Film

Do Sanh – Spuren des Krieges
von Hans-Dieter Grabe
DE 1991 | 56 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 15
13.11.1991

Diskussion
Podium: Hans-Dieter Grabe, Elfie Kreiter (Schnitt), Horst Bendel (Kamera)
Moderation: Elke Müller
Protokoll: Eva Hohenberger

Protokoll

Vorangestellt sei, womit die Diskussion friedlich beendet wurde: daß nämlich Langzeitbeobachtungen und mit ihnen der Gedanke historischer Kontinuität ein wichtiger Bestandteil dokumentarischen Filmschaffens sind und daß Grabes Film, vor allem, da er das Leben· Do Sanhs weiterverfolgen möchte, in dieser Tradition steht.

Die Diskussion um diesen, Aufnahmen aus den Jahren 1970 und 74 verarbeitenden, nichtsdestotrotz aber in sich geschlossenen Film konzentrierte sich vor allem auf zwei Begriffe: Hermetik und Optimismus. Da auch Heuristik ein schönes Wort, wird aus eben diesem Grunde beides getrennt wiedergegeben.

Der Begriff Optimismus wurde ausgehend vom (guten) Ende des Films gleich zu Beginn in die Diskussion eingebracht: folge jenes Ende, an dem Do Sanh stolz seine Tochter in die Kamera hält, einer dramaturgischen Überlegung?, wollte Elke Müller wissen. Nein, antwortete Hans-Dieter Grabe, jener Optimismus sei wirklich vorhanden gewesen und die filmische Darstellung sollte ihn nicht in Frage stellen. Natürlich gab es einige Zuschauerinnen, die den Schluß nicht optimistisch fanden, die meinten, in dem Kind Do Sanhs werde sich das Leiden seiner Eltern schon noch fortsetzen, und viele Fragen seien ja durchaus angerissen worden und offen geblieben, doch. neigte sich der Konsens eher in die Richtung zu sagen, daß der Film in seiner kreisförmig geschlossenen Struktur (vom Verlust der Familie zur Gründung einer eigenen, vom schwerverletzten Kind zum zeugungsfähigen Mann)Optimismus produziert und kritische Fragen eher ausschließt als zuläßt.

Diese geschlossene Struktur des Films, die eben auch mit Hermetik bezeichnet wurde, wurde an verschiedenen Stellen versucht nachzuweisen: an der Konzentration auf die Person Do Sanhs trotz mancher Redundanzen seiner Rede, an der Außerachtlassung seines alltäglichen Lebensraums, am Verzicht auf Bilder dieses täglichen Lebens und am Verzicht auf Fragen zu anderen ·als lebensgeschichtlichen Dingen. Diese Konzentration (sie wurde auch Reduktion genannt und der Idee der Biographie verwandt gesehen) habe zur Folge, daß größere, politische Zusammenhänge ausgespart blieben und man den Film schlimmstenfalls zur Beruhigung des Gewissens benutzen könne; die Haltung des Helfens jedenfalls · werde suspekt und manch einer dachte sogar an einen Werbefilm für terre des hommes. Widerspruch natürlich auch hier, doch interessanter, da dem mehrfach geäußerten Verdacht, die Hermetik sei im . Formalen anzusiedeln widersprechend~war der Hinweis, die Hermetik sei gerade nicht in der Montage des Materials anzusiedeln. sondern in der Auswahl des Gefilmten. Die Montage nämlich sei im Zusammenschnitt von altem und neuem ·Material eher seltsam unstrukturiert und widerspräche daher sogar fast dem. verengten Themenzuschnitt.

Die Macher nahmen sich alle Argumente sehr zu Herzen, denn eine Haltung entspannten Zurücklehnens wollten sie keinesfalls erwecken, viel mehr sei ihnen an den Fragezeichen über. diesem Leben gelegen. Sollte allerdings, und damit kommen die Begriffe wieder zusammen, der Optimismus jene Fragezeichen verdecken, wäre der Film in der Tat hermetisch.