Film

ID Swiss
von Kamal Musale, Wageh George, Christian Davi, Fulvio Bernasconi, Nadia Fares, Stina Werenfels, Thomas Thümena
CH 1999 | 90 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 23
02.11.1999

Diskussion
Podium: Stina Werenfels, Thomas Thürmena, Christian Davi, Werner Schweizer (Idee, Konzept, Produktion)
Moderation: Elisabeth Büttner
Protokoll: Heimo Schirgi

Synopse

Idee und Identität der Schweiz: Um diese zentralen Begriffe gruppieren sich die sieben Episoden von ‚ID Swiss‘. Sie erzählen vom Kochen, vom Fußball, vom Anderssein. Und: Ist in der Schweiz ein Bürgerkrieg denkbar?

Protokoll

Zur Diskussion stand ID Swiss. Ein Projekt bestehend aus sieben Kurzfilmen, die sich subjektiv mit Identität, deren Findung und Stiftung auseinandersetzen. Es konnten nur drei Einzelteile diskutiert werden, da die restlichen AutorInnen nicht anwesend waren.

produktion.

Elisabeth Büttner spricht über den Förderungsmodus, der ein Interesse von offizieller Seite bekunde, der schweizer Identität nachzustellen. Werner Schweizer betont, daß es immer wieder ähnliche Projektförderungen gebe. Ein Wettbewerb mit 70 Einreichungen sei ausgeschrieben worden, von denen dann zwei die Chance erhielten, realisiert zu werden. Junge FilmemacherInnen seien kontaktiert worden, um persönlich gefärbte Konzepte zu entwickeln, die in irgendeiner Form zusammengefügt werden sollten, so der Grundgedanke. Dazu aber später. Im Anschluß wurden die einzelnen Kurzfilme der anwesenden AutorInnen besprochen.

making of a jew.

Stina Werenfels erzählt, sie habe sich lange gewehrt, den Film zu machen, da das Thema für sie schon abgeschlossen sei. Sie habe versucht, Kriterien der Zusammengehörigkeit zu untersuchen. Die jüdische Kultur eigne sich ob ihrer Komplexität besonders gut dazu. In Israel sei die Frage nach Identität, Herkunft und Religionsbekenntnis eine aktuelle und häufig gestellte.

röstigraben.

Inwiefern sei dieser Teil Science Fiction, will Elisabeth Büttner wissen. Thomas Thürmena betont, er habe keinen persönlichen Film machen wollen. Seine Ursprungsaufgabe sei gewesen, die deutschschweizer Komponente im Gesamtprojekt zu liefern. Die Situation im Militär habe ihn interessiert, weil sie Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen in Gegebenheiten hineinwirft, mit denen sie fertigzuwerden haben.

home alone.

Christian Davys Ansatzpunkt sei gewesen, Parallelen zwischen interkulturellen Barrieren und der Ausgrenzung alter Menschen zu zeigen. Die Altersträume seien interessanterweise in jeder Kultur sehr ähnlich. Ghettoisierung und die Institutionalisierung von ‚Problemfällen‘, um diese besser verwalten zu können, seien interessante Phänomene. Die Ausgrenzung funktioniere auf ähnlicher Basis, durch Isolation und Bezugsverlust.

rahmen.

Zum Rahmen des Filmes , der Verbindung der Einzelteile, wird Kritik laut. Zu didaktisch seien die Statistiken mit dem voice-over. Werner Schweizer kontert, daß verschiedene Varianten von kompleter Verwebung des Materials bis zur völligen Eigenständigkeit ausprobiert worden seien. Die Verwebung sei auch von den FilmemacherInnen nicht gewünscht gewesen, da sie zur Zerstückelung der jeweiligen Spannungs- und Erzählbögen geführt hätten. Werner Ruzicka merkt an, daß die einzelnen Teile trotzdem verwoben seien. Thematische und inhaltliche Rekurrenzen hätten komplexe innere Zusammenhänge ergeben. Diese „innere Montage“ werde aber durch die didaktiktschen Momente gestört. Schweizer meint, es sei keine Didaktik geplant gewesen („mußt die Zahlen nicht auswendig lernen“). Die Zahlen habe er interessant gefunden, als Ergänzung. Er habe auf eine andere Realität, eine Realität der Zeichen hinweisen wollen. Stina Werenfels meint, sie habe sich im Umfeld von Zahlen wohlgefühlt. Ein wichtiger Kontext sei hergestellt worden.

Aus dem Publikum kommt heftige Kritik: die Klammer könnte man ja als Bild für die Schweiz sehen, wo individuelle Geschichten/Identitäten mit Hilfe von offiziellen Datenmaterial zusammengedrängt würden. Der Film als Schweiz in Bildern? Schweizer meint, es gebe tausend Möglichkeiten. Man hätte ja auch Zitate schweizer Schriftsteller benützen können, habe sich aber zusammen mit den AutorInnen auf diese lose Verknüpfungsweise festgelegt. Er betont abermals, daß Didaktik und das gefährliche Jonglieren mit Zahlen nicht Intention gewesen seien.

Weitere Kritik folgt. Ein Zuseher zeigte sich ob des Niveaus, auf das das Thema Identität herabgehandelt worden sei, betrübt. Das wäre ähnlich wie in dem Teil des Filmes, der von Fußball handelt und der Autor am Schluß meint, er interessiere sich eigentlich ja mehr für Basketball. Warum nicht gleich über Basketball reden? Stina Werenfels kontert, sie habe das Projekt als Herausforderung gesehen, etwas sehr difuses zu umkreisen. Im Schneideraum sei dann auch heftig über die endgültige Form debatiert worden. Es sei kein einfacher, glatter Prozeß gewesen. Dies hat man auch bei der Diskussion gespürt.