Alexander Scholz

im Werden begriffen

Zum Vergleich von Harun Farocki

Dokumentarfilme, die nicht von ihrem Ende her gedacht und montiert sind, die sich in eine Begegnung wagen, Unfertiges zulassen: Solche Filme werden in Duisburg geschätzt, solche Filme haben es – in einem Apparat, der kaum Wert auf Entwicklung legt – nicht leicht, überhaupt zu entstehen.

Bei der Filmwoche zeigen wir Filme, die als Rezeptionserfahrung etwas zulassen, von dem wir uns wünschen, dass es in den Diskussionssaal hineinragt: eine Unsicherheit des Verlaufs, eine Beweglichkeit des Urteils, ein gemeinsames Sich-Einlassen auf einen Prozess der Wahrnehmung und der Kategorienbildung, in dem es okay, manchmal sogar angenehm ist, noch nicht Bescheid zu wissen.

Ein solches Schauen und ein solches Sprechen über ästhetische Erfahrungen vermessen ein Dazwischen, statt zwischen richtig und falsch zu votieren. „Im Werden begriffen“ meint, dass ein die Dinge stilllegendes Verstehen noch aussteht, dass wir noch dabei sind, uns von den Bildern berühren zu lassen.

Von Bildern, die ihre eigene Zeit mitbringen und erfordern. „Denn die filmische Darstellung der Wirklichkeit unterscheidet sich wesentlich von allen anderen Darstellungsarten dadurch, daß die dargestellte Wirklichkeit noch nicht vollendet ist, sondern sich – während ihrer Darstellung – selbst noch im Werden befindet.“ schreibt Béla Balázs. Film dauert, ist offenes Dokument.

Wir wissen noch nicht, wie das endet, und mögen Filme, denen es ähnlich geht.