Film

Was du willst
von Bettina Braun
DE 2008 | 42 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 32
06.11.2008

Diskussion
Podium: Bettina Braun
Moderation: Werner Ružička
Protokoll: Torsten Alisch

Synopse

Ali, Kais und Alban, die Protagonisten aus „Was lebst du?“, sind nun in ihren frühen Zwanzigern. Sie fragen sich, was will ich vom Leben? Woher soll das Geld kommen? Ist das mein Weg?

Protokoll

Eine ganze „verlorene“ Generation:

männliche Jugendliche mit Migrationshintergrund.

Ein gesellschaftliches Phänomen.

Ein ARTE-Themenabend im Frühjahr 2009 ist der Auslöser für diesen Film: Die Redakteurinnen Sabine Bubeck-Paaz und Susanne Mertens fragten sehr explizit nach einer 40-minütigen Fortsetzung zum Film WAS LEBST DU? aus dem Jahre 2004. Bettina Braun hatte Vorbehalte, ob dies funktionieren könne, ob sich die Energie bei allen Beteiligten (re-)aktivieren und die „Selbstverständlichkeit“ im Miteinander wieder einstellen würde. Die „Jungs“ hatten kaum noch Kontakt miteinander, aber sehr schnell stellte sich bei den wenigen Begegnungen die alte Nähe wieder her: „die rühren mich an, die beschäftigen mich wieder“, stellte Bettina Braun fest.

Im Gegensatz zu anderen Filmen mit ähnlichem Konzept (ehemalige Protagonisten Jahre später wiederaufzusuchen) wird in WAS DU WILLST nicht das „alte“ Material reflektiert oder verarbeitet. Neue Reflexionsebenen kommen hinzu: Die statements der Mütter, die die Biographie ihrer Söhne bewerten und sanktionieren. Und ehemalige Protagonisten werden durch neue ersetzt: Alis kleiner Bruder Moussa – sowas wie ein Rückblick auf das Lebensalter in WAS LEBST DU? – trägt die Erfahrungen seines älteren Bruders in sich, ist engagiert und geht seine Zukunft deutlich konsequenter und motivierter an. Er hat alle terminlichen Verabredungen eingehalten, während die „Ehemaligen“, wie schon im ersten Film, zu Treffen erst Stunden später oder gar nicht kamen. Manchmal fühlte sich Bettina Braun wie eine Naturfilmerin, die geduldig bereitstand bis die Jungs endlich das elterliche Nest oder das Sonnenstudio verließen.

Der „Migrationshintergrund“ lauert in diesem Film im Hintergrund: Hier geht es um junge Erwachsene, die sich im Wartezustand befinden. Es geht nicht um Integration sondern um Bildung. Sätze wie „Ach, könnte ich nochmal neu anfangen“ sind schnell gesagt, sagen aber nicht viel.

Die Wohnzimmertür in Alis und Mousssas elterlicher Wohnung wird zur Schwelle der westlichen Gesellschaft; wo im Hintergrund, die sich nach Mekka verneigende Mutter, Religion und alte Werte verkörpert, aber an der Wohnungstür die Zukunft beginnt, deren Normen und Wertvorstellungen die Jugendlichen noch nicht kennen. Bei Kais schimmern die konservativen Wertvorstellungen seiner Jugend durch, beginnen aber zu erudieren, da er merkt, dass ihn seine Homophobie in der deutschen Theaterszene nicht allzu weit bringen wird…

Sabine Bubeck-Paaz schildert noch ihre Eindrücke zu diesem Film: Es ist faszinierend, wie die Figuren im Film unglaublich schwingen; das Hadern mit ihrem derzeitigen Leben schillert in ihren Geschichten; die Narration versetzt den Zuschauer in einen Dialog mit den Protagonisten.

Und Werner Ružička* bemerkt, dass dieser Film vaterlos und mädchenlos sei.

* Dieser eine, mit den Haaren, der so im Mittelpunkt vom Raum stand: Fit geblieben! Mach weiter so! Dann siehste auch mit 70 noch so aus! – Ali in 30 ZEITBOMBEN (30 Filmemacher aus 30 Jahren Filmwoche nehmen sich 30 Minuten Zeit), lief zur Eröffnung dieser Diskussion: http://www.duisburger-filmwoche.de/festival06/zeitbomben_bettinabraun.html