Film

Film für einen Vater
von Bernd Reufels, Stefan Sarazin
DE 1992 | 40 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 16
1992

Diskussion
Podium: Stefan Sarazin, Bernd Reufels
Moderation: Elke Müller, Gerd Kroske
Protokoll: Christian Berger

Protokoll

Der Film zeigt den Krieg zwischen Serben und Kroaten aus der Perspektive von Stefan Sarazin, der seinen ihm fast unbekannten Vater in Kroatien besuchen will.

Da viele Zuschauer den Anfang des Filmes verpaßt hatten, erklärten die Filmemacher die Funktion der ersten Einstellung, die identisch ist mit der letzten. Anhand der Installation „Wohnklo“ des Künstlers Karbakov zeigt sie das imaginäre Haus des Vaters – auf der Flucht verlassen. So würde dieses Kunstwerk der Documenta der Ausgangspunkt für die Suche nach dem Vater. Der Film sei aus eigenen Mitteln finanziert, ohne Unterstützung der Filmhochschule, mit einer einfachen Hi8 Kamera gedreht.

Gerd Kroske fragte nach der Art der Solidarisierung, die die beiden Filmemacher durch ihren Aufenthalt im Kriegsgebiet erreichen wollten. Stefan Sarazin bekannte sich zu einem irrationalen Ansatz, er habe das Gefühl gehabt, das Schneckenhaus Deutschland verlassen zu müssen, und dadurch auch ein anderes Mitempfinden erreichen zu können.

Im Verlauf der Diskussion zeigte sich, daß viele Punkte des Films vom Publikum falsch verstanden wurden. So z.B. der Satz „das Ergebnis von 27 Jahren Demokratie“ mit dem die Zerstörung kommentiert wurde. Dies beziehe sich auf sein Alter erklärte Sarazin. Ein Schwerpunkt der Diskussion waren die Videoaufnahmen des Fotografen Toni, die ausführlich zwei Leichname zeigten. Elke Müller sagte ,man sei gezwungen hinzuschauen; sie empfand eine wichtige Berechtigung dieser Bilder im Gesamtzusammenhang. Ein Zuschauer meldete Bedenken an, diese Bilder zu zeigen, falls die Vaterfigur nur ein dramaturgisches Mittel sei – vom subjektiven Standpunkt aus seien sie vertretbar. Ein anderer Zuschauer stellte gerade die narrative Ebene als Qualität des Films heraus, auch dann, wenn die Geschichte erfunden sei.

Heike Kühn gefielen besonders die Szenen, in denen Menschen gezeigt wurden, die so lebten, als gäbe es für sie noch eine Zukunft; allerdings kam sie mit der Miusik „On my way to L.A.“ bei der Fahrt an die Front nicht zurecht. Sarazin hätte die Musik auch verwendet, wenn sie nicht zufällig im Radio gelaufen wäre.

Bei der formalen Diskussion war der wesentliche Punkt die Frage nach der Funktion des Vaters – dramaturgischer Trick oder narrativer, roter Faden. Für Sarazin war der Vater ein dramaturgisches Mittel , der eigentliche Antrieb war die Reaktion auf den Krieg. Später kam Marcel Ophüls nochmals darauf zu sprechen: Die Wahrheit müsse strukturiert werden, deshalb bräuchte man dramaturgische Mittel .. Er wies die Filmemacher darauf hin , vielleicht zu ehrlich gewesen zu sein, die Vater-Geschichte als dramaturgisches Mittel zu bezeichnen. Dies führe immer wieder zu dem Vorurteil, daß es dann nicht ehrlich gemeint sei. Besonders gefiel ihm die Feststellung von Sarazin, einmal bei einer Schießerei dabei sein zu müssen. Wichtig fände er, das Drumherum des Krieges zu zeigen.

Die wackelige Kamera führte Sarazin nicht auf einen dramaturgischen Trick zurück , sondern auf die Tatsache, daß sie beide erst im 3. Semester seien.

Zum Schluß wurde über die schlechten Vermarktungsmöglichkeiten des Films gesprochen. Alle Anstalten, denen er angeboten wurde, hätten abgelehnt, mit dem Hinweis er sei zu persönlich oder nicht aktuell genug. Für Marcel Ophüls sind die Fernsehverantwortlichen 20 Jahre in der Entwicklung zurück, kein Journalist glaube noch an die Objektivität.

Abschließend bot Sarazin 10% Gewinnbeteiligung für denjenigen, der den Film unterbringen könne.