Dietrich Leder

Europa, der deutschsprachige Dokumentarfilm der letzten 40 Jahre und ein blinder Fleck

An die Duisburger Filmwoche habe ich viele Erinnerungen.1 Ich will mich hier und heute auf eine persönliche Reminiszenz beschränken. Sie wurde durch die traurige Nachricht ausgelöst, dass vor wenigen Wochen der Medienwissenschaftler und Publizist Klaus Kreimeier im Alter 85 Jahren gestorben ist.2 Klaus Kreimeier war Duisburg in mannigfachen Funktionen verbunden: Als Protokollant der frühen Jahre, als Journalist, der mit einem Artikel, der in der Frankfurter Rundschau den Dokumentaristen Klaus Wildenhahn so provozierte, dass dieser mit einem an etwa 20 Personen gerichteten Essay, der über 40 Seiten umfasste, eine Diskussion eröffnete, die bald Kreimeier-Wildenhahn-Debatte genannt wurde,3 als Kommissionsmitglied, als Moderator, als Filmemacher, als Vortragender4 und einmal auch – was nur wenige wissen – als Helfer in der Not. Ihm sei mein Vortrag gewidmet.

Mein Text gliedert sich in 14 Kapitel, 10 Film-Ausschnitte (in dieser Textversion meist mit je einem Still repräsentiert), 12 Beobachtungen und eine Vor- wie Nachbemerkung

1. Kapitel: 3sat und Filmwoche

Die heutige Veranstaltung verdankt sich der Kooperation der Filmwoche mit dem Kultursender 3sat, die ja eine lange wechselseitige Geschichte verbindet. 3sat wurde als Fernsehsender 1984 vom ZDF, dem österreichischen ORF und der schweizerischen SRG gegründet; 1991 trat der deutschsprachigen Dreiländeranstalt auch noch die ARD bei.

Die Sendergeschichte von 3sat ist kompliziert, sie habe ich an anderer Stelle rekonstruiert.5 Noch komplizierter scheint die gegenwärtige Lage. Noch vor wenigen Wochen schien es so, als solle der Sender aufgelöst werden und seine Inhalte im europäischen Kulturkanal Arte aufgehen.6 So stand es jedenfalls im Entwurf eines neuen Staatsvertrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der von den Staatskanzleien der Bundesländer im September verabredet worden war. Dagegen erhob sich spontan massiver Protest, wie man ihn in der Medienpolitik der Bundesrepublik nur selten erlebt hat.7 Doch es lag wohl weniger daran, sondern eher an rechtlichen Problemen8, die von den Staatskanzlisten im Übereifer der Streichpläne übersehen worden waren, dass das so nicht in den Gesetzestext übernommen wurde, den nun die Bundesländer beraten und verabschieden müssen. In dieser Gesetzesvorlage heißt es unter §28a „Schwerpunktangebote“ nun deutlich vorsichtiger: „In Abstimmung mit den beteiligten öffentlich-rechtlichen europäischen Veranstaltern sollen Inhalte des Vollprogramms 3sat in das Vollprogramm „arte – Der europäische Kulturkanal“ (…) überführt werden.“9

Gerettet ist 3sat also erst einmal auf Zeit, die allerdings angesichts der verwickelten Rechtslage andauern kann. Es gilt wachsam zu bleiben und zu hoffen, dass sich vor allem das ZDF, das von den weiteren Maßnahmen des Reformstaatsvertrags ärger betroffen ist als die ARD-Sender, dagegen zu wehren weiß.

3sat war – ob bewusst oder unbewusst – ein Vorbild für die Duisburger Filmwoche. Als im Laufe des Jahres 1990 klar wurde, dass es nach dem Ende der DDR auf die Wiedervereinigung hinausliefe, hatte Werner Ruzicka – ich kann es bezeugen – die Idee, in Zukunft nicht nur die Dokumentarfilme des nun vereinigten Deutschland, sondern auch die aus Österreich und der Schweiz einzuladen: Es sollte eine Veranstaltung für den deutschsprachigen Dokumentarfilm werden. Magnus Klaue weist in seinem zweiteiligen Essay „Die Antiquiertheit des Sexus“ in Bezug auf die Literatur darauf hin, dass der Unterschied zwischen deutscher Literatur und deutschsprachiger Literatur der ums Ganze sei: „Das Deutschsprachige lässt das Deutsche hinter sich.“10 Eine Idee, die sich viele Jahre bewährt hat.11 Gruß an Werner!

Mit 3sat verbindet mich auch persönlich eine gewisse Geschichte. Dazu heute nichts, außer der folgenden Petitesse: Die erst von Cornelia Bolesch, dann von mir geführten Studio-Gespräche der Dokumentarfilmzeit (Redaktion: Margit Schreiber) mit Regisseurinnen und Regisseuren bildeten im sonntäglichen Spätabendprogramm von 3sat insofern eine Ausnahme, weil die Zahl der Zuschauerinnen und Zuschauer im Fortgang der Sendung eher zu- als abnahmen, was aber leider nicht an der Qualität der Gespräche lag, sondern der Tatsache zu schulden war, dass danach alte ZDF-Krimis wie Der Kommissar wiederholt wurden, auf die jene warteten, die sich zu später Stunde in die Dokumentarfilmzeit einschalteten. Diese Gesprächssendung wurde eingestellt, als ein Hierarch feststellte, dass es zu viele Diskussionsrunden auf 3sat gäbe, während eitle Fragenrunden, die von ehemaligen Intendanten in diesem Sender veranstaltet wurden, selbstverständlich belassen wurden. Heute wiederholt 3sat viele Talkshows von ARD und ZDF. Gespräche über Film finden nicht mehr statt.

Aber es gibt weiterhin eine Reihe von Dokumentarfilmen, die der Sender in Auftrag gibt, koproduziert oder ankauft. Darunter viele – wie meine Recherche eher zufällig zeitigte –, die der Präsentation und der Diskussion in Duisburg wert waren und sind.12

2. Kapitel: Europa und der Dokumentarfilm

Als mir im Mai das Thema gestellt wurde, erschien es mir hochabstrakt. Europa wird ja vor allem als Idee in hehren Reden beschworen. Karl Heinz Bohrer schrieb 1991 von einer „quasi-religiösen Idee von Europa in Deutschland“.13 Er erwähnt, dass sie in den frühen 1950er-Jahren auch von Alt-Nazis emphatisch mitgetragen wurde, weil sie „regressiv“ die Unterordnung unter einen neuen unschuldigen Patron verhieß, statt sich mit der eigenen Verbrechens-Geschichte des Nationalsozialismus beschäftigen zu müssen.

