachung des Themas bedeutet. Man hätte informieren müssen, daß es auch eine deutsche Kolonie in China gegeben hat, in der Südsee und sofort.
b) hat man verlangt, daß ein Bezug hergestellt wird zur Gegenwart, in der Form, daß kluge Köpfe dazu sprechen. Also Volkhard Hundsdörfer hätte da dann z.B. sitzen müssen mit ’ner Krawatte usw. Wir dagegen haben gesagt, daß diese Leute nicht da auftreten sondern mit dem Material arbeiten sollen. Das heißt auch, daß das Material für sich sprechen muß.