Film

Negativ Nächte
von István Imreh, Susanne Schüle, Robert Laatz
DE 1996 | 30 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 20
09.11.1996

Diskussion
Podium: István Imreh, Susanne Schüle, Robert Laatz
Moderation: Didi Danquart
Protokoll: Torsten Alisch

Protokoll

Didi Danquart eröffnet das Gespräch mit der Feststellung, hier erfährt man etwas über 3 Leute, die versuchen 1 Definition für Musik zu geben- und gleichzeitig setzt dieser Film ein Gefühl frei, sich mit sich selbst zu beschäftigen.

Susanne Schüle spricht von der absoluten Freiheit zu MACHEN: Jeder von uns dreien konnte etwas für sich machen.

Robert Laatz: Sonst gibt es bei Dokumentarfilmen ein festes Konzept, wir hatten nur die Stadt, das Filmmaterial und die Kameras – eine „jungfräuliche Situation“ , dem zu begegnen, was in der Stadt passiert. Wir sind auf Entdeckungsreise gegangen. Wenn man die Möglichkeit hat, sich auszudrücken mit Kamera und Film, dann macht man irgendwann die Kamera an & wieder aus.

Susanne Schüle: Wir wollten kein Portrait über 3 Musiker, wir wollten ihre Töne nehmen und Bilder dazu bringen: Bilder, die zu der Musik passen könnten.

Robert Laatz: Die Musik hängt mit einer besonderen Kultur zusammen, etwas zwischen punkig und poppig, wir haben die Musik die ganze Zeit gehört. Der Film ist weniger ein Bild von dieser Stadt als von dem Bild in unseren Köpfen: Ein Schmelztiegel. Heiß gemacht. Und alles fliegt vorbei.

Uli Herrmann: Anders als in Musikvideos erfahren wir hier etwas, was über die Musik hinausreicht. Eindrückliche Geschichten, die mit der Musik verwoben sind (die jüdische Tierschlachtung oder die Bettler auf den Straßen). Zum Verständnis: Der BeHier wirft den Stock weg, nicht weil er sauer auf das Filmteam ist, sondern weil er eine junge Frau geküsst hat und nun keinen Stock mehr braucht. Da denkt doch jemand wirklich an PENTHESILEA: „Küsse Gebisse“, ach nein, ist schon so spät: „Küsse wie Bisse“!

Didi Danquart kommt etwas ins Schleudern, hat in den Film wohl etwas mehr PROJIZIERT als … doch wohl eine ganz andere Erfahrung, die IHR gemacht habt als ich … sprachlos … das sind wohl Bilder, die mit eigener Biographie zusammenhängen …

Jemand will wissen, ob der Schnitt wirklich auf einem AVID stattgefunden hat. Susanne Schüle erklärt, daß es einen ersten Schnitt am AVID gab (um das Material zu schonen und um größtmögliche Variationen zu haben), dann folgte aber doch ein „ganz klassischer“ Rohschnitt am Schneidetisch … der 1 1/2 Jahre gedauert hat. Recherche und Drehen waren im übrigen sehr verwoben.

Didi Danquart möchte wissen, wie man auf die Idee kommt, die Straßenkreuzung in Zeitraffer zu filmen?! Reine Experimentierfreude, erläutert Susanne Schüle, wir wollten möglichst viel Bilder auf möglichst wenig Filmmaterial bekommen. „Schwabenfilm“, sagt jemand ganz leise im Publikum.

Die farbigen Sequenzen im Film setzen das Inszenierte und Künstliche vom Alltag ab.

Robert Laatz: Das ganze war ja auch ein Riesen-Gaudi. Wir haben Material und Möglichkeiten gehabt, Bilder und Töne zu machen. Wir wollten uns in Eindrücke vertiefen und impulsiv Sachen machen. Das ist alles intellektuell nicht zu begründen. Und man kommt schon auf verrückte Ideen, wenn man durch die Stadt rennt!

Die Teppichklopferin im Film warf noch einige Fragen auf, aber mehr als daß das alles zufällig war, war nicht zu erfahren.

Sabine Fröhlich stellt die so ziemlich einzig ernstgemeinte Frage in dieser Diskussion: Ob der Übergang von den zufälligen Straßenaufnahmen am Anfang zu den inszenierten Szenen am Ende des Films beabsichtigt war? Susanne Schüle: Nein, nicht beabsichtigt, das war wirklich zufällig, das war so nicht klar. Wir haben geguckt, was uns interessiert hat.

Die „Rasenden Leichenbeschauer“ sind in Deutschland jedenfalls ein Geheimtip. Vielleicht wird auch dieser Film ein „Geheimtip“. Geheim auf jeden Fall.