Europa wird zudem durch eine überbordende Technokratie und hochkomplizierte Verfahren bestimmt. Als Beispiele dafür gelten die Europäische Union (EU) als Verbund von 27 Staaten mit ihren komplizierten Verfahren und einem politisch höchst delikat austarierten Rat an der Spitze sowie das Europäische Parlament, das diesen Rat kontrollieren soll, aber zu weiten Teilen mit sich und seinem komplizierten System aus Parteien all dieser Ländern beschäftigt ist. Bohrer fürchtete schon vor 33 Jahren: Es handele sich bei der Konstruktion Europas „um eine Art utopisches social engineering, nach dessen Maßgaben jene famosen Hochhäuser gebaut wurden, in denen inzwischen die Insassen sozial und psychologisch verelenden.“14 2011 analysierte Hans Magnus Enzensberger die Lage der EU 2011 in einem Text, dessen Titel bereits sein Urteil vorwegnimmt: „Sanftes Monster Brüssel oder Die Entmündigung Europas“.15 Er enthält eine knappe, aber präzise Geschichte der europäischen Institutionen, aber auch ihrer Bauten in Brüssel. Und sein Titel deutet an, dass Europa als Idee hinter den Institutionen der EU gleichsam verschwindet.

Auf den zweiten Blick erschien mir dann das Thema dann doch verheißungsvoll:

Denn der Zufall wollte es, dass ich in jenen Tagen im Mai, als Alexander Scholz mit der Frage auf mich zukam, ob ich mir diesen Vortrag vorstellen könne, gerade einige Dokumentarfilme von Volker Koepp (wieder-)gesehen hatte, die von der ARD zu dessen 80. Geburtstag in die Mediathek gestellt worden sind.16 Vor allem Dokumentarfilme, die nach 1990 entstanden sind und die bis auf wenige Ausnahmen stets in Duisburg zu sehen waren. Und diese erkunden immer wieder auf das Neue Teile von Ost-Europa – auf eine anschauliche und intensive Weise. Spannend sind die Filme auch deshalb, weil Volker Koepp sich bei seinen filmischen Erkundungen nicht an den Landes-Grenzen orientiert, sondern stets nach Landschafts-, Sprach und Kulturräumen suchte, die sich meist über mindestens zwei Länder erstrecken.

Europa wurde hier in Koepps Filmen sinnlich – also über Bilder und Töne – als ein Zusammenhang erkennbar, den eine wechselhafte und im 20. Jahrhundert meist auch blutige Geschichte verbindet. Als eine Sammlung höchst unterschiedlicher, aber vergleichbarer politischer-kultureller Wirklichkeiten. Als eine Kumulation von Natur- und kultivierten Landschaften, von Dörfern und Städten, in denen Menschen arbeiten, leben, ja auch lieben. Als ein transnationaler Raum vergangener wie auch gegenwärtiger Konflikte, die bis zum Krieg eskalieren können.

Um das beispielhaft vorzuführen, möchte ich meinen ersten Ausschnitt zeigen.17 Im Film „Seestück“,18 der 2018 auf der Filmwoche lief, bewegte sich Volker Koepp an den Rändern der Ostsee, auch weil die Länder der Ostsee jenseits der DDR, in der er ja bis 1989 lebte, für ihn „Sehnsuchtsorte“ gewesen seien.19 So springt der Film von Küste zu Küste, mal entlang, mal über die Ostsee und beispielhaft in diesem Ausschnitt – es handelt sich um zwei Szenen, die in der 105. bis zur 116. Minute des Films zu sehen sind – von Schweden nach Lettland.

Die erste Szene enthält ein Gespräch, das eine Mitarbeiterin mit einem Fischer aus Bornholm führt, während er auf seinem Boot Fische ausnimmt. Und nachfolgend eine Szene aus der Küste von Lettland mit einer jungen Frau und ihren beiden Kindern.

Es handelt sich nicht unbedingt um zentrale Szenen dieses Films, aber an ihnen kann ich gut erläutern, was ich gerade mit politischer-kultureller Wirklichkeit meinte: In der ersten Szene erfahren wir etwas über die durch EU-Gesetze und -Vorschriften geänderten Arbeitsbedingungen des schwedischen Fischers, während wir ihn bei einem Teil dieser Arbeit sehen. Europa also als ökonomischer Zusammenhang und als Regelbehörde.

In der zweiten Szene erfahren wir etwas von den Lebensverhältnissen der jungen Frau, die beispielsweise berichtet, dass sie vor acht Jahren aus dem Landesinneren an die Küste Lettlands gezogen sei, und dass man sie in ihrem neuen Heimatdorf erst jetzt langsam nicht mehr nur als Zugezogene wahrnimmt; in einem Halbsatz berichtet die Frau, dass sie schon mehrfach geträumt habe, dass der Dritte Weltkrieg ausgebrochen sei. Europa als ein komplizierter und zudem bedrohter Lebensraum.

An dieser zweiten Szene ist auch zu beobachten, wie das, was Koepp als Regisseur szenisch initiiert hat – die Frau nimmt eine bestimmte Position zur Kamera ein und antwortet auf Fragen aus dem Off – durch die Kinder, die spielen wollen oder den Hautkontakt zur Mutter suchen, immer wieder durcheinandergebracht wird. Die Wirklichkeit wehrt sich in guten Dokumentarfilmen immer ein wenig auch darin, in ein perfektes Bild übertragen zu werden.

3. Kapitel: Die Filme der Filmwoche

Wie bin ich vorgegangen? Zunächst wollte ich es mir leicht machen, indem ich das schon erwähnte Protokult-Archiv der Filmwoche – wirklich eine Schatzkammer! – nutzte und dort unter dem Schlagwort „Europa“ nach Filmen und ihren Diskussionen suchte. Doch das Schlagwortregister fand – nichts. Stattdessen listete es unter dem Adjektiv „europäisch“ 27 Hinweise auf Protokolle auf, was aber mitunter in die Irre führte, weil in der jeweiligen Diskussion das Stichwort zwar vorkam, aber nicht unbedingt im Film, um den es da ging.

Dieses Verfahren brachte also nichts. Ich musste einen anderen Weg finden. Der führte mich über die Kataloge der Filmwoche20, von denen ich viele, aber bei weitem nicht alle besitze. So brachte mir eines Tages Alexander Scholz alle Kataloge der Jahre 1984 bis 2023 (und die Liste der Filme des Jahres 2024) vorbei, die ich dann durcharbeitete. Ich versuchte anhand der Filmbeschreibung, die meist von den Regisseurinnen und Regisseuren selbst stammten, zu eruieren, ob es hier um Europa im weitesten Sinne ginge. Wenn das über den Katalog nicht zu klären war, las ich zusätzlich das betreffende Protokoll der Diskussion.

