Film

Knoten Sonnborn
von Riki Kalbe, Barbara Kasper
DE 1988 | 45 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 12
11.11.1988

Diskussion
Podium: Riki Kalbe, Barbara Kasper
Moderation: Bärbel Schröder
Protokoll: Torsten Alisch

Protokoll

GRUNDFRAGEN UND GRUNDBEGRIFFE:

„Wir wollen mit dem Film was erreichen.“

„Nur durch Bewußtsein und Widerstand läßt sich sowas (wie Autobahnbau) verhindern.“

„Was bringt das Zeigen einer schlechten Wirklichkeit?“

Es fiel der Ausdruck „Symptomfilm“, der von allen Diskutanten akzeptiert wurde.

In den 5Oer Jahren war der Großteil der deutschen Bevölkerung für mehr Autobahnen. Darüber herrschte Einigkeit. Aber schon damals trat eine kleine Bürgerinitiative gegen den Sonnborner Knoten auf: Nicht um den Bau des Autobahnkreuzes zu verhindern, sondern um es ein paar Kilometer zu versetzen (und so eine Durchtrennung des alten Ortskernes zu verhindern).

Die Propagierung des Radfahrens löst natürlich keine gesamt-gesellschaftlichen Transportprobleme.

NEBENFRAGEN:

– „Seid ihr da geboren?“

„Wo, auf der Autobahnbrücke?“

Riki Kalbe kommt aus Wuppertal.

– Was symbolisiert der Dreiradfahrer im Film?

Riki Kalbe und Barbara Kasper sind begeisterte Radfahrerinnen und haben ihn zufällig kennengelernt.

DIE HOFFNUNGSLOSEN (ohne Phantasie)

– „Die Straßen sind gesund, wenn der Verkehr fließt.“

(Mit diesem Zitat aus dem Film wurde die Diskussion eröffnet).

– Im Film stecke wenig Hoffnung drin: Diese umweltschützenden Maßnahmen wie Tunnelbau statt Landschaftszerstörung hätten doch schon viel eher passieren müssen.

DIE HOFFNUNGSVOLLEN (mit Phantasie)

– „Die Straßen sind gesund, wenn der Verkehr fließt.“

(siehe DIE HOFFNUNGSLOSEN)

– Im Film stecke wenig Hoffnung drin, außer: Vielleicht bei diesen Pflanzen, die unter Autobahnbrücken wachsen. Vielleicht ist der Autolärm ja dem Unkraut oder dem japanischen Knöterich völlig wurscht. Vielleicht ist das die „Rache des Biotops“.

– Man könnte doch auch mal über die „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung und ihre Solidarität zum PKW“ nachdenken?

– Oder ein „Bewußtsein für die Geschichte des Straßenbaus in Deutschland“ schaffen.

NATIONALSOZIALISTISCHE VERGANGENHEIT

Der Film zeige eine Kontinuität vom Dritten Reich zur BRD, weil manche Leute ihre alten Posten ·behalten haben. Bei Recherchen zu einem anderen Film über das Gestapo-Gebäude in Berlin stieß Riki Kalbe auf den Namen Friedrich Hetzel, den sie in ihrer Jugend in Wuppertal oft in Zusammenhang mit dem Bau des Sonnborner Knotens gehört hatte.

Aber: Nur immer zu denken, „was sind das für böse Menschen, die sowas gebaut haben“ bringe auch niemanden weiter.

ARCHÄOLOGIE

Das Sonnborner Kreuz werde in diesem Film mit der Haltung der Archäologie „ausgebuddelt, katalogisiert, vermessen und so für die Nachwelt erhalten.“

UMGANG MIT DEM MATERIAL

„Die Straßen sind gesund, wenn der Verkehr fließt.“

(siehe DIE HOFFNUNGSLOSEN)

Kritik: Die „Utopien von vorgestern“ werden in diesem Film nicht ernstgenomnen. In den 50er Jahren hatte das Auto ein utopisches Moment, das wir heute nicht mehr sehen wollen. Mit dem Begriff „Auto“ verband jemand damals eher „Amerika“ (Opel) als „Nazi-Schlitten“.

Der Film verliert sich eher in Romantik als das er Alternativen aufzeigt.

Die Konfrontation mit Vergangenheit läuft in diesem Film nur über Information, nicht über Bilder: „Handgestrickt, fernsehmäßig, emotionslos.“