Synopse
Während sie das Haar ihrer Tochter mehr umhegt als schneidet, skizziert die Mutter beiläufig dahinplaudernd Einschnitte in ihrem Leben. Sie klammert, glättet, entknotet; berichtet nonchalant von Berufen, Ländern, Sprachen. Die Tochter beschaut die Entscheidungen ihrer Mutter – in ihrem eigenen Spiegel.
Protokoll
Zu Beginn des Podiums begrüßt Joachim Schätz die Regisseurin, Kamerafrau, Protagonistin und Editorin von KA·PUTT. Anna Irma Hilfrich lässt sich mit einer Kamera in der Hand von ihrer Mutter die Haare schneiden.
Joachim Schätz findet, dass der Zuschauer mit Haut und Haaren in diesem Film dabei ist und erkennt, dass die Regisseurin zwei Ebenen der Intimität zusammengebracht hat: Zum einen entwickelt sich während des Films ein Gespräch zur eigenen Familiengeschichte, deren Ursprünge auf den Philippinen liegen; parallel dazu findet das intime Ritual des Haareschneidens statt. Der Moderator fragt, wann die Regisseurin sich entschieden habe, aus der Szene einen Film zu schneiden, wenn sieben Jahre nach dem Dreh vergangenen sind. Sie entgegnet, das Material schon damals für interessant empfunden zu haben, allerdings habe sie dann vergessen, das Projekt abzuschließen. Was sie dann bewegte, das alte Material neu zu sichten und zu schneiden, sei ihr aktuelles Interesse an der philippinischen Arbeitsmigration.
Der Moderator erörtert, die Kamera hätte eine Spiegelfunktion, während die Handkameraführung dem bekannten Selfie-Blick gleiche. Eine Zuschauerin äußert später, den Friseurspiegelblick auch sehr genossen zu haben; durch eine bewegte Kamera, die Möglichkeiten für neue Sichtachsen öffnet. Anna Irma Hilfrich habe versucht, sich den Bewegungen und Positionen ihrer Mutter anzupassen und fand dabei das Spiel zwischen zwei Menschen, die unterschiedliche Tätigkeiten durchführen, sehr spannend. Joachim Schätz vergleicht diese Beobachtung mit dem Film ANTON UND ICH von Hans-Dieter Grabe, in dem der Protagonist parallel zur Kameraarbeit seine Arbeit am Bauernhof verfolgt.
Das Gespräch wird ins Publikum geöffnet und Werner Ružička möchte wissen, wie die Filmemacherin ihre eigene Veränderung über die sieben Jahre wahrgenommen hat. Sie erkenne eine Selbstinszenierung und eine vergangene Persönlichkeit, die sich damals noch positionierte und für die Kamera gerade rückte. Hier merkt Joachim Schätz an, Versuche, das Gespräch mit der Mutter am Laufen zu halten, bemerkt zu haben. Vereinzeltes Summen und Kichern fülle zwischenzeitige Stille. Des Weiteren beobachtete er die Zeitlichkeit am Spleiß der Haarspitzen und suggeriert, die beiden befänden sich in einer seltenen Zusammenkunft. Sie hätten sich tatsächlich länger nicht gesehen, fügt Anna Irma Hilfrich hinzu.
Eine Zuschauerin legt den Fokus auf die spezielle Mutter-Tochter-Beziehung, mit der sie sich gut identifizieren konnte. Sie verweist auf eine Szene, in der die großen braunen Augen der Regisseurin und Protagonistin groß im Bild stehen und für sie die Verschmitztheit einer Tochter widerspiegeln. Dieser Moment erzähle viel über die Beziehung der beiden. Anna Irma Hilfrich addiert, dass der Film aus drei Figuren bestehe: Mutter, Tochter und Filmemacherin. Ihr sei es wichtig gewesen, diese unterschiedlichen Charaktere zu zeigen. Auf der einen Seite sehe man das Pflegen eines Kopfes und auf der anderen die kindliche Verweigerung der Tochter. Diese Stimmungen gingen manchmal aneinander vorbei, sagt die Filmemacherin. Außerdem transportiere der Film zwei Geschichten: die der Mutter-Kind-Beziehung und die persönliche Migrationsgeschichte der Mutter. In beiden Ebenen lag ihr der Fokus auf der Mutter sehr am Herzen.
Eine Frage folgt von Serpil Turhan, die sich für die aktuellen Recherchen zum Thema Arbeitsmigration interessiert. Anna Irma Hilfrich erzählt, dass sie vor Ort in den Philippinen recherchieren will, um Hintergründe zu Arbeitsverträgen und das Empfinden der Leute vor Ort rauszufinden. Sie erklärt, dass es üblich sei, das Land zu verlassen, um aus der Ferne Geld nach Hause zu schicken. Dieses „seltsame Arrangement“ interessiere sie sehr.
Der Moderator kommt auf die filmische Entwicklung der Regisseurin zu sprechen und erwähnt ihre Interessenverschiebung vom Animations- zum Dokumentarfilm. Derzeit sei sie sehr an der Arbeit mit Menschen interessiert und möchte Dingen Ausdruck verleihen, die in der Arbeit mit Puppen nicht möglich sind.
Werner Ružička bedankt sich für die Dinge, die er über die philippinische Gesellschaft gelernt hat, und empfindet dies als ein schönes Mitbringsel! Bis zum nächsten Film sind es noch ein paar Minuten und Joachim Schätz schlägt vor, dass sich alle mal die Beine vertreten.