Ich nahm zunächst alle Filme in die engere Wahl, die in europäischen Ländern angesiedelt sind und die von Regisseurinnen und Regisseuren stammen, die zur Produktionszeit nicht in dem jeweiligen Land lebten. Diese aus Arbeitszeitgründen notwendige Einschränkung hatte Nachteile, weil das etwa die schweizerischen Filme von Erich Langjahr, Peter Liechti, Karl Saurer und anderen ausschloss, in denen binnenethnografisch unbekannte Gegenden und Landschaften des eigenen Landes untersucht werden.21 Ebenso blieben vergleichbare Filme aus Deutschland wie etwa die des Projekts „Prosper Ebel. Chronik einer Zeche und ihrer Siedlung“ von Gabriele Voss, Christoph Hübner und anderen außen vor.22 Es sollte also stets um Filme gehen, die von außen auf die Wirklichkeit des betreffenden Landes oder der betreffenden Länder schauten.

Aber das ergab immer noch ein Konvolut von über 80 Filmen. So nahm ich schweren Herzens in einem zweiten Schritt Filme zu historischen Themen und über einzelne Menschen heraus, auch wenn mir das in manchem Fall leidtat. Ein Film wie „Das Verschwinden des Ettore Majorana“ (Duisburg 1986) von Fosco und Donatello Dubini oder „Lager des Schweigens“ von Bernard Mangiante (Duisburg 1989) sind es wert, an sie zu erinnern. Aber es ging mir ja um die Gegenwart der Produktionszeit in diesen europäischen Ländern.

So entstand eine Liste von etwa 50 Filmen, zu der noch Vorschläge von der Filmwoche und von 3sat kamen. Am Ende bat ich Alexander Scholz und sein Team, mir etwa 60 Dokumentarfilme zugänglich zu machen, von denen ich selbst keine Kopien besaß. Das gelang nicht in allen Fällen, aber ich habe in den letzten Wochen und Monaten mehr als 40 Filme gesehen.23 Meine folgenden Beobachtungen basieren darauf.

4. Kapitel: Literatur

Als Kontrast zu diesen Filmen las ich in Reportage-Sammlungen, die von Europa handelten: „Ach Europa“ von Hans Magnus Enzensberger24 und „In Europa“ von Geert Mak,25 die „Berichte und Essays“ – so der Untertitel des Sammelbandes „Das Wunder von Nishnij“ –, die Karl Schlögel über seine Reise in Ost-Europa verfasste26 und das „Jahresbuch“ von 2003, das Karl-Markus Gauß unter dem Titel „Von nah, von fern“ veröffentlichte.27 Und gleichsam als Kontrast dazu die Texte, die aus einer Außenperspektive die US-Amerikanerin Jane Kramer als Europa-Korrespondentin des New Yorker schrieb und die unter dem Titel „Sonderbare Europäer. Gesichter und Geschichten“ (1993)28 in deutscher Übersetzung herauskamen. In einer dieser Geschichten wird nebenbei gesagt mit einer filmfernen Episode seines Lebens ein bekannter deutscher Dokumentarist porträtiert, der einige Male in Duisburg zu Gast war.

Dann durchsuchte ich das Register der bereits erwähnten Zeitschrift Merkur, die ja viele Jahre im Untertitel Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken hieß.29 Von den dort unter dem Stichwort Europa genannten mehr als 3661 (!) Hinweise30 auf Aufsätzen, Essays und neuerdings Blogs habe ich einige wenige gelesen – vom bereits zitierten Bohrer, von Jürgen Mittelstraß und von Jean Améry. Nebenbei bemerkt: Über den Merkur, die Zeitschrift wurde ja seit 1984 von Karl Heinz Bohrer herausgegeben, war Werner Ruzicka an eine Reihe von Autoren gekommen, die er als Referenten zu bestimmten Themen auf die Filmwoche einlud: Bohrer selbst oder Manfred Schneider (beide 1993), aber auch Roger Willemsen (1985 und 1989).

Hinzukam ein Buch einer Autorin, von der ich damals noch nicht wusste, dass sie auch hier und heute zu Gast sein würde: Esther Kinsky und ihr Buch „Weiter sehen“31, eine Mischung aus Erinnerungen einer Ich-Erzählerin an ihre Reisen und ihr Leben in Ungarn und einer eingeschlossen Erzählung über einen Mann, der über viele Jahre ein Kino in einer ungarischen Kleinstadt betrieb. Das Kino also als ein Ort (und Betrieb), an dem sich Unterschiede innerhalb von Europa zeigen lassen. Als dritte literarische Gattung kamen Gedichte hinzu wie ein legendäres der österreichischen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann aus dem Jahr 1966, das den schönen Titel trägt: „Böhmen liegt am Meer“. Es beginnt so:

Sind hierorts Häuser grün, tret ich noch in ein Haus

Sind hier die Brücken heil, geh ich auf gutem Grund.

Ist Liebesmüh in alle Zeit verloren, verlier ich sie hier gern.

Bin ich’s nicht, ist es einer, der ist so gut wie ich.

Grenzt hier ein Wort an mich, so laß ich’s grenzen.

Liegt Böhmen noch am Meer, glaube ich den Meeren
wieder.

Und glaub ich noch ans Meer, so hoffe ich auf Land.

(…)32

Und last but not least eine Sammlung von Gedichten, die eine der wichtigsten deutschen Lyrikerin der letzten 30 Jahre verfasste und die bis zu ihrem Tod vor drei Jahren in Duisburg lebte, aber – soweit ich weiß – nie auf der Filmwoche zu Gast war: Barbara Köhler.33 In ihrer Lyrik hat sie mannigfach über europäische Sprachen nachgedacht.34 Als Beispiel möchte ich eine Passage aus ihrem Buch „Istanbul, Zusehends“ zitieren, das Erfahrungen eines mehrmonatigen Aufenthalts am Bosporus in Gedichten und – wie es im Untertitel heißt – auf „Lichtbildern“ festhält:

Io kam hier durch: bewacht von tausend

Augen verfolgt. Die Argonauten folgten

später, einer von ihnen hieß Argos: Io

kam aus Argos das eine Stadt war Argos

hieß auch ihr tausendäugiger Hirt oder

waren es hundert? Pfauenengel der taus

(Melek: Melek Taus) -endäugiger Hirten

engel ferner Erinnerungen – kurdisches

Augenmustern so Pfauenengelaugenmuster

war sie nun Io verwandelt zu einer Kuh

schwamm hier durchs Meer das sie trug:

