Film

Elf Freunde
von Miklós Gimes, Michele Andreoli
CH 1998 | 52 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 22
1998

Diskussion
Podium: ?
Moderation: ?
Protokoll: Judith Keilbach

Protokoll

Die Diskussion um den Film Elf Freunde gestaltete sich äußerst zäh. Die Fragen und Spekulationen kreisten letztendlich darum, ob die befragten Fußballer nun die ganze Wahrheit gesagt haben oder wie sie ihnen zu entlocken gewesen wäre.

Beiträge, mit denen die Diskussion auf Fragen der Identitätskonstruktion hätte gelenkt werden können, gingen leider unter. Warum, bitteschön, muß die ʻethnischeʼ Differenzierung eigentlich immer wieder reproduziert werden? Warum ist es zu begrüßen, wenn die Fußballer gezwungen werden, “Stellung zu beziehen” (und damit in Duisburg quasi ein weiteres Mal in den Krieg geschickt werden)? Über hybride Identitäten wurde jedenfalls nicht diskutiert – und das, obwohl der Film Anlaß dazu geboten hätte. Immerhin, so eine der untergegangenen Bemerkungen, die wenigstens im Protokoll aufgegriffen werden soll, würde sich ein “babylonisches Sprachgewirr” entfallten: die ehemals jugoslawischen Nationalspieler sprechen in den Interviews neben ihrer Muttersprache deutsch, französisch, italienisch, spanisch. Und auch die Möglichkeit zum Identitätswechsel werde angedeutet: die Positionsbestimmung mit Blick auf die Landkarte bestimmt die nationale Zugehörigkeit – so kann man vom Jugoslawen zum Kroaten werden, genauso wie zum Italiener oder Spanier.

Also, zur ganzen Wahrheit (was ist das? warum nach ihr suchen?): vielleicht hätte man andere Fragen stellen sollen – vielleicht auch nicht, denn in den Aussagen sei alles drin. Vielleicht hätte man über Fragen zum Sport an die Fußballer ʻrankommen können‘ – vielleicht auch nicht, denn da könnten sie ihre stereotypen Sätze abspuhlen. Die sportlichen Ambitionen der Spieler bestimmten ganz deutlich ihre Aussagen: wer noch was werden wolle, halte sich politisch zurück. Außerdem befänden sie sich in einer doppelten Loyalität. Die Sportler seien konfliktscheu. Und schließlich würden sich Fußballspieler bekannterweise prinzipiell schwer tun, Verantwortung zu übernehmen.

Die Musik wurde als zu emotionalisierend empfunden, auch die Bilder der zerstörten Städte seien nicht angemessen gewesen (???). Und im Titel habe das Fragezeichen gefehlt (Elf Freunde?).

“Was kann man machen?” war im Film immer wieder und in verschiedensten Sprachen zu hören, oder: “Es ist, wie es ist”. Diese Sätze scheinen zentral zu werden in der Beschreibung des “Falls Jugoslawien(s)” – in Das Jahr nach Dayton sind sie ebenfalls aus dem Munde von Betroffenen zu hören.

Auch zur Diskussion bleibt nichts weiter zu sagen.