Film

Strom der Wünsche
von Michael Kuball
DE 1987 | 55 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 12
08.11.1988

Diskussion
Podium: Michael Kuball
Moderation: Werner Ružička, Bertram Rotermund
Protokoll: Torsten Alisch

Protokoll

Michael Kuball stellte zu Anfang klar, daß sein „Strom der Wünsche“ weniger die Geschichte eines Flusses oder die Geschichte der Menschen erzählen wolle, sondern er bei der Arbeit seinen Film immer mehr als Spiegel betrachtet hat, um sich selbst zu beobachten: Ein freies Assoziieren ermöglichen, und den Fluß so benutzen, wie es auch die Industrie mache.

Es sei nicht klargeworden, welche Idee hinter diesem Film stecke und aus welcher Arbeitshaltung heraus, der Film entstanden sei, wurde bemängelt. Kuball erklärte, sein Thema seien nicht die Lebensbedinungen der Menschen oder die Tatsache der Flußverschmutzung („Informationen, die nicht weiterbringen und auch nichts ändern“), sondern die Sehnsucht der Menschen, die an der Elbe oder anderswo leben, und die sich immer von den jeweiligen Orten „weg-wünschen“: Eine „Qualität von Sehnsucht“, die sich besonders stark in den alten Filmausschnitten findet, wo Menschen Betriebsausflüge und Pfingstfahrten unternehmen. Film als „Fluß des Lebens“, bei dem jede Geschichtlichkeit aufgehoben sei, und der die Idee von „Hoffnungsmomenten“ zum Thema hat: daß man wirklich da sein sollte, wo man sich gerade befindet.

Wo sich denn diese Gedanken im Film wiederfänden, wurde gefragt: Er bestehe zum größten Teil aus einem „melancholischen Impressionismus“, der auf „Philip Glass-Linie“ liege und ins Beliebige wegkippe. (Antwort eines Zuschauers: „Das mag einem Freiburger schwer verständlich sein, Matrosen zu sehen, die einem Hans Albers-Lied lauschen…“).

Die dramaturgische Entwicklung vom Heiteren des Anfangs zur gefrorenen Winterlandschaft am Ende, hat Kuball erst während der Arbeit am Film entwickelt: Es sei mehr ein persönliches Experiment gewesen und es ginge ihm mehr um die Arbeit am Zuschauer – „daß solch ein Film nicht langweilig wird, und daß immer wieder etwas Neues passiert.“ Diese Idee des „Sich-weg-wünschens“ schlage sich nicht in konkreten Bildern, sondern im Schnittrhythmus und der Melancholie nieder, meinte ein Zuschauer: „Im ‚Grundgefühl‘, das der Filme erzeuge.“

Zur Frage, ob er nicht die Menschen nur benutzt habe (die Hans Albers lauschenden „Süßwassermatrosen“ etwa), stellte Kuball klar, daß gerade diese Szene nicht inszeniert, sondern spontan entstanden war. Und: „Ich nutze Menschen in Filmen immer aus.“ Beim Reden über Filme sollten solche Moralvorwürfe besser rausgehalten werden, sonst müßte man auch die Menschen aus Filmen raushalten.