Boosporus die Kuh tragend. Boğaz: der

Schlund, der Hals. Boos: Ochs oder Kuh

auf griechischer Seite, türkisch boğa

der Stier, der Bulle. Als Stier zeugte

Zeus mit Europa Kinder wie mit Io wird

erzählt (…)35

Der Textausschnitt erinnert an die Gemeinsamkeit europäischer Sprachen wie auch an ihre Mythen. So sind Io und Europa Frauen der griechischen Mythologie, in der sie – mal eindeutig, mal weniger eindeutig – als Opfer männlicher Gewalt erscheinen. Die Geschichte der Europa (man kann diesen Namen als „weitgesichtig“36 oder als „die weit blickt“37 lesen) ist in Deutschland vor allem durch die naive, um Gewalt und Eros befreite Nacherzählung des Lehrers (und Antisemiten) Gustav Schwab in dessen Sammlung „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“, deren erste Auflage 1838 erschien, bekannt. Danach näherte sich Zeus dem jungen Mädchen Europa am Strand des Mittelmeers in der Gestalt eines schönen Stiers. Als sich die Königstochter spielerisch auf den knienden Stier setzt, läuft er ins Meer und schwimmt mit ihr über einen Tag und eine Nacht auf eine entfernte Insel (Kreta), auf der Europa zukünftig leben wird. Dort allein gelassen erscheint ihr in ihrer Verzweiflung die Göttin Aphrodite, die ihr erklärt, dass der Stier, der sie entführte, Zeus gewesen sei. „[D]u bist die irdische Gattin des unbesiegten Gottes. Unsterblich wird dein Name werden; denn der fremde Weltteil, der dich aufgenommen hat, heißt hinfort E u r o p a.“38 (Sperrung im Original.)

In Deutschland gehört diese Nacherzählung von Schwab zum ehernen Bestand, auf den in vielen politischen Reden zurückgegriffen wird, wenn es um Europa als Idee und als Begründung der EU geht. Selbstverständlich ist alles viel komplizierter, als es Schwab erzählt.39 In dem Homer zugeschriebenem Epos „Ilias“ (etwa 700 v. Chr.) wird Europa allein in einem Gespräch von Zeus erwähnt, der sie als eine der Frauen benennt, mit denen er einen Sohn – den kretischen Herrscher Minos – zeugte.40 Bei Hesiod in der „Theogonie“ (etwa 700 v. Chr.) wird Europa nur in der Reihe der Okeaniden aufgezählt.41 Erst Moschos (etwa 150 v. Chr.) formuliert die Geschichte in seinem Gedicht „Europa“42 aus, dem dann inhaltlich viele Autoren der Antike folgten43, so etwa im Lateinischen Horaz in den „Oden“ (23. v. Chr.)44 oder Ovid in den „Metamorphosen“ (1.-8. n. Chr.)45 Es entstanden bis in die Gegenwart nicht nur viele Nacherzählungen,46 sondern auch ein Berg an Zeichnungen und Gemälde,47 was die Bildmächtigkeit der Europa-Erzählung beweist.

Aber bereits Herodot enttarnte diese Erzählung als Camouflage realer Raubzüge, die von den Beteiligten (Griechen, Phönizier, Perser) unterschiedlich erzählt würden.48 Ranke-Graves vermutet im 20. Jahrhundert nach Sichtung vieler Quellen, dass Seeräuber die junge Frau vom Strand in Kanaan entführten und nach Kreta verschleppten.49 Kanaan wird später Phönizien genannt, umfasst also Teile des heutigen Libanons, Syriens und Israels. In der Mythengeschichte beherrschte der Vater der Europa50 dieses Land. Nach deren Entführung sandte er seine Söhne aus, ihre Schwester zu suchen. Bei ihrer Suche nehmen sie Land in der heutigen Türkei wie in Griechenland und gründen Städte wie Theben. Klaus Theweleit schreibt dazu im „Buch der Königstöchter“: „(…) es scheint, als hätte jeder irgendwie relevante Kolonisierungs- und/oder Eroberungsschritt im Lauf der frühgriechischen Jahrhunderte seine orale und dann auch aufgeschriebene Begleit- und Begründungsstory erhalten.“51 Annette Kuhn Kuhn sieht das ähnlich, wenn sie schreibt „Europa wird als „entführte“ Frau vorgestellt, die in dieser passiven Rolle den Männern als Sinnbild für ihre Siege und als Legitimation für ihre Gewaltanwendung dient“.Schon beim erwähnten Moschos erscheint „(…) mit Streicheln, Ablecken und Kuss (…) Europa selbst aktiv, obgleich sie ahnt, dass der Stier kein gewöhnlicher sein kann“.52

Theweleit zitiert im erwähnten Zusammenhang die Archäologin Katharina Horst mit dem Hinweis, dass die Grenze zwischen Orient und Europa, die von uns durch heutige Staatsgrenzen vor den Küsten Kleinasiens definiert wird, „faktisch in der Prähistorie nicht vorhanden“ war.53 Daran will ich mich im Folgenden halten.

5. Kapitel: Format, Technik, Ökonomie

Zur Einleitung der ersten Beobachtung möchte ich einen Ausschnitt aus dem Film „Transit Levankade“ (Duisburg 1991) von Rosemarie Blank zeigen. (Es handelte sich um die ersten sechs Minuten des Films.) Das Still aus der Eröffnungseinstellung zeigt einen Hafenkai in Amsterdam, hinter dem linken Bildrand liegt die Wasserstraße.

Rosemarie Blank hatte in Berlin an der Hochschule der Künste Bildhauerei studiert und dann Pädagogik, ehe sie sich für die Niederlande Interessierte. Dort dreht sie für das Kleine Fernsehspiel des ZDF diesen Film über eine Gruppe von jungen Menschen, die aus vielen europäischen Ländern kommend in einem aufgelassenen Gebiet des Amsterdamer Hafens wohnen. Der Film hält ihre Lebensverhältnisse fest, lässt sie von ihren Träumen erzählen, und setzt dazwischen historisches Material, das daran erinnert, dass von diesem Kai viele Emigranten aus Ost-Europa, ab 1933 auch Flüchtlinge vor den Nazis nach Amerika aufbrachen. Es entsteht das Bild eines alternativen Lebensversuchs, der am Ende nach einer Brandstiftung in Flammen aufgeht. Man kann das als ein Bild für vieles nehmen, was in den nächsten 30 Jahren aus Europa berichtet wird. Die Menschen mühen sich, doch vieles geht angesichts der Verhältnisse und ihrer Gewalt schief.

Beobachtung 1: Nur noch wenige Filme dokumentieren anders als noch in den frühen 1980er-Jahren Versuche alternativer Lebens- und Arbeitsformen.

Zugleich ist es ein Film, der ungewollt die technischen Begrenzungen der Filmproduktion in den späten 1980er-Jahre zeigt: Deshalb sind die Einstellungen so eng, deshalb wird der Ort filmisch nicht gefeiert. Es fehlen Bilder der glitzernden Wasserfläche, wie sie gerade noch bei Volker Koepp zu sehen waren. Damals wurde noch auf 16mm-Film oder auf analogem Video gedreht. Beide Aufnahmetechniken stießen gerade bei Totalen und bei schlechten Lichtverhältnissen an Grenzen. Zudem ist der Film im Seiten-Verhältnis von 4:3 gedreht, was damals für Dokumentarfilme eine Norm war, weil das Fernsehen als Hauptauftraggeber ungern Filme in Breitwand- und Scope-Formaten zeigte, aber eben nicht unbedingt zu totalen Einstellungen einlud.

