Film

Eiffe for President
von Christian Bau
DE 1995 | 65 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 19
07.11.1995

Diskussion
Podium: Christian Bau, Artur Dieckhoff (Buch)
Moderation: Werner Schweizer
Protokoll: Lars Henrik Gass

Protokoll

Gegen den Mythos von 168 behauptet der Film eine unbegreifliche Individualisierung der Politik. Peter-Ernst Eiffe wird zum Protagonist politischer Slogans für eine unmögliche Majorität. Als die anderen Marx noch todernst nahmen und um die Macht kämpften, verformte Eiffe schon Inhalte und Aussagen zu Werbetiteln.

Werner Schweizer zeigt sich etwas ratlos über die mosaikartige Bau-Weise des Films und fragt den Regisseur nach dem Anlaß dieser Arbeit, die sich mit einer Figur beschäftige, die ihn an die (eigene) Geschichte der Zürcher Protestbewegung erinnere. Christian Bau sagt, er habe Eiffe bereits in den sechziger Jahren kennengelernt und schon damals ein Filmprojekt über ihn geplant, aber erst vor etwa drei Jahren begonnen -ganz der Graffiti-Technik Eiffes vergleichbar-, mit Hilfe einer Werbeaktion Zeitzeugen und Eiffes Bekannte aufzufinden. Schweizer insistiert, es handele sich um einen „anregenden“, aber „traurigen“ Film; der Begriff des „Menetekels“ komme ihm in den Sinn, den der- jetzt neonazisfische- Reinhold Oberlercher im Film gebrauche. Bei den Dreharbeiten sei die für ihn erstaunliche Situation entstanden, so Bau, daß die Leute eigentlich über sich redeten, wenn sie vorgaben, über die Vergangenheit und über Eiffe zu sprechen, etwa wenn Oberlercher seinen Richtungskonflikt im SDS mit Kari-Heinz Roth schildere. Das Vergongene wird zum Gestrüpp enttäuschter Projektionen. So sei zugleich ein Film über die sprechenden Personen entstanden.

Bau schlägt vor, über seinen Einsatz der Musik zu diskutieren. Er habe hier keine übliche Musikspur und keine Off-Musik gewollt, sondern eine Art „öffentliche“ oder „visua lisierte“ Musik, die er immer wieder in ihrer Entstehung zeige, so wie es Eiffes Praxis entspreche. An dieser Stelle meldet sich Kritik aus dem Publikum: Es sei weder einleuchtend noch vertretbar, Eiffe mit einer Musikgruppe offensichtlich mongoloider Menschen zu parallelisieren, denn Eiffe sei nicht körperlich behindert gewesen. Diese Menschen, so Bau, seien ebenso kreativ wie Eiffe, und das habe er zeigen wollen. Heike Kühn zeigt sich ebenfalls skeptisch, wie sich denn da im Film die slapstickartigen Momente, in denen Eiffe dargestellt werde, sinnvoll einfügen könnten; das erscheine ihr vielmehr disparat und auf einen simplen Gag zuzusteuern. Bau versucht das Ruder zu wenden mit dem Hinweis, diese (schwarzweißen) Elemente des Films wollten bewußt „original“ aussehen und wirken. Doch weiterer Einspruch folgt: Dies schlüssig einzufügen, sei gerade nicht gelungen, sondern als Inszenierung sehr schnell durchschaubar. Bau erklärt immerhin, man solle den Status des „Dokuments“ nicht allzu ernstnehmen; er habe sogar viele andere Teile des Films als solche getarnt (wie z.B. den Werbespot mit dem Schreibstift).

Eine Zuschauerin zeigt sich dennoch beeindruckt von den vielseitigen „Facetten“ des Films und schließt Detailfragen an zu verschiedenen Objekten (der Schildkröte in Acryl). Dies entspreche seiner „Manie des Sammelns“, sagt Bau. Die Elemente und Objekte des Films treten so in verschiedenartige Verbindungen, wie etwa auch die bemalten Baumscheiben (Hamburg-Motiv) mit den Birken, die das lagerartige Gelände der psychiatrischen Anstalt säumen.

Bestürzung und fluchtartige Bewegungen im Auditorium werden durch die Frage ausgelöst, warum der Film auf 16mm und nicht – angemessener – auf Video gedreht sei. Schweizer legt nochmal sein anfängliches Problem zur Beantwortung vor, wonach die Person Eiffes wohl nicht in größeren Zusammenhängen gesehen werde. Ihm, Schweizer, wirke dies sehr (regional) begrenzt. So sei auch an eine Auswertung des Films im Ausland (in der Schweiz) kaum zu denken. Klaus Wildenhahn meldet nun Widerspruch an, ihm erscheine der Film in keiner Weise begrenzt und nur regional interessant; er stamme vielmehr genau aus der Tradition der sog. Realistischen Schule und der Arbeit Monks, die hier geradezu die Züge „niederländischer Absurdität“ annehme. Diese Intervention läßt bei Schweizer doch gewisse Hoffnung auf eine Verwertbarkeit des Films im Ausland (in der Schweiz) aufkommen. Weitere Stimmen schließen sich an. Und Bau endet mit der optimistischen Ansicht, sein Film sei der „Spiegel zum Heute“.