Synopse
Die Liegestühle werden aufgereiht, Laken gerade gezogen, Geländer poliert, Bäder tiefengereinigt. Alles wieder wie neu. Die Arbeit des Personals besteht darin, seine Arbeit unsichtbar zu machen. Sauberkeit und Ordnung auf 4-Sterne-Standard, Überstunden inklusive. Ein striktes Regiment hoher Erwartungen anonymer Gäste bestimmt die Schichten des Housekeeping-Teams; die Frauen und wenigen Männer schuften hart, verständigen sich in vielen Sprachen über Zumutungen und Gebrauchsspuren.
Protokoll
Auch ein Filmfestival beinhaltet viel Arbeit, die unsichtbar bleibt. Nicht unbedingt denkt man dabei an die Hotelzimmer der geladenen Gäste und an das Personal, dass diese reinigt und so hinterlässt, als sei nichts gewesen. Nach diesem Film ist das hoffentlich anders.
Denn es passiert viel und schnell in so einem Hotel – die Reinigungsarbeit und Hauswirtschaft, das sogenannte Housekeeping, ist eine körperlich und organisatorisch höchst anspruchsvolle Arbeit, die unter unglaublich schlechten Bedingungen stattfindet. Die schlechte Bezahlung (die Protagonistinnen des Filmes verdienen nicht mehr als 1.300 Euro netto) und grauenhaften Arbeitsbedingungen (die Existenzunsicherheit durch Zeitverträge, die Belastung durch das hohe Arbeitspensum, der Zeitdruck und der Personalmangel der Schichtarbeit) sprechen eigentlich für sich, die Bilder scheinen dennoch bitter notwendig.
Das Besondere am Film sieht Moderatorin Serpil Turhan in der Konzentration auf die Arbeit und die Arbeitsbedingungen und fragt Regisseurin Carmen Trocker zuerst danach, wie diese Konsequenz zustande kam. Wie so oft beim Dokumentarfilm steht die eigene biografische Nähe zum Gegenstand am Anfang. Sie sei mit Tourismus aufgewachsen, die Eltern hatten einen Souvenirshop, sie kommt aus dem Nachbarort des hier abgebildeten Vier-Sterne-Etablissements. Auffällig war für sie, wie sehr die Branche auf migrantische Arbeitskräfte baut, es aber ein Tabu sei, darüber zu sprechen. Ob das auch die Arbeit erschwert hat, die Angst darüber sich kritisch zu äußern, möchte Turhan wissen.
Erstmal sei es schwer gewesen, Vertrauen für die Filmarbeit zu gewinnen, weil nicht verstanden wurde, dass es sich um eine unabhängige Produktion handele, die nicht im Auftrag des Hotels agiert. Doch mit wachsendem Verständnis kam die Öffnung, gar Komplizenschaft sowie Freude/Vertrautheit und damit auch die Schwierigkeit in dieser Doppelrolle zu agieren. Klar sei gewesen, dass es einen Schutz gibt – dass keine Arbeitsplätze riskiert werden. Überhaupt unfassbar die Unangreifbarkeit und damit das Desinteresse des Hoteliers, der sich noch mit der Arbeitskraft „seiner Frauen“ brüstet (obwohl auch Männer mit ihnen arbeiten). Da vertraglich alles legal sei, bringe scheinbar auch gewerkschaftliche Organisierung nichts.
Die Zeit dafür ist sowieso knapp. Dies erklärt zum Beispiel auch, warum die Kamera ihre Protagonistinnen nicht noch nach Hause begleitet. Es ist der einzige Erholungsmoment, bevor es wieder in die Geschlossenheit des Hotels geht, beschreibt Trocker den Alltag ihrer Protagonisten und Protagonistinnen. Nur einmal sehen wir raus auf die Berge. Eine Setzung, die auch die Austauschbarkeit dieser Arbeitserfahrung verdeutlicht. Oder wie es die Regisseurin ausdrückt: die Strenge (der Bildsprache) erzählt auch die Strenge des Lebens. Eine Szene am Ende fällt jedoch ganz raus und hat bei der Moderation Irritation ausgelöst. Warum diese klare Montage der Gegenstände und des Sounds?
Die Darstellung der Spuren, wie die Regisseurin sie nennt, war eine Herausforderung und viele hätten mit dieser „Spurendramaturgie“ Probleme. Da sie keine Gäste filmen wollten, konnten sie stets nur in den Abreisezimmern filmen, was lustige Anrufe nach sich gezogen hätte, in denen die Arbeiterinnen ihnen sagten, wo es gerade besonders schlimm aussähe und dass sie schnell kommen sollten. Da eine Folge der bisherigen Filmvorführungen gewesen sei, dass sich einige als Gäste nun anders verhalten wollten, fragt man sich schmerzlich, wo das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit über diese Arbeit geblieben ist.
Die strukturelle Abhängigkeit der Angestellten bringt im Film wie auch im Gespräch den Rassismus zutage, mit dem die Arbeiterinnen, die aus dem Ausland kommen, konfrontiert sind. Die Entscheidung als Filmteam keine Anweisungen zu geben, sondern sich „einzufädeln“, wie es die Regisseurin beschreibt, hat dann auch die konkrete Ansprache von Problemen wie die der Wohnungssuche und des Familiennachzuges ausgelassen – sie wollte diese Themen nicht forcieren, dennoch waren sie natürlich sehr präsent.
Trocker beschreibt die Herausforderung dieser Doppelrolle, sich um das Bild zu kümmern und Teil dieser sozialen Situation zu sein. Erstaunlich dabei, findet Turhan, wie unsichtbar die Kamera und auch das Team bleibt, wie nie ein Blick in ihre Richtung geht und sich die Figuren untereinander öffnen. Es klinge vielleicht esoterisch, gibt Trocker voraus, aber sie glaubt es sei eine Frage der Energie. Ihr kleines Team „aus ganz fantastischen Frauen“ hat scheinbar maßgeblich zu der Gewöhnung beigetragen, aber natürlich auch der Zeitdruck, die Hektik, die die Choreografie, die der Film beschreibt, vorgeben. „Es bleibt keine Zeit für irgendwas“. Wie ließ sich das planen, was waren die Überlegungen zum Aufbau? fragt die Moderation.
Die Regisseurin beschreibt die abendlichen Materialsichtungen sowie die Arbeit am Schnitt, bei der Dinge sichtbar wurden, die sie vorher nicht gesehen hätten. Bestimmte Abläufe, wie das Abholen der Wäsche, ließen sich zum Beispiel vorbereiten, ganz im Gegensatz zum Filmen der Menschen. Das geduldige Einfädeln erscheint als roter Faden dieser Filmarbeit, aber auch der konzentrierten Gesprächsführung und zieht sich bis in die offene Fragerunde.
Der letzte Kommentar aus dem Publikum, dann erstmals all die Hotelgäste im Diskussionssaal erwähnend, lobt die filmische Darstellung und vergleicht das Verhältnis mit einem Möbiusband; zwei Seiten, die sich nie berühren. Zeit, es zu zerreißen.