Das änderte sich zu Beginn des neuen Jahrhunderts mit dem Wechsel von SD-TV zu HDTV, das nun 16:9 zur Norm erhob. Und die meisten Dokumentarfilme folgten dieser von der Technikindustrie vorgegebenen Norm. Aber nicht nur die neue Digitaltechnik, die zu einer gewissen Über-Schärfe des Filmbildes führte, sondern auch die Miniaturisierung der Kameras, leichtere Stative und deutlich bequemere Steadycams haben dazu geführt, dass dokumentarische Bilder viel stärker komponiert werden können. Das tendenziell unscharfe Bild einer hektischen Schulterkamera, das noch den Charakter des direct cinema ausmachte – fly-on-the-wall mag zwar ideologisch das Ziel mancher Dokumentaristen gewesen sein, aber fast nie Praxis –, ist verschwunden.

Es ist also nicht nur James Benning54 zu verdanken, der hier in Duisburg 2009 seinen Film „Ruhr“55 zeigte, dass die Landschaftstotale und das komponierte Filmbild seit 20 Jahren einen enormen Zuwachs an Zeit und Bedeutung in den Dokumentarfilmen gewonnen haben.

Beobachtung 2: Der Bedeutungszuwachs der Landschaftstotalen ist vor allem ein Ergebnis technischer Änderungen und Modifikationen. Was in den 1980er-Jahren die Ausnahme etwa in den Filmen von Hartmut Bitomsky und Volker Koepp – beide drehten ja lange auf 35mm-Filmmaterial – war, ist heute eine Selbstverständlichkeit, ja anscheinend sogar eine Pflicht. Was zu einem gewissen Überdruss an diesen schönen Totalen führen kann.

Über technische Bedingungen wurde, nehme ich die Protokolle zur Grundlage, auf der Filmwoche nur selten gesprochen. Thomas Arslan erklärte einmal, dass er seinen Film „Aus der Ferne“ (Duisburg 2006) auf Film gedreht habe, um nicht beim Schnitt vor einem Berg an Videokassetten zu sitzen.56 Peter Schreiner lobte ausdrücklich die neuen kleinen Digitalkameras, die ihm in seinem Film „Bellavista“(Duisburg 2006) eine diskrete Nähe ermöglicht hätten.57

Generell gilt:
Beobachtung 3: Den Duisburger Diskussionen gerieten die Veränderungen der filmischen Technik und Ökonomie nicht in den Blick. Mitte der 1980er-Jahre kostete ein professionelles Equipment für Dokumentarfilm noch mehr als umgerechnet 100.000 Euro, wenn man damals Filmkamera, Schneidetisch, Tonbandgerät und Mikrophone neu anschaffte. (Professionelle Videotechnik war noch teurer.) Heute erhält man für ein Zehntel der damaligen Investitionssumme Digitalgeräte, die – rein technisch gesehen – bessere Bilder erzeugen als die analogen zuvor. Andererseits verlängerten sich durch die digitale Überproduktion enorm die Schnitt- und Postproduktionszeiten. Man kann sagen, dass die Ersparnis der Produktion in die Kosten der Postproduktion wanderte.

6. Kapitel: Die Kategorie des Zusammenhangs

Landschaftsaufnahmen gibt es bei Peter Nestler auch, sie werden aber meist in einen historischen Kontext gestellt. Nestler ist ein europäischer Dokumentarist par exzellence. Er begann mit seinen Filmen in Deutschland, ging dann, als das deutsche Fernsehen ihn nicht mehr beschäftigte, nach Schweden, drehte von dort Filme über Griechenland und die Junta, den Spanischen Bürgerkrieg, die Donau und über die deutsche Geschichte.58 Ich zeige einen Ausschnitt (Minute 64 bis 72) aus dem Film „Die Nordkalotte“ (Duisburg 1991). Der Film berichtet von Gegenwart und Vergangenheit einer Region – Lappland –, die sich heute vier Länder teilen: Schweden, wo der Film beginnt, Norwegen, Finnland und Russland, wo die beiden Szenen spielen, die ich ausgewählt habe.

Die Eingangstotale in Russland (Still) zeigt die Umweltzerstörung, die durch den Abbau von Schwermetallen (Nickel, Kupfer) entsteht. Das beschreibt der von Nestler selbst gesprochene Kommentar, und das erläutert eine Lehrerin vor ihrer Schulklasse, mit der sie in die Landschaft gefahren ist, wo sich die ökologischen Veränderungen zeigen. Zwischendurch berichtet Nestler von einem Fischer und Jäger, der 1935 mit seiner Familie vom Staat umgebracht wurde, weil er angeblich Fremden die geheime Stadt, die für den Metallabbau errichtet worden war, gezeigt hätte.

Wie Volker Koepp in „Seestück“ verbindet Nestler die Gegenwartserkundungen mit Episoden aus der Geschichte. So zeigt er beispielsweise in Norwegen eine Tafel, auf der jugoslawischen „Fremdarbeitern“ – so nannten die Nazis ihre Arbeitssklaven – gedacht wurde, die von deutschen Soldaten erschossen worden waren, nachdem sie dort während der deutschen Besatzungszeit eine Straße errichtet hatten. Grenzen erscheinen in den Filmen von Koepp aus Osteuropa und in Nestlers „Nordkalotte“ wie Zufallserscheinungen, die sich bestimmten historischen Situationen und Bedingungen verdanken, die zwar an Grenzzäunen und Schlagbäumen erkennbar, aber selten evident sind.

Als in Europa die Grenzen geöffnet wurden, Kontrollen zwischen den Ländern der EU nicht mehr stattfanden, wurde das als eine Art von Selbstverständlichkeit wahrgenommen. Es wurde allein als Erleichterung des Personen- und vor allem Warenverkehrs aufgefasst und nicht als eine Befreiung des jeweiligen Menschen vor Kontrollen und Überprüfung. Die verschwundenen Grenzen gaben kein starkes Bild ab. Erst wenn wieder kontrolliert wird, erinnert man sich dieser Freiheit.

Beobachtung 4: Am spannendsten erschienen mir in diesen Tagen Filme, die einen komplexen Zusammenhang quer zu nationalen Grenzen in der Gegenwart erfassten und diesen mit einer historischen Untersuchung koppelten. Diese Filme entgingen einer gleichsam nationalen Perspektive und weiteten den Horizont.

So schieben sich im Film „Absolut Warhola“ von Stanislaw Mucha (Duisburg 2001)59 Erfahrungen, die Menschen in diesem Grenzgebiet von Slowenien und der Ukraine in den letzten 50 Jahren machten, vor die Suche nach den Spuren des Künstlers Andy Warhol. Und Ruth Beckermann geht in ihrem gedankenreichen, viele Assoziationen weckenden Film-Essay „Those Who Go Those Who Stay“ (Duisburg 2013) Fluchtbewegungen in Gegenwart und Vergangenheit nach.

