Synopse
„Alles, was eine Handtasche hatte, war für mich total unter aller Sau“ (Inga Humpe). Stimmen aus dem Off zu einer Collage aus über 400 Fotografien von Dachböden und Kellern. Damals besaß kaum jemand eine Filmkamera. Gespräche mit Protagonisten des Punk und Wave in ungewöhnlichen Situationen – erfüllt vom Rauschen einer explosiven Bewegung und ihrer Auswirkungen auf ein finsteres Deutschland Ende der 70er.
Protokoll
Alles, was im Museum hängt, ist Kunst – was auf der Duisburger Filmwoche läuft, ist Dokumentarfilm, so Vrääth Öhners Definition, um nicht darüber reden zu müssen, ob Verschwende deine Jugend.doc vielleicht gar kein Film sei.
Verschwende deine Jugend.doc ist eine Computer- Präsentation, entstanden, um bei Buchpräsentationen nicht REDEN zu müssen.
Ein No Budget-Projekt aus dem „punkigen“ Gedanken: LESUNGEN SIND SCHEISSE!
Um Copyrights nicht gekümmert (Musikrechte? Was ist das?) und gemacht aus der Überzeugung, dass die Protagonisten dieses Projekt GUT finden.
Das ganze Werk ist aktuell nur mittels Laptop vorführbar. Die Präsentationssoftware liefert keine Videodaten, die auf DVD oder ein anderes filmisches Medium kopiert werden könnten. Teipel hofft, das sich noch eine Lösung findet.
© ???
Nicht alle Protagonisten waren einverstanden:
– Campino fühlt sich im Buch schlecht dargestellt (und wollte deshalb nicht in den Film).
– Andreas Dorau möchte das Foto mit ihm und den jungen Mädchen im Bett eigentlich nicht mehr im Film haben.
– Die DAF-Musikrechte sind nicht geklärt und mehrere Minuten muss es stumm bleiben.
Geplant als Ergänzung zum Buch (aber eben kein „Hörbuch“): Zeigen, WIE die Protagonisten ERZÄHLEN. Ein Zuschauer ist froh, das er die alten Bilder sieht – und nicht die heutigen ALTEN Protagonisten, die von ihrer Jugend schwärmen: Schuhkartons voll Schnappschüssen und O-Tönen, unbewusst aufgenommen an ähnlichen Orten (da wo’s laut war). Die Intonation, die den abgetippten Interview-Texten fehlt, und die Hintergrundgeräusche bilden den Subtext des Films: Das Dröhnen einer Bewegung, die physisch nachvollziehbar wird. Inhalt & Form verschmelzen in Verschwende deine Jugend.doc zu einer Geschichte des Punks in Deutschland, in 90 Minuten „catchy“ erzählen (Teipel).
Film / Archivmaterial / Super8 / Video
Zur Ausstellung 2002 „Zurück zum Beton“ hatte Teipel etwa zehn Filme aufgetrieben: hauptsächlich schlecht inszeniert, kaum dokumentarisch. Teipel will mit dem arbeiten, was die Protagonisten ihm gegeben haben (Töne, Sätze, Fotografien) – das „punkige“ do- it-yourself-Verfahren ohne jegliches Budget – und v.a. mit dem, was sie ihm gern gegeben / als Geschenk mitgegeben haben.
Welche Verwertungsstrategie hinter dem Buch steckt und wie viel der Autor verdient hat, will eine Zuschauerin wissen.
Eine „Strategie“ gab’s gar nicht, sagt Teipel, und es hagelte erstmal Absagen von 15 Verlagen mit dem Tenor „was soll denn dieser alte Scheiß?“
In einem ZEIT-Artikel beschreibt Diedrich Diedrichsen die Differenz zwischen Buch (wo die Persönlichkeiten sehr im Vordergrund stehen) und Film (wo es eher um thematische Gliederungen, musikalische Ideen und gesellschaftliche Konzepte geht). Teipel geht es im Film um „eine“ Story, um Zusammenhänge, damit dies auch für Leute, die von Punk in Deutschland nichts wissen, verständlich wird.
Vrääth Öhner lobt Teipels Werk als „stringent narrativ“: Warum hat das so gut funktioniert? Nach drei Jahren Arbeit am Buch hatte Teipel „die Story total im Kopf“ und den Film so zusammengebastelt, wie er es am „einleuchtendsten“ empfand. Andere loben die gewinnbringenden Querbezüge zu RAF und „Glam Rock“, die hier kompakt vorgeführt werden, und die Kraft, die sich aus der Beschränkung (nur Fotos & O-Töne) ergibt.
Punk heute? Spätfolgen?
Die heutigen Punks haben mit den ursprünglichen nichts mehr gemein. Einige Leute wie Alfred Hilsberg sind immer noch in der Musikszene (im Hintergrund) aktiv oder haben wie Jäki Eldorado den deutschen HipHop mitinitiiert. Teipels nächstes Projekt wird sich um die Techno-Szene drehen (eher als Liebesroman), und auch hier finden sich Spätfolgen dieser ersten deutschsprachigen Popkultur: Wichtige DJs berufen sich auf DAF.
Zuschauer wünschen sich ihren Film:
– Ich will die Jungs auch mal in Bewegung sehen. (Jemand, der etwas will, was es nicht gibt).
– Ich sitze jetzt seit zwei Jahren im Schneideraum und habe mich mit Inhalt und Form beschäftigt. Man soll keinen Film machen ohne bewegte Bilder. Ich habe mich gequält. (Jemand, der ein Punk-Konzert wohl am liebsten mit Sessel und Dolby-5.1-Surround-Kopfhörern besucht hätte).