Synopse
Der Großkonzern hat längst billigere Arbeitskraft in fernen Ländern gefunden. Die Fabrik aber bleibt. Organisiert zur Kooperative betreibt die alte Belegschaft einer Teefabrik weiter ihre Produktion und ihr Geschäft. Doch der Geschmack des Widerstands ist weniger zuckrig als der des Marktes: Immer auf der Schwelle zwischen sozialer Mission und pragmatischer Profitmaximierung, diskutieren die Arbeiter, nach welchen Regeln sie spielen wollen.
Protokoll
Eine Teefabrik in Südfrankreich verweigert sich der Globalisierungslogik. Der Lebensmittelmulti Unilever, für den die Firma Lipton-Tee herstellte, wollte die Produktion nach Polen verlegen – mit dem vergifteten Angebot an die Mitarbeiter: Kommt doch mit! Zu einem Bruchteil des Gehalts. Es folgten 1.336 Tage Arbeitskampf, an deren Ende die Gründung einer Kooperative stand. Aus Arbeitern wurden Manager. Ein Experiment solidarischer Ökonomie.
Zwei Jahre verbrachte Laura Coppens bei „ScopTI“, im Rahmen eines sozialanthropologischen Forschungsprojekts über alternatives Wirtschaften und Arbeiterselbstverwaltung. Für den Film musste sie sich zunächst zwei entscheidende Skills beibringen: Französisch und Kameraführung. Ob sie der wissenschaftliche Rahmen in ihrer Freiheit beschränkt habe, wollte Luc Schaedler wissen. „Nein, überhaupt nicht. Ich bin offen ins Feld gegangen. In den ersten drei Monaten filmte ich gar nicht. Stattdessen machte ich eine Art Praktikum, um die Abläufe und die Menschen im Werk kennenzulernen.“ Die Forschung spielte zunächst nur eine Nebenrolle. Aber, was nicht unwichtig war: Sie sicherte die Finanzierung.
ScopTI ist „kein kleines Selbstverwaltungs-Manufaktürchen“ (Luc Schaedler). Die Regisseurin musste visuelle und dramaturgische Lösungen für die großen Maschinen und die einzelnen Abteilungen im Werk finden. Unterstützung erhielt sie von einem pensionierten Arbeiter, der schließlich ihr Kameraassistent wurde. „Eigentlich schwebte mir ein kollaboratives Projekt vor. Doch ich merkte schnell: Die haben gar keine Zeit für so etwas. Umso glücklicher war ich, als ich René fand.“
Was bedeutet es für ein Unternehmen und seine Mitarbeiter, sich selbst zu verwalten – das ist das Kernthema von Taste of Hope. Und: Wie überlebt eine Kooperative in einem brutalen kommerziellen System? Der Film bewegt sich an den unterschiedlichen Visionen und Konfliktlinien entlang. Es kristallisieren sich im Verlauf zwei Lager innerhalb der Belegschaft heraus: Die einen wollen mehr Umsatz, die andere sich nicht in vollem Umfang dem Markt aussetzen. „Man darf über der ganzen Utopie nicht vergessen, dass ScopTI aus der Not heraus entstanden ist. Die Mehrzahl der Leute wollte ihren Arbeitsplatz behalten. Eine Arbeiterin sagte einmal zu mir: ‚Bei Unilever war’s besser. Da musste man sich nicht um die Zahlen kümmern.‘“
Der Film sei ein Feelgood-Movie, sagte Luc Schaedler. Zwei Dutzend Arbeiter brächten den Mut auf, sich gegen den Kapitalismus zu stellen. „Aber sie sind nicht nur gegen etwas, sondern versuchen vielmehr, etwas aufzubauen.“ Ihr sei es darum gegangen, erwiderte Coppens, auch die leichten Momente im alltäglichen Überlebenskampf zu dokumentieren. „In so einer Kooperative ist es ja ein bisschen wie in einer WG. Wer wäscht ab? Wer bringt den Müll runter?“
Nicht jedem Zuschauer behagte diese Leichtigkeit und der pointierte Rhythmus der Erzählung. Michael Girke brachte als Referenzfilm Ken Loachs Land of Freedom ins Gespräch. Dieser räume den Debatten zwischen den Akteuren viel Zeit ein und besitze das Existentielle und die Zähigkeit, die er, Girke, bei Taste of Hope vermisst habe. „Das ‚Feelgood-Movie‘ führt dazu, dass wir keine Zeit haben.“ Die Debatten im Werk, so Laura Coppens in ihrer Replik, seien immer sehr lang gewesen und drehten sich irgendwann im Kreis. „Daher entschied ich, lediglich bestimmte Ausschnitte zu verwenden.“ Ihr vorrangiges Ziel sei es gewesen, die Komplexität der Fabrik und ihre Funktionsweise abzubilden. „Ich wollte jeden Arbeitsbereich zeigen, wo hinter jeder Tür fast immer so eine Diskussion stattfand – aber auch dokumentieren: Wie kommt der Tee in die Tüte und die Tüte in die Box.“
Dass man Taste of Hope auch ganz anders sehen kann, bewies eine weitere Stimme aus dem Publikum. Sie bezeichnete den Film als „Agitationsfilm“ und bezog sich auf den Schlusssong, ein kämpferisches Arbeiterlied. Der Sänger, erklärte die Regisseurin, habe das Stück während des Streiks live gespielt. „Aber vielleicht ist es im Film doch too much.“