„Nordkalotte“ erinnerte mich in der Bewegungsform an den Film „De platte Jungle“ (Der flache Dschungel) von Johan van der Keuken60, der für diesen Film 1978 das Wattenmeer von den Niederlanden über Deutschland bis nach Dänemark erkundete. Nestlers Filme über die Donau erinnerten mich an die grandiosen Essaybände von Claudio Magris – etwa seine mit Angelo Ara verfasste Studie zu „Triest“ oder eben über die „Donau“.61

Das bringt mich zu der Frage, warum es noch keine Filme gibt,62 die heute die Donau oder andere transeuropäische Flüsse herauf- oder hinunterfahren,63 oder auf den großen Verkehrstangenten durch Europa reisen, wie es in den USA Hartmut Bitomsky für den Film „Highway 40 West. Reise in Amerika“ (1981)64 oder Robert Kramer in „Route One/USA“ (1989)65 getan haben?

Es gibt immerhin einige Filme, die Vergleiche zwischen ähnlichen oder identischen Erscheinungen in Europa ziehen: „Die Potemkische Stadt“ (Duisburg 1988) von Mischka Popp und Thomas Bergmann erforscht das Leben in Trabantenstädten in Deutschland, Frankreich und Spanien; interessanterweise wurde dem Film in Duisburg vorgeworfen, er versuche sich an einer „Konstruktion einer europäischen Großstadt“.66 In „Divina Obsession“ (Duisburg 1999) fragt sich Volko Kamensky, warum die Idee des Kreisverkehrs, die es im französischen Straßenverkehr in vielen Varianten zu bestaunen gibt, nur in geringer Zahl in Deutschland Wirklichkeit wurde. Und David Wittenberg erzählt in einem 15minütigen Kurzfilm der verdienstvollen WDR-Reihe „Rückblende“, die leider auf der Filmwoche nie thematisiert wurde, „Kaffeehausgeschichten Wien-Prag-Berlin“.67

Was fehlt mir noch? Beispielsweise eine filmische Darstellung von Brüssel als europäischer Hauptstadt mit ihren Bürokratien, deren Bauten und Sozialstrukturen, wie sie Enzensberger im erwähnten Buch skizziert und wie sie Robert Menasse in seinem Roman „Die Hauptstadt“68 ausgemalt hat. Uninteressant in diesem Zusammenhang der ansonsten durchaus bemerkenswerte Film „Abendland“ (Duisburg 2011) von Nikolaus Geyrhalter, der seinen im Titel benannten Gegenstand – also Europa – in so viele heterogene Szenen auflöst, dass das Gemeinsame der Behörden und Strukturen weniger analytisch herausgearbeitet als vielmehr dräuend beschworen wird.

7. Kapitel: Geschichten vom Ich

Von einer ebenfalls komplizierten Geschichte des 20. Jahrhunderts erzählt der Film „Balkan Champion“ von Réka Kincses, der 2006 in Duisburg lief.69 Wir sehen einen Ausschnitt von Minute 15 bis 20. (Das Still zeigt den Vater der Regisseurin, der 1990 auf einer Kundgebung spricht.)

Der Film erzählt von der Geschichte der ungarischen Minderheit in Rumänien, die Ende 1989 einen kurzen Moment lang für eine revolutionäre Situation sorgten, die wenig später zum Sturz des sich kommunistisch nennenden Diktators Ceaușescu führte. (Das rekonstruiert der Filme „Videogramme einer Revolution“ (Duisburg 1992) von Harun Farocki und Andrei Ujica.)70 Wenige Monate später reagierte die rumänische Mehrheitsgesellschaft aggressiv auf die Selbstbehauptungsversuche der ungarischen Minderheit. Das ist zu Beginn des Ausschnitts zu sehen. Ursache der Aggressionen ist die verwickelten Geschichte dieser Siebenbürger-Gegend, die mehrfach zwischen Österreich, Ungarn und Rumänien hin- und herwechselte, was jedes Mal Gewaltexzesse der Sieger über die Verlierer zur Folge hatte, die noch nach vielen Jahren in den Familien erinnert werden. Tatsächlich erzählt dieser Film zugleich eine Familiengeschichte. Das führt mich zu meiner nächsten Beobachtung:

Beobachtung 5: Die Zahl der Filme, die ihren Ausgangspunkt im Privaten nehmen, hat stark zugenommen. Ob Väter, Mutter, Großeltern oder andere Verwandte, sie werden oft wie die familiären Verhältnisse, in denen sie und auch die Regisseurin oder der Regisseur stecken, porträtiert und analysiert. Zugleich dominiert auch in den Filmbeschreibungen des Katalogs die Erste Person Singular, was in den ersten zehn Jahren der Filmwoche die absolute Ausnahme war. Vielleicht zur Kompensation dieser Ich-Bezogenheit der Filme werden ihre Abspänne immer länger.

Allerdings verbindet „Balkan Champion“ die familiäre und damit tendenziell private Geschichte stets mit der Allgemeingeschichte. Konflikte in der Familie haben ihre Ursache in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Das politische Engagement des Vaters, das zu einem mehrjährigen Exil in Ungarn führt, bedroht wiederum den familiären Zusammenhalt, was besonders die Schwester der Regisseurin verspürte. Der Film endet in einer berührenden gestischen Annäherung.

In seiner Allgemeingeschichte verweist der Film indirekt auf jene Pariser Vorort-Verträge (Versailles, Saint-Germain-en-Laye, Trianon), die 1919 nach dem Ende des 1. Weltkriegs geschlossen wurden und mit denen in weiten Teilen Europas Grenzen neu gezogen wurden. Hier also die Abtretung von Landesteilen des ehemaligen Königsreichs Ungarn, das ja bis zur Niederlage im Ersten Weltkrieg mit Österreich eine von Wien beherrschte Doppelmonarchie bildete, an Rumänien.

Was für Siebenbürgen gilt, gilt auch für die ebenfalls mehrsprachige Bukowina, die 1919 an Rumänien fiel, ehe sie die Sowjetunion 1940 nach dem Hitler-Stalinpakt annektierte, und die deutsche Armee sie danach im Zuge ihres Angriffskrieges besetzte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie endgültig zwischen Rumänien und der Sowjetunion geteilt, die den nördlichen Teil mit der Hauptstadt Czernowitz der damaligen Teilrepublik Ukraine zuschlug, zu der sie nach deren Selbstständigkeit 1991 gehört. Hier drehte Volker Koepp sein viel beachtetes Doppelporträt „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“ (Duisburg 1999), das ja emphatisch in den Erzählungen der Protagonisten an die Geschichte der deutschsprachigen Juden in der Bukowina erinnert.

