Film

Il Palazzo
von Katharina Copony
DE/AT 2006 | 45 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 30
07.11.2006

Diskussion
Podium: Katharina Copony
Moderation: Margarete Fuchs
Protokoll: Nina Selig

Synopse

1000 Meter Beton an der südwestlichen Peripherie von Rom. 8000 Menschen leben in Corviale, einer monumentalen Wohnbau-Utopie aus den frühen 80er Jahren. Dabei wurde der viel besungene Meereswind Ponentino von der Innenstadt abgeschnitten. Im stadtgleichen Raumschiff gibt es alles, was die Bewohner zum (Über)leben brauchen. Nur für seine Zigaretten muss man den Planeten verlassen.

Protokoll

Katharina Copony ist durch einen Architekturführer auf Corviale gestoßen. Sie war fasziniert von diesem ruinenartigen Objekt, das mitten in der peripheren Landschaft Roms steht und trotz seiner 8000 Bewohner gespenstisch leer erscheint. Einer der größten Sozialbauten Europas in der Stadt der Monumente.

In ihrem visuellen Konzept ist Copony von der Statik des Gebäudes beeinflusst worden, sie hat fast nur in Totalen gefilmt. Durch den aus dem Off gesprochenen collageartigen Text wollte sie dem Haus eine Stimme geben, es erzählen lassen.

Der Film hat eine leitende Figur, den älteren Mann, der zu Beginn die Tauben füttert. Für die Regisseurin ist er die Seele des Hauses. Er verbindet Natur mit Architektur, das Außen des Hauses mit dem Innen. Seine Biografie, untermalt von der Diashow in seiner Wohnung, erzählt auch die Geschichte des Hauses.

Copony wollte eigentlich mit der Figur seiner Frau durch den Film führen, diese hatte allerdings vor Drehbeginn einen Unfall. Mit der Umstellung wurde das Konzept auch weniger persönlich gestaltet. Der ältere Mann wird z.B. selten so gefilmt, dass seine Gesichtszüge zu erkennen wären. Er kann so zu der oben beschriebenen Symbolfigur werden.

Fred Truniger merkt an, dass er wenige Problemstellen des Hauses im Film erkennt, das Gebäude werde für ihn zu harmlos dargestellt. Katharina Copony widerspricht dem. Sie weist darauf hin, dass die Probleme sehr sichtbar sind, z.B. in den abgebrannten Autos vor dem Supermarkt oder der Entstehungsgeschichte des Seniorenzentrums. Letztere birgt große Widersprüche, denn das inzwischen gut besuchte Seniorenzentrum beherbergte zuvor ein Heim für Alkoholiker, das in einem Ausbruch von Gewalt von den Bewohnern Corviales geräumt wurde.

Die Regisseurin wollte dem Gebäude weniger in seiner Monstrosität begegnen als vielmehr die Inseln zeigen, die sich die Bewohner im Laufe der Jahre geschaffen haben. „Das Monster“, wie Corviale im Volksmund genannt wird, begreift sie eher in der weniger negativ behafteten Betitelung durch Johannes Paul II, der anlässlich seines Besuches von einem „Erzgebäude“ sprach. Eine Diskutantin aus dem Publikum bemerkt, dass in Coponys Film auch die Architektur zu ihrem Recht komme und es der Regisseurin gelungen sei, Corviale fast wie eine verwunschene Festung zu zeigen.