Film

Schritte im Labyrinth
von Ivan Fila
DE 1990 | 80 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 14
14.11.1990

Diskussion
Podium: Ivan Fila
Moderation: Sybille Licht, Dietrich Leder
Protokoll: Lothar Leininger

Protokoll

Zum Schluß der Debatte beschrieb Dietrich Leder sein Lieblingsbild des Herbstes 1989: eine Geste Alexander Dubceks, mit der er die Menge auf dem Wenzelsplatz zu umarmen scheint. Das Bild sei symbolisch und emotional. Dann folgte noch die Information. Vaclav Havel sei ein Fan Velvet Undergrounds. Vom Komponisten der Filmmusik kann man dies allerdings kaum vermuten, der spätromantische Duktus der Musik blieb jedoch unbesprochen. Auch die Symbolik einiger Bildsequenzen (bspw. die eingemotteten Lenin/Stalin-köpfe, von Baggern auf Müllkippen zerbrochenen roten Sterne…) wurden nur gegen Ende von Res Balzli als ein Zuviel gestalterischen Willens kritisiert. Die Kategorie des Empfindens hingegen spielte zumal bei der Argumentation Ivan Filas eine größere Rolle.

Allgemein wurde die offene Form des Films beschrieben: deren Einschätzung reichte von gerechtfertigter Zerissenheit in sich geschlossener Minidramen (Werner Ruzicka) bis zur Beliebigkeit fast aller Aspekte des Films.

Zur Auswahl der Protagonisten erklärte Ivan Fila, er hätte ein breites Spektrum von vom Exilproblem betroffenen Personen zeigen wollen. Der Film sei der Versuch der Vermittlung der drei Möglichkeiten, auf ‚die politisch-historische Situation in der CSSR zu reagieren: 3. Auszuwandern und das Exilland als neue Heimat zu begreifen bzw. den Exilzustand als Lebensgefühl zu stilisieren, 2. Auszuwandern und nach den Veränderungen der samtenen Revolution wieder in die Csfr zurückzukehren, 1. Trotz der Bedrohung durch Gefängnis im Land zu bleiben. (Bei diesen wirklichen, eigentlichen Helden (l.F.) zeichne sich unser Präsident Vaclav Havel durch eine tolerante Haltung gegenüber den Fortgegangenen aus, so eine tschechoslowakische Zuschauerin.) Daß das Spektrum doch nicht so breit sei (die Dargestellten sind ausschließlich Intellektuelle) gab Ivan Fila zu. die Artikulationsfähigkeit dieser Gruppe sei besser.

Der Film kreise um das Problem, wo man hingehöre, die Frage, die der Film aufwerfe, sei gleichzeitig dessen Ziel, deshalb sei das Porträt Jan Hutkas auch am Ende plaziert, weil er seine Einschätzung teile, daß man, ob man zurückgeht oder nicht, gewinnt und verliert. Der Film sei persönlich, gefühlsmäßig, ohne Ratio; ohne Begründung und der wichtigste der nachrevolutionären Zeit. Ob der Film sich in seinen Facetten ergänze, die Dokumentarteile sich von selbst an ihrem Ort rechtfertigten, der Gestus der Statements sich durch das Ambiente selbst kommentierten, die visuelle Umsetzung der verschiedenen Charaktere gelungen sei; ob man also einen sensiblen oder journalistischen Film gesehen habe, klärte die Diskussion nicht. Die Grenzen der historisch begründeten unterschiedlichen West/Ost-Rezeptionen, auf die die von Werner Ruzicka so bezeichneten universellen Blicke des Films stießen, korrespondierten mit der allgemeinen Sprachverwirrung (Heimat, Helden. Nestwärme, Deutschland, Wurzeln) des Films wie der Diskussion.