Von den Folgen der Pariser Vorort-Verträge handeln ebenso indirekt auch andere Filme: Als ein Beispiel sei „Durchgangsland“ von Daniel Fill genannt, der in dieser Filmwoche 2024 zu sehen war. Der Film spielt in einem süd-tiroler Grenzort, der seit 1919 nicht mehr zum aufgelösten Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn, sondern zu Italien gehört, was im Film mehrfach von Protagonistinnen und Protagonisten angesprochen wird. An einen noch älteren Teil der europäischen Geschichte erinnerte „Bellavista“ (Duisburg 2006) von Peter Schreiner. Der Film spielt im Dorf Sappada in den Karnischen Alpen, das seit dem 19. Jahrhundert zu Venetien und dann im Zuge der italienischen National- und Einheitsbewegung ab 1866 zu Italien gehörte, das aber bis heute eine deutsche Sprachinsel bildet; man braucht eine Zeit, um sich in diesen Dialekt hineinzuhören, eine oft fremd, dann wieder vertraut wirkende Sprache, die einem nebenbei die Geschichtlichkeit des eigenen Sprechens demonstriert.

Die Nationalbewegungen des 19. Jahrhunderts brachten ja nicht nur durch das Risorgimento die Einheit Italiens hervor, sondern legitimierten auch die deutsche Reichgründung durch Preußen, die nach dem Sieg gegen Frankreich in dessen Hauptstadt Paris 1871 proklamiert wurde. Nach der Niederlage musste Frankreich an dieses neue Kaiserreich Elsass-Lohringen abtreten. Das wurde mit der Grenze des Sprachgebrauchs legitimiert. Der Irredentismus des 20. Jahrhunderts verfolgte im 20. Jahrhundert ähnliche Zwecke, nämlich die Staatsgrenzen nach der Mehrheit der jeweils gesprochenen Sprache neu zu ordnen. In den erwähnten Pariser Vorort-Verträgen wurden viele Wünsche der Irredenta Wirklichkeit. Mit den Vielvölkerstaaten – erst Österreich-Ungarn, dann Jugoslawien – verschwand auch Vielsprachigkeit in Europa. (Ausnahme bleibt die Schweiz mit ihren vier Amtssprachen.)

8. Kapitel: Ost- und Südosteuropa

Der Film „Balkan Champion“ hat mich aber noch auf etwas aufmerksam gemacht, was mir bereits m Zusammenhang des Films von Volker Koepp hätte auffallen müssen:

Beobachtung 6: Insgesamt hat die Zahl der Filme, in denen es um Länder in Ost-Europa geht, also um Länder, die bis 1989 zum Warschauer Pakt der Sowjetunion gehörten, stark zugenommen. Gleichermaßen ist die Zahl der Filme, die in West-, Süd- und Nordeuropa spielen, zurückgegangen.

Das hat einen Grund darin, dass diese Länder 1990 „aus dem toten Winkel, in die sie verbannt waren, herausgetreten sind“, wie Karl Schlögel 1991 schreibt.71 Volker Koepp hat auch in Duisburg mehrfach erwähnt, wie er nach dem Zerfall des Warschauer Pakts sich zum ersten Mal frei in Polen, in der Ukraine, in den baltischen Staaten, selbst in der russischen Enklave Kaliningrad bewegen und damit auch filmen konnte. Das hat einen zweiten Grund darin, dass in den frühen 1980er-Jahren und verstärkt nach 1990 viele Menschen aus osteuropäischen Ländern in die Bundesrepublik zogen, deren Kinder später an den Film- und Kunsthochschulen studierten und oft ihre ersten Filme über Themen ihrer familiären Herkunft drehten.

Einmal fand ich in den Protokollen den Hinweis, dass eine Redakteurin – Inge Classen, an die ich gerne an dieser Stelle erinnern möchte, sie starb vor sieben Jahren und war viele Jahre mit den von ihr bei 3sat produzierten Filme zu Gast in Duisburg – einer Regisseurin den Anstoß zu einem Film gegeben habe, der sie für eine gewisse Zeit von den autobiografischen Arbeiten wegbrachte.72

Gemeint ist Karin Jurschick und ihr Film „Die Helfer und die Frauen“ (Duisburg 2003).73 Der Ausschnitt stammt von Minute 45 und geht bis zur Minute 56.

Am Anfang sehen wir zwei junge Frauen, die sich als Prostituierte in Bosnien und im Kosovo verdingen müssen. Sie wurden inhaftiert. Nun muss geklärt werden, ob sie Opfer etwa eines Zuhälterrings sind oder gleichsam aus eigenen Stücken dort sind. Das Geschäft der Prostitution wurde vor allem durch die ausländischen Truppen, Polizeieinheiten und Hilfsorganisationen angestoßen, die zur Stabilisierung der Länder etwa nach dem Abkommen von Dayton74 1995 nach Bosnien und nach 1999 ins Kosovo gekommen sind. Nun müssen sich die internationalen Polizeieinheiten in der Gestalt der für die Zuhälter profitablen Prostitution mit den Folgen ihrer eigenen Anwesenheit im Land auseinandersetzen.

Ein Film, der die Ökonomie der Sexarbeit und ihren Kreislauf aus Armut und Prostitution in Europa aufzeichnet und der die absurden Probleme festhält, die etwa die Polizei hat. In der Zelle, die das Still zeigt, werden die Frauen solange festgehalten, bis feststeht, ob sie Sexsklavin, also Opfer sind, oder freiwillige Prostituierte, die damit gegen Landesgesetze verstößt. Objekte der Polizei bleiben sie auf jeden Fall. Karin Jurschik spricht mit vielen Beteiligten, und manchmal hört man ihren Fragen die Irritation oder auch die Wut an, die sie angesichts dieser Gewaltverhältnisse beschleicht. Die kreisförmige Gewalt-Struktur der Prostitution bildet der Film in einer Kreisform ab: Er beginnt und endet in Moldawien (Republik Moldau) und berichtet von der Armut dort, der Frauen zu entfliehen suchen, indem sie dem Versprechen auf besser bezahlte Arbeit in Bosnien und im Kosovo glauben, mit dem Zuhälter sie anlocken.

Der Film berichtet so also auch von der Republik Moldau, einem Land, das ebenfalls ein mehrfaches und zudem kompliziertes Produkt jener geschichtlichen Verwicklungen des 20. Jahrhunderts ist.75 Von dieser Republik hört man in den Nachrichten nichts, es sei denn, wenn dort wie dieser Tage (Oktober 2024) gewählt wird, und eine EU-freundliche Präsidentin in Gefahr steht, abgewählt zu werden, was aber dann doch glücklicherweise nicht geschah.

9. Kapitel: Konflikte und Kriege

„Die Helfer und die Frauen“, der ja indirekt von den Folgen der Kriege handelt, die nach dem Zerfall von Jugoslawien in den 1990er-Jahren ausbrachen, erinnerte mich an folgendes:

Beobachtung 7: Die große Zahl der Filme aus Ost- und Südosteuropa ist auch den dortigen Konflikten, Krisen und Kriegen geschuldet, die von den Dokumentarfilmen immer wieder thematisiert wurden.

