Synopse
Berglandschaft, Himmel, Wolken, Sonne, Alpenkitsch. Ein Filmemacher, aufgewachsen vor der Kulisse der Dolomiten, kehrt zurück zu Berg und Bildern seiner Kindheit, erzählt von seiner persönlichen Geschichte mit dem Berg-Gegenüber. Und von seiner lebenslangen Konfrontation mit den Bildern vom Berg. Ein Versuch, durch die Postkarten-Motive zu sehen.
Protokoll
„eher so Berge“
Zu Beginn verweist Vrääht Öhner auf Andreas Pichlers Filme „Mirabella / Sindelfingen“ und „Call me Babylon“, die beide in Duisburg gezeigt wurden, und in denen die Erfahrungen von Migration und damit im weitesten Sinne auch von Heimat thematisiert wurden. Auch Pichler sieht da eine Linie, obwohl die Idee zu diesem Film lange vor „Mirabella“ entstand. Erst durch die Initiative des Produzenten wurde jetzt aus der Idee ein Film. Für Pichler ist „Meine drei Zinnen“ eine neue filmische Erfahrung. So verwendete er zum ersten Mal einen eigenen Text für diesen „extrem subjektiven“ Film.
Die Berge als Kulisse oder Kapital?
Die Grundidee war eine Kombination zu finden, zwischen dem Ur-Topos, der Berge als Bühne und der eigenen Familiengeschichte am Fuße der Dolomiten. Die frühere Rebellion gegen die Berge war eigentlich immer nur eine Rebellion gegen das Bild der Berge, entdeckte Pichler für sich. Er mag den Ort, liebt die Berge („Eine tolle Erlebniswelt für Kinder“); sein Verhältnis zur Region ist bei weitem nicht nur Ablehnung. Doch es war nicht sein Anliegen, die Gegend heute zu zeigen. Denn auch wenn sich die Gegend verändert hat, sind die Bilder – die heile Bergwelt – doch die selben geblieben: „Es gibt kein anderes Bild der Berge.“ Pichlers Strategie war es, die Berge weiterhin als Kulisse und Projektionsfläche zu benutzen und darin oder ‚darauf’ seine eigene Geschichte zu erzählen. Die Antwort heißt: Noch mehr Projektion.
Im Publikum gibt es dazu Einwände. Dass es keine Gegenbilder gibt, dem wird vehement widersprochen. Die Berge sind nicht nur Kulisse, sondern auch Kapital. Die Bilderauswahl Pichlers wird in Frage gestellt und warum er nicht darüber spricht, dass die Täler aussterben und die Bergwelt verloren geht, wie es beispielsweise in der Schweiz diskutiert wird? „Ist es nicht der Weg des geringsten Widerstands“, fragt ein Diskussionsteilnehmer, „die Geschichte so zu erzählen, obwohl man eigentlich eine andere erzählen müsste?“.
Pichler glaubt hingegen, dass die Diskussionen in der Schweiz viel weiter sind, als in seiner Heimat, wo die Menschen viel stärker mit der Idylle der Bilder verhaftet sind. Dass die Welt dort ausstirbt, ist (noch) kein Thema, weil der Tourismus so massiv ist. Man könnte natürlich einen Film, über den Stand der Dinge heute machen, sagt Pichler weiter, aber das wäre eben ein anderer Film.
Vrääht Öhner findet die Debatte bereits im Film angelegt. Beispielsweise in der Sequenz, in der die Straßen in die Landschaft ‚reingelegt’ werden. Das zeigt doch die Veränderungen. Aber auch dies wird von einer Diskutantin als zu leichtfertig betrachtet. Der Aspekt, den sie total vermisst, ist, dass die Berge ja auch positives Kapital sind. Ob Andreas Pichler die Veränderungen der Region und ihre Nutzung weit genug und kritisch bedachte, darüber kann man sich in dieser Debatte nicht einigen.
Am Ende wird noch die Frage gestellt, was für Pichler denn das Korrumpierte ist, weil er in seinem Film davon spricht, dass der Tourismus alles korrumpiert hat. Er formuliert ein Negativbild, wenn draußen vor der Tür, die Tradition liegt (das Bild der Idylle) und drinnen, die Technik ist. Unkorrumpiert wäre dann, wo die Leute nicht weiter auf ihr eigenes Selbstbild achten. Aber, so sagt er abschließend, er weiß selber, dass der Begriff sehr heikel ist.