Film

Die Unzerbrechlichen
von Dominik Wessely
DE 2006 | 92 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 30
11.11.2006

Diskussion
Podium: Dominik Wessely, Michael Jungfleisch (Produzent), Grischa Schmitz (Kamera)
Moderation: Werner Dütsch
Protokoll: Aycha Riffi

Synopse

Handarbeit, Tradition, Qualität seit 1836: die Kristallglasmanufaktur Theresienthal. 2001 ist die Glashütte insolvent, die Glasmacher arbeitslos. Nach 2 Jahren will eine Stiftung die Marke „relaunchen“ und dabei ein unternehmerisches Exempel statuieren. Kein leichtes Unterfangen, wie sich beim Zusammenprall der wortgewandten Manager und Stilexperten mit den einsilbigen Glasarbeitern zeigt. 

Protokoll

Im Juli 2003 erfuhr Dominik Wessely von der Idee, die Glashütte Theresienthal wieder in Betrieb zu nehmen. Christoph Glaser von der Eberhard von Kuenheim Stiftung hatte bereits den ersten Kontakt mit ehemaligen Arbeitern aufgenommen; fortan war Wessely bei dem Projekt dabei. Keiner der Beteiligten konnte voraussehen, ob das Unternehmen erfolgreich sein würde, und so lief auch das Filmteam Gefahr, eine „Filmruine“ zu produzieren.

Werner Dütsch beginnt die Diskussion mit dem Verweis auf den Nachspann, der eine endlose Firmenliste (knapp 60 Nennungen) enthält. Im Film aber erfahren wir nur von weniger beteiligten Firmen. Je länger das Projekt lief, erklärt Wessely, desto mehr Firmen konnten für das Projekt gewonnen werden. Auch dies war eine Herausforderung des Erzählens: Durch die Menge der Informationen und beteiligten Menschen „eine Schneise zu schlagen“ und den Zuschauer nicht zu überfordern. Am Ende der Dreharbeiten gab es schließlich ca. 240 Stunden Filmmaterial, die es zu bearbeiten galt. Allein das Gespräch mit dem Insolvenzverwalter über den Kaufpreis dauerte vier Stunden, die dann auf sieben Filmminuten gekürzt wurden. Im Film werden dadurch nicht alle verhandelten Dinge benannt, es werden keine Zahlen erwähnt, doch durch die daran anschließende Szene mit dem Betriebsleiter erfährt man vom zufriedenstellenden Ergebnis des Arbeitsgesprächs.

Die Unzerbrechlichen zeigt zwei Kategorien von Arbeit: Da sind die Handwerker, die „archaische Arbeitswelt“, die immer seltener wird. Während des Projekts gab es eine lange Phase in der nichts hergestellt wurde und die daraus entstehende Frage der Beteiligten: Können die das noch? Die Szenen der Glasherstellung sollen dann gerade diese Arbeit filmisch feiern. Obwohl, so wird aus dem Publikum bemerkt, von den Handwerkern im Film nicht allzu viel zu sehen ist. Der Betriebsleiter Max Hannes steht für Wessely quasi als Stellvertreter für die Arbeiter. Da der Film das gesamte Projekt im Blick hatte, war eine Reduzierung nötig. Der Beitrag der Handwerker ist zwar essentiell, aber, so Wessely, nur ein kleiner Teil, denn heute braucht es Markstrategien. Dies ist die andere Kategorie von Arbeit: übernommen von der Stiftung und den dazugeholten „Experten“.

„Tu Gutes und sprich darüber“, sagt Michael Jungfleisch über die Intention der Personen und Firmen, die sich „pro bono“ am Projekt beteiligt haben. Die Intention der Stiftung ist nicht nur diese eine Firma aufzubauen, beschreibt Dominik Wessely, sondern es geht darum, ein Modell(-versuch) zu starten. Die Ökonomie wird durch Geld aus der Wirtschaft gerettet, so ergänzt Werner Dütsch das Modell.

Die filmische Umsetzung empfindet eine Diskutantin, besonders wegen des Einsatzes von Textbalken und Musik wie einen Wirtschaftsmagazinbeitrag. Über die Grafik kann man diskutieren, so Wessely, doch es ging den Autoren um die Vermittlung von Informationen, die über Texttafeln nicht funktioniert habe. Diese Informationen sollen dem Zuschauer gegeben werden, während das Bild weiterläuft; dies ist auch eine pragmatische Entscheidung. Dem weiteren Einwand, dass der Film wie ein Werbefilm wirkt, wird vom Podium aus widersprochen: Wir sind im Dokumentarfilm kein Happy End gewohnt, kontert Wessely. Michael Jungfleisch ergänzt, dass der Film einen chronologischen Weg über zwei bis drei Jahre verfolgt und es momentan ein positives Zwischenergebnis gibt. Wie „die Reise“ ein Jahr später aussieht, müsste man nachfragen, denn der Prozess geht weiter, und es gibt schließlich keine Bestandsgarantie für das Unternehmen.

Vielleicht machen die narrative Geschlossenheit, die Ausrichtung auf die Figuren, die ja auch gut funktioniert, und der erzählerische Spannungsbogen es so schwierig sich als Zuschauer zu positionieren, merkt eine Diskutantin an. Auf diese Kritik entgegnet Werner Dütsch, dass der Film nicht geschlossen sei, denn es gebe ja Brüche und Ellipsen. Dominik Wessely argumentiert mit der Fülle des Materials, die es in bestimmte chronologische und logische Einheiten zu ordnen galt.

Die Unzerbrechlichen ist eine „gut ausgehende Geschichte mit einem Helden aus dem Bayerischen Wald“, so Werner Dütsch, der aus Zeitmangel die Diskussion an dieser Stelle abbrechen musste.

Der Film kommt in die Kinos. Das Buch zum Film ist im Handel erhältlich.