Film

Familie Villano kehrt nicht zurück
von Hans Andreas Guttner
DE 1981 | 118 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 5
1981

Diskussion
Podium: Hans Andreas Guttner
Moderation: Winfied Günther
Protokoll: Uli Veith

Protokoll

Dem Filmemacher wichtig war das Bekenntnis zum Dokumentarfilmschaffen für das Kino, für das er bewußt auch diesen Film hergestellt habe. Daraus ergäben sich optisch radikalere Möglichkeiten als bei Arbeiten für das Fernsehen, andere formale Prinzipien und auch andere Bedingungen der Rezeption. Er habe die Erfahrung gemacht, daß das Publikum durch das Fernsehen ein Sichkonzentrieren auf Bilder verlernt und mit einem Sicheinlassen auf ausschließlich optische Informationen Schwierigkeiten habe und belegte dies mit seinem Eindruck, ein „Aufatmen“ verspürt zu haben, als im Film nach acht Minuten der Vater zum erstenmal spricht.

Die Diskussion konzentrierte sich vor allem auf die Struktur der Familie und deren Darstellung im Film. Einige Zuschauer äußerten Erstaunen und Skepsis über das harmonische Zusammenleben der zehnköpfigen Familie unter engen räumlichen Bedingungen. Guttner meinte, dies sei weniger harmonisch, vielmehr seien die patriarchalischen Strukturen dort noch intakt, der Vater gelte uneingeschränkt als Autoritätsperson, emanzipatorische Prozesse seien dort noch nicht so weit entwickelt, daß es entscheidende Auseinandersetzungen gäbe. Er berichtet von einer Auseinandersetzung, die er im Laufe von drei Jahren als einzige miterlebt habe. Es sei auf keinen Fall eine Art von Idealisierung oder Idylle beabsichtigt, die auch im Film aufgezeigten Probleme könnten eine solche Vermutung wohl auch nicht nahelegen. Vielmehr helfe man sich gegenseitig und bilde eine Art Notgemeinschaft, der Zusammenhalt habe einfach auch eine ökonomische Grundlage.

Eine weitere Frage bezog sich auf das Problem der Inszenierung von Realität. Die relativ ruhige Atmosphäre, die der Film von der Familie vermittele, entspräche so gar nicht den Vorstellungen über das Zusammenleben von zehn Personen auf engstem Raum und dem üblichen Klischee von einer italienischen Familie. Guttner meinte, dies habe sich aber im wesentlichen auch so dargestellt. Allerdings laufe in der Familie den ganzen Tag über Musik, die aber nicht kontinuierlich miteinbezogen worden sei, um Platz für die anderen Informationen zu lassen. Er habe da auswählen müssen gemäß seinem Thema, die Familie und die Stadt Fürth als Ort ihrer Außenkontakte zu zeigen. Damit erklärte er auch die Herauslösung der einzelnen Familienmitglieder und ihre Verknüpfung mit bestimmten, ihnen zuzuordnenden Geschichten als Versuch, die Familie darzustellen und dafür eine kinematographische Form zu finden. Einigen Zuschauern erschien der Film insgesamt zu lang, nicht einsichtig erschien ihnen die Wiederaufnahme verschiedener schon gezeigter Situationen. Vor allem auch der Ortswechsel am Ende des Films erschien nicht ausreichend motiviert.

Guttner verwies auf unterschiedliche Reaktionen auf den Film, den der Vorwurf der Langatmigkeit vor allem immer von einem Fachpublikum träfe. Bei Vorführungen vor Italienern und Deutschen in Fürth sei dies überhaupt kein Problem gewesen. Für den Schluß verwies er auf die offensichtliche Ungewöhnlichkeit der von ihm eingesetzten assoziativen Montage. Die Wiederaufnahme von Szenen, also quasi die „Wiederholungen“, sah er als Versuch, den Alltag in seiner Kontinuität über die Zeit des Films hin darzustellen.

Zur Herstellung des Films: Er ist Teil einer Trilogie. Vor drei Jahren lernte Guttner einen Sohn der Familie kennen, und es stellte sich ein Kontakt her, der auch nach Abschluß des Films weiter anhält. Gedreht wurde in verschiedenen Abschnitten von Januar bis September 1981.