Film

Die Geschichte von Katharina
von Armin Maiwald
DE 1996 | 31 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 21
14.11.1997

Diskussion
Podium: Armin Maiwald, Renate Hermann (Schnitt), Dieter Saldecki (Redaktion)
Moderation: Werner Schweizer
Protokoll: Christian Steinhauer

Protokoll

Kann man über den Tod eines schwerkranken Mädchens eine „Lach- und Sachgeschichte“ für Kinder machen? In Duisburg diskutierten jedenfalls Erwachsene über DIE GESCHICHTE VON KATHARINA, eine Dokumentation im Rahmen der SENDUNG MIT DER MAUS über Tod und Leben eines siebenjährigen Mädchens.

Dieter Saldecki gab zunächst Auskunft über die Vorgeschichte der Produktion und über Schwierigkeiten und Voraussetzungen, eine dergestalt sensible Problematik für Kinder aufzubereiten. Zufällig sei man auf den Brief von Katharinas Großmutter gestoßen und allmählich, nach vielen Gesprächen mit Armin Maiwald, nach dem Kennenlernen von Katharinas Eltern und der Erkenntnis, daß Katharina selbst diesen Film gewollt hätte, habe man sich entschlossen, das Projekt zu „versuchen“. Weitere wichtige Voraussetzungen, so betonten Maiwald und Saldecki mehrfach, waren der Schutz der Eltern vor der Presse, deren Genehmigung von Sendeterminen sowie die stete Rückversicherung bei den Eltern im Hinblick auf die Entstehung der Dokumentation (v.a. bei der Verwendung des ‘intimen’ Orginalmaterials). Eine solche Arbeitsweise sei beim WDR noch möglich, so Saldecki.

Eine erste Geschichte von Katharina im Stil einer 0-Ton Geschichte, noch ohne das Videomaterial des Vaters, sei dann zu einem traurigen Film für Erwachsene über den Tod geraten. Da aber Katharinas Leben, ihre Vitalität und Fröhlichkeit, sowie die Fortschritte in ihrer Entwicklung die herausragenden Eindrücke ausmachten, haben sich Saldecki und Maiwald zu einer Version mit dem Orginalmaterial entschlossen, in der die Thematik des Todes zwar bestehen bleibt (und gleich zu Beginn genannt wird), aber vor der Lebendigkeit Katharinas zurücktrete, bzw. immer an die Größe des Lebens angebunden bleibe. Trotz der begrenzten Sendezeit von einer halben Stunde sei es v. a. das Verdienst der Cutterin Renate Hermann, daß Katharinas Leben in der Mischung von Orginalmaterial, Interviews und den eingeschalteten ‘Mausclips’ nicht „ kaputtgeschnitten“ wurde.

So lobte denn Werner Schweizer die GESCHICHTE VON KATHARINA als „große handwerkliche Kunst“ und sah in der Einflechtung der Maustrickfilme überhaupt die Möglichkeit, eine solche Thematik sowohl für Kinder als auch Erwachsenen aufzubereiten. Kritische Stimmen genau zu dieser (nicht nur ‘maus’-typischen!) Technik meldeten sich nicht; Dieter Saldecki betonte die Funktion der Trickfilmsequenzen (die nicht eigens produziert, sondern dem Fundus der Maus entnommen wurden)t als Möglichkeit des Kommentars und somit des Wechsels zwischen ‘Lach- und Sachebene’ bei der Rezeption.

Werner Ruzicka interessierte, inwieweit die Konzeption der Geschichte der traditionellen „Mauslinie“ folge und wie der Text zustande gekommen sei. Armin Maiwald sah keine besondere Abweichung vom üblichen Mauskonzept ebenso wie bei allen anderen Mausproduktionen existiere auch bei Katharinas Geschichte kein geschriebener Text; dieser werde zu den Bildern gesprochen und ergebe sich somit „aus den Bildern“ selbst. Diese Technik garantiere einen „Grad an Lebendigkeit“ der gesprochen Sprache, mit dem man bei Katharinas Geschichte jedes Pathos oder falsches Mitleid vermeiden konnte.

Auch wenn die Struktur der Dokumentation sich aus Katharinas Leben und ihrem plötzlichen Tod ergeben habe, so sah eine Stimme des Auditoriums in der Dramaturgie von Hochachtung, Sympathiebekundung und dem unerwarteten Tod doch eine Referenz ans Zuschauerinteresse angelegt. Im Hinblick auf den Zuschauer, so Armin Maiwald, sollte KATHARINAS GESCHICHTE v.a. ein Signal gegen eine gängige Verdrängung des Todes, bzw. dessen Loslösung aus dem Leben setzen. Der Schwierigkeit, ein „Tabuthema für Kinder“ dennoch aufzugreifen, sei man mit einer „gnadenlosen“ Ehrlichkeit entgegnet, ergänzte Dieter Saldecki (der keine Probleme hatte, sich in diesem Sinne als Journalist zu verstehen). Die Reaktionen von Kindern, die KATHARINAS GESCHICHTE gesehen haben, hätten dann gezeigt, daß eine solche Ehrlichkeit Kinder nicht notwendig irritieren oder in Angst versetzen muß. Katharinas Eltern hätten diese Lach- und Sachgeschichte sogar als eine Unterstützung ihrer Trauerarbeit angesehen.

Die Kombination von (öffentlichkeitswirksamen) ‘Mausgeburtstag’ und Katharinas Tod freilich fand Werner Ruzicka „schwierig“. Gerade dieser Anlaß aber, so Saldecki, habe weitere „Zugänge eröffnet“ zu der schwierigen Thematik; Katharinas Geschichte freilich hätte man auch ohne diesen Anlaß erzählt. Darüber hinaus arbeiten Saldecki und Maiwald an einer Dokumentation der Reaktionen, sogar ein „Serviceteil für Rollis“ sei in Planung.

Werner Ruzicka beschloß die Diskussion über Menschen und Mäuse mit einem Dank für „dieses kluge Stück“ – eine Klugheit, die sich – aus Sicht des Protokolls – in ihrem renommierten, pädagogischen Gestus weitgehend kritik-resistent entfalten konnte.