Film

Der Weg nach Mekka – Die Reise des Muhammad Asad
von Georg Misch
AT 2008 | 92 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 32
08.11.2008

Diskussion
Podium: Georg Misch
Moderation: Werner Ružička
Protokoll: Sven Ilgner

Synopse

1922 reist Leopold Weiss in den Orient und konvertiert vom Judentum zum Islam. Fortan nennt er sich Muhammad Asad. 2006 spürt Georg Misch dem Erbe des Koranübersetzers, UNO-Botschafters und Mitbegründers Pakistans nach.

Protokoll

Menschen, die denken – die gibt es laut Werner Ruzicka in Duisburg.

Dennoch war ihm der Protagonist des Films, Leopold Weiss (Muhammad Asad) nicht wirklich bekannt. Wie kam es zu dem Film?

Georg Misch kannte Asad noch weniger, nämlich überhaupt nicht. Seine Vorge- schichte als Österreicher jüdischen Glaubens war ihm also auch nicht bewusst. Die Co-Autorin Miriam Ali de Unzaga brachte ihm die Geschichte Asads nah. Während ihres Studiums war sie darauf gestoßen. Zuerst wollte er den Film nicht machen. „Eigentlich mag ich keine Biographien“. Er sah das Projekt als einen „toten Film über einen Toten“. Nach den Anschlägen vom 11. September begann er aber dann, Asads Bücher zu lesen und auf einmal schien ihm unheim- liche Aktualität darin zu stecken.

Es ist ein Film, der sich durch die Gegenwart bewegt. Mit Asad als Reiseführer. Dabei ging es Misch um den speziellen Moment. Als er beispielsweise in der Ukraine recherchierte, reagierte das lokale Fernsehen spontan mit einer Live- Sendung, einer Diskussion zum Thema. Generell arbeitete Misch so. Er ließ Menschen in Situationen zueinander kommen und ließ passieren. Ein bisschen wie im Chemielabor. Vielleicht auch ein wenig Cinema Verité.

Ruzicka lobt die Arbeit deshalb weil das Thema sicher voller „Tretminen“ ist. Wie entstand die Finanzierung?

Eine Zeitung habe geschrieben, der Film sei „aufwendig produziert“. Das hat Misch gefreut, denn sie haben mit kleinem Budget, einer „5000 Euro – Kamera“ und dem Schnittsystem zuhause gearbeitet. Es hätte mehr Geld geben können, vor allem aus Saudi-Arabien! Aber dann wäre immer die Gefahr gewesen, sich einnehmen zu lassen. Selbst wenn man die Unabhängigkeit erhalten hätte, hätte jeder im Abspann eine Konfessionsrichtung als Mitgeldgeber lesen können. Der Vorwurf wäre eventuell nicht mehr abzuwenden gewesen. So hat Misch also, wie er sagt, versucht, „allen Seiten gleichmäßig auf die Füße zu treten.“

Ein weiteres Lob geht an den Kameramann Jörg Burger. Es sind opulente Bil- der, die gleichzeitig ein Gespür dafür aufweisen, wann die Kamera den Moment beenden oder beginnen sollte. Zum Beispiel gibt es die Szene mit dem Kamel. Nachdem ein Beduine beim Aufstieg scheitert und kläglich von dem Tier ab- stürzt, bleibt die Kadrage, bleibt der Moment. Die innerbildliche Montage lässt das Kamel im Hintergrund marschieren während der Beduine im Vordergrund murmelnd in der Landschaft steht.

Das ist einer von diesen Momenten. Wie entsteht das? Misch erzählt, dass sie gerade dafür sehr viel Recherchearbeit hinter sich hatten. Es gab unzählige Tele- fonate und viel Organisation. Man wollte mit den Kamelen an die Grenze, auf Pilgerreise. Doch dann kannte das Kamel das Drehbuch nicht. Das Lachen soll uns im Halse stecken bleiben. Die grundsätzliche Situation ist ja auch schon ab- surd. Ein Nomadenvolk, eingesperrt hinter Mauern.

Eine Diskutantin kritisiert, dass nur drei Frauen in diesem Film zu Wort kom- men. Liegt das in der Natur der Sache oder in der Natur des Filmemachers? Weder noch. Misch verteidigt die Aufteilung, generell sei auch die Situation der Frauen in diesem Film sehr gut. Die Art und Weise wie etwa von dem ehemali- gen saudischen Ölminister über Frauenrechte gesprochen würde, sei überra- schend aufgeklärt und keineswegs alltäglich. Das Material mit der Ehefrau von Asad gibt es, dennoch sollte es später nicht im Film sein. Sie war schon sehr alt, vor einem Jahr verstarb sie.

Ein Diskutant bezeichnet den Film als „pro-islamisch“. Misch will das nicht stehen lassen, er erzählt Anekdoten von guten Kritiken des Films. Etwa die ei- nes jüdischen Zuschauers, der nach der Sichtung des Films eine kostenlose he- bräische Übersetzung anbot. Oder die des palästinensischen Flüchtlings und der jüdischen Rentnerin, die in Toronto eine Stunde lang auf der Straße sehr ge- pflegt aber intensiv über den Film diskutierten. Den Filmemacher besorgt es, dass er noch keine negativen Reaktionen auf diesen Film erfahren hat. Werner Ruzicka findet das „kokett“ von dem Österreicher.

Ein Diskutant kann seine Kritik an dem Film nicht richtig artikulieren, etwas habe ihm gefehlt. Er sei nicht wirklich mit auf die Reise von Asad genommen worden. Der Filmemacher kann da leider auch nicht helfen. Wenn er nicht wüsste, was ihm fehlt, dann wüsste er selber das auch nicht. Die beiden können sich fast einigen, als der Begriff des „Umspielens“ fällt. Der Film umspielt Mu- hammad Asad, Wie man die Spielfreude bewertet, bleibt einem selbst überlas- sen. Einige Redebeiträge loben die politische Kraft, die der Film freisetzen kann. Auch die Koranübersetzungen und der Brief der 138 islamischen Würden- träger an den Papst werden angesprochen. Etwas „blöd“ findet Ruzicka seine eigene Kritik/Frage bezüglich des Titels. Auf Englisch „A Road To Mekka“ heißt der Film im Deutschen „Der Weg nach Mekka“. Der Grund dafür ist we- niger künstlerisch, sondern liegt an der ungeklärten Situation der Urheberrechte. Es ist eine friedliche Begründung. Es ist auch ein friedlicher Film. Versöhnlich endet die 32. Duisburger Filmwoche. Man freut sich auf ein Wiedersehen!