Synopse
Tiefes Tal. Tiefer Schnee. Die Filmemacherin zurück in ihrer Heimat. Aber nur zu Besuch, denn nach kurzer Zeit drohen die Berge sie immer zu erschlagen. Gespräche mit Ortsansässigen und Familienmitgliedern. Warum ergeht es ihnen anscheinend anders? Alles nur Gewohnheit oder echte Dorftreue? Und die entscheidende Frage an die Schwester: Bist Du glücklich?
Protokoll
Werner Dütsch findet im Laufe seiner Einleitung über die zahlreichen Umkehrungen im Film, die Brüche und Dementis, die dann in Summe allerdings erst keine Definition von Heimat ergeben, den Begriff schlussendlich auflösen, zur unerwarteten Einstiegsfrage: Hat es mehr Material gegeben? Wie kam es zu der knappen Form?
Die Radioszene in Fischbachers Abschlussfilm wird bald zum ersten Punkt der Diskussion. Der Moderator Toni Brunner ist in der Schweiz als tendenziell xenophober, konservativer Jungparlamentarier allgemein bekannt. Einige Schweizer Diskussionsteilnehmer, die anhand dieses Vorwissens durchaus einen kleinen Vorsprung gegenüber dem Rest der Welt genießen, formulieren ihre Rezeption des Filmes. Dabei entlarven sie einzelne (ausschließlich?) schweizer Unstimmigkeiten im Umfeld diverser gelebter Traditionen, welche auch über die im Film gezeigten Volksbräuche hinausgehen.
Die Diskussion landet dann doch noch beim Heimatbegriff. Martina Fischbacher war es wichtig, ihre Vertrautheit mit den lokalen Traditionen zu zeigen, sowie ihr Interesse für die Menschen im Ort, obwohl diese sie „auf die Palme bringen.“ Ihre Schwester war für sie am schwierigsten zu filmen.
Die Regisseurin wollte unbedingt den Zeigefinger im Film vermeiden und sparte somit diejenigen aus, die im Ort schlechte Atmosphäre machen. Es ist natürlich gut, wenn man als Zuseher trotzdem spürt, dass die da sind. Ulrich Schaffner führt als Beispiel an, dass nach der Szene mit dem Gesang in der Stube die Züricherin erzählt, wie ihre Kinder im Dorf vom Almabtrieb ausgeschlossen wurden. Ein Kontrapunkt zu den (er zögert) ethnologischen Bildern.
Nachdem er vorher wieder einmal gelbe Hosen auf der Leinwand anschauen musste, vermisst Fred Truniger (auch Ostschweiz), dass man im Film sieht, dass das Toggenburg nicht nur komplettes Hinterland ist, dass „da oben“ doch auch viel Neues entsteht.
Zum Ende der bündigen, für die Nicht-Schweizer Minderheit im Raum sogar lehrreichen Diskussion am Vormittag erinnert, Werner Ruzicka daran, dass Sonnenhalb nur 27 Minuten dauert. Der Film behandelt in der kurzen Zeit den Heimatbegriff („ziemlich perforiert“) in seiner Widersprüchlichkeit sehr treffend. Momente, in denen Heimat als Idylle begriffen wird, stehen im Gegensatz zur Sehnsucht nach dem Meer und dem Wunsch der Cousine, aus der Schweiz auszuwandern. Bei aller Folklore im Film sieht man auch, dass Singen Spaß machen kann. Dabei macht der Film das Verlangen nach sozialer Harmonie spürbar. Und die demographische Thematik der Wohnungsnot einer kinderreichen Familie in der Stadt findet Ruzicka auch jenseits der Schweiz interessant.