Film

A Harley is a Man’s Best Friend
von Louay Serawan, Thomas Schwarz, Stefan Tolz
DE 1988 | 30 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 12
11.11.1988

Diskussion
Podium: Louay Serawan, Thomas Schwarz, Stefan Tolz
Moderation: Elke Müller
Protokoll: Torsten Alisch

Protokoll

INFORMATIVES UND TECHNISCHES

„A Harley is a man‘ s best friend“ ist ihr erster längerer Film. Einer der drei Filmemacher fährt selbst Motorrad. Die Dreharbeiten dauerten neun Tage.

Sie haben auf Schwarz-Weiß-Material gedreht, einerseits aus Kostengründen (Etat ca. 10 000 DM), andererseits besäße Farbmaterial „eine Affinität zu blitz-blanken Motoren“, und sie haben keinen technischen Film machen wollen, sondern Leute im Umfeld dieser Maschinen porträtieren. Deshalb wurde auch ein Motorradhändler nicht mit in den Film genommen, der während des Interviews zuviel technische Einzelheiten beschrieben habe.

VERTRAUENSVERHÄLTNISSE

Michael, der Präsident des Münsteraner Clubs, war ein Bekannter des (motorradfahrenden) Filmemachers: „Die Münsteraner haben sich ein Bein für uns ausgerissen.“ Sie hätten ihre Maschinen extra für die Filmemacher poliert und sogar einen Hopi-Sonnentanz aufgeführt.

Auch von den Münsteranern gäbe es noch viel mehr Material, aber: Vertrauensverhältnisse werden gebrochen, wenn man Sozialstudien betreibe und etwa Rocker beim Saufen oder ihre Ansichten zu Frauen öffentlich zeige. Die Filmemacher wollten nichts hinterfragen, sondern eher ein „Selbstporträt“ schaffen. Und: „Sozialstudien über Rocker sind schrecklich“ (zustimmendes Lachen bei den Zuhörern).

Herrn und Frau Krins haben die Filmemacher zufällig über einen Mechaniker kennengelernt, als ihnen Herr Krins zwei Fotos zeigte: Eins von seiner Harley und eins von seiner Frau (in dieser Reihenfolge).

Die komische Kameraeinstellung beim Interview mit den Krins war falsch cadriert: Frau Krins fast aus dem Bild rausfallen zu lassen, sei keine Absicht gewesen. Bei einigen Zuschauern stellten sich bei Herrn Krins Grinsen Engholm-Assoziationen ein.

Beide Gruppen haben den fertigen Film gesehen und fühlten sich gleichberechtigt behandelt.

DIE ERZEUGUNG VON LACHEN UND SYMPATHIE

Jemand zeigte sich in der Diskussion verwundert, daß beide Gruppen mit dem Film zufrieden gewesen sei n sollen: Der Film habe ihm gut gefallen, aber gerade weil er beide Gruppen auch verarsche. Einem anderen gefiel die Art der Präsentation, daß man nämlich über „diese Deppen“ lachen könne, ohne über sie in zynischer Art herzuziehen: man könne sie sympathisch finden und über sie lachen.

Gerade durch die „Sparsamkeit“ (eben an manchen Stellen nichts zu sagen, also ohne Kommentar auszukommen), entstehe hier Komik: „Der Film besticht durch seine Einfachheit.“ Aber: Die Montage sei gerade nicht: einfach, sondern „sehr gelungen“.

Beim Gerede der Krins fühlte sich jemand an Loriot erinnert, der ähnliche Monologe schriebe. Es wäre leicht gewesen, sich gerade über die Krins noch lustiger zu machen, aber die Filmemacher fanden es problematisch, über ihnen unbekannte Leute so einfach ein Urteil zu fällen.

HELDEN DER ARBEIT

Jemand fand die Rocker zwar sympathisch, aber hätte sie lieber über die Arbeiterkämpfe in Rheinhausen reden hören. Antwort der Filmemacher: „Wären die Münsteraner aus Rheinhausen, hätten sie auch über den Streik sprechen können, weil sie da arbeiten würden.“ Schließlich würden sie ja jetzt auch arbeiten, nur eben in Münster.

Später stellte jemand noch fest, daß es ein enormes Maß an Disziplin und Arbeitsleistung erfordere, “ seine Freize.it mit solchen Leuten zu verbringen.“

ZUSCHAUERTHEORIEN UND MYTHEN

Der Film würde den „Stumpfsinn zeigen, wie Menschen sich einer Maschine anvertrauen“, und er zeige Leute, „die nichts anderes im Kopf haben, als ihre Freizeit (also ihr Leben) in die Mobilität einer Maschine zu organisieren.“

Es koste „Lebenszeit, ein Motorrad so zu kennen“, und: Weil ein „totes Objekt mit Triebstrukturen belegt“ wurde, hatte ein Zuschauer während des Films Menschen kennengelernt.

Der Herdentrieb sei etwas sehr Deutsches, es gäbe viele Kegel- und andere Clubs („und Leute, die ins Kino rennen!“, warf jemand ein, aber das wollte ein anderer in diesem Zusammenhang nicht gelten lassen).

Für andere war der Film eine „Entzauberung des Mythos vorn Harley-Fahren“, was die Filmemacher allerdings nicht vorher beabsichtigt hatten, sondern sich aus dem vorhandenen Material ergäben hätte.

ILLUSIONEN DES LEBENS

Durch die „Maskenhaftigkeit der Krins“ und der „Lebendigkeit der anderen Gesichter“ erzähle der Film seine Geschichte aufgrund von „visuellen Einzelheiten“, und jemand konnte sich so über (diese) Lebensläufe eigene Gedanken machen. Ein anderer meinte, die Münsteraner Rocker würden im Film „besser wegkommen“ und fand die Art der Krins zu leben, „höchst arrogant“.

Michael habe viel weniger Illusionen und er werde nicht viel bekommen in seinem Leben, während Herr Krins wisse, daß er sein Leben lang „viel Knete“ haben werde. Trotzdem seien beide Arten zu leben, respektabel.

Die Filmemacher ergänzten noch, daß Michael, für den Frauen angeblich nebensächlich gewesen waren, mittlerweile geheiratet und den Kontakt zu seinen Harley-Freunden verloren habe.