Verwiesen sei hier summarisch auf die in Duisburg gezeigten Filme „Wundbrand Sarajewo, 17 Tage im August“ (1994) von Johan Feindt und Didi Danquart, „Die dritte Brücke“ (1994) und Die Reise nach Mostar“ (1995) von Klaus Wildenhahn, „Kriegssplitter“ (1996) von Johan Feindt, „Das Jahr nach Dayton“ (1997) von Nikolaus Geyrhalter, „Nach Saison“ (1997) von Miriam Quinte und Pepe Danquart, „Draga Ljiljana“ (2000) von Nina Kusturica, „The Punishment“ (2000) von Goran Rebic, und „Weiße Raben – Alptraum Tschetschenien“ (2005) von Johan Feindt und Tamara Trampe, der allerdings den Krieg der Russen in Tschetschenien thematisiert, mit dem Putins Aufstieg begann, während die anderen von den Kriegen berichten, die nach dem Zerfall von Jugoslawien einsetzten oder diesen auslösten.

Der Vielvölker-Staat Jugoslawien war ja ebenfalls ein Produkt der erwähnten Pariser-Vorort-Verträge; er wurde 1918 als Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen gegründet, das bis zur Deutschen Besatzung 1941 bestand und 1945 nach der Befreiung – auch dank einer starken Partisanenbewegung – als Sozialistische Republik Jugoslawien neugegründet wurde. 1990 zerbrach diese Republik entlang der Sprachgrenzen und alten Grenzlinien in die heute unabhängige Staaten Serbien, Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Kosovo.

Die erwähnten Filme halten nebenbei fest, wie überrascht Filmemacherinnen und Filmemacher auf die Tatsache reagierten, dass es in inmitten von Europa zwischen 1991 und 2001 zu mehreren lokalen Kriegen mit vielen Toten und ethnischen Vertreibungen kam. Eine Verwunderung, die heute in der Zeit des Kriegs gegen die Ukraine verschwunden ist.

Der Erste Weltkrieg, der im Englischen „Great War“ und im Französischen „Grand Guerre“ genannt wird, taucht in den Dokumentarfilmen nicht oder nur indirekt auf. Dass er dem Dokumentarfilm außer Blick geriet, kann am Mangel des filmischen Archiv-Materials liegen. (Die meisten Filmbilder dieses Kriegs, die als dokumentarisch ausgegeben wurden, haben sich als inszeniert herausgestellt.) Es hat aber auch mit einer gewissen historischen Kurzsichtigkeit zu tun, wie ja die Nachwirkungen dieses Kriegs bis in die Gegenwart in Europa zeigen. Um so wichtiger der Film „Reise nach Ostende“ von Klaus Wildenhahn, der sich im geschichtsträchtigen Jahr 1989, als alle nach Osten blickten, nach Westen aufmachte, um in Belgien den Gewaltspuren nachzuforschen, die von der deutschen Armee bei der Besatzung des Landes im Ersten Weltkrieg (und dann auch später im Zweiten) hinterlassen wurden. Ein Film, der nicht in Duisburg lief.76

10. Kapitel: Fluchtbewegungen

Südeuropa – genauer gesagt: Italien und Spanien und das Mittelmeer – wiederum erschienen mehrfach in Filmen, die in unterschiedlichster Form von der Flucht von Menschen über das Mittelmeer berichten: „Revision“ von Philip Scheffner (Duisburg 2012) als Montage aus einem extrem verlangsamten Video eines Flüchtlingsbootes zu Tönen, die aus sehr unterschiedlichen Perspektiven Material zu den sich im Bild erahnenden katastrophalen Verhältnissen der Flucht versammeln. Eine ähnliche Szene war in Realzeit im Film „Tarifa Trafic“ von Joakim Demmer (Duisburg 2003)77 zu sehen, der die Reaktion der Menschen in einem spanischen Küstenort schildert, an deren Strand immer wieder die Leichen von Menschen angeschwemmt werden, die auf der Flucht ertrunken sind. Dieselbe Perspektive, aber als Langzeitbeobachtung nimmt der Film „Lampedusa im Winter“ von Jakob Brossmann ein (Duisburg 2015).

Für Tarifa wie Lampedusa gilt, was Schlögel bereits 1991 beschrieb, „[u]nscheinbare Hafenorte werden durch die Geschichte zu Geschichtsorten.“78 Er verweist anschließend auf historische Fluchtorte: „Noworossisk und die Häfen der Krim im russischen Bürgerkrieg, Marseille und Lissabon als Fluchtpunkt der Naziopfer“.79 Auf diesen Zusammenhang hatte ja auch der bereits erwähnte Film von Ruth Beckermann „Those Who Go Those Who Stay“ hingewiesen, der zudem als Fluchtort ergänzt: Palästina/Israel.80

„Tarifa Trafic“ und „Lampedusa im Winter“ erzählen zugleich von den Lebensverhältnissen der Menschen vor Ort, die sich ja am Rand von Europa befinden; so begleitet der Film von Brossmann den Kampf der Fischer um bessere Fährverbindungen und erleben wir im Film von Demmer, wie die Sozialstruktur an der andalusischen Küste funktioniert. Es gerät somit ein Alltag ins Bild, den man sonst nicht wahrnimmt.

11. Kapitel: Die andere Seite Europas

Die Zahl der Filme aus West-, Süd- und Nordeuropa hat abgenommen, sagte ich. Aber es gibt sie noch – auch jenseits des aktuellen Themas der Flucht. Von einem besonderen Beispiel möchte ich Ihnen einen Ausschnitt zeigen. Es handelt sich um den Film „Atelier de Conversation“ (Duisburg 2017) von Bernhard Braunstein. Der Ausschnitt geht von Minute 6 bis Minute 16.

Ein wunderbarer Film der Konzentration: Ein Raum, mehrere Moderatoren, eine Reihe von Männern und Frauen, die sich im Französischen üben. Ein Film über das Sprechen und das Verstehen und die Probleme, die das bereitet. Der Film beobachtet mehrere Gespräche, die in einem Raum der Bibliothek des Centre Pompidou in Paris (das Still zeigt diesen Raum) stattfinden. Die Menschen, die hier zusammenkommen und sich in der französischen Sprache üben, sprechen über ihre Herkunft, ihre Arbeits- und Lebensverhältnisse. Das bildet im Kleinen die Welt ab, in der sie leben.

Zu Beginn stellt sich beispielsweise ein Mann vor und sagt auf die Frage, was er von Beruf sei, er habe viele Jahre als Richter in der Türkei gearbeitet. Der folgende Sprecher, der einige Plätze rechts von ihm sitzt, stellt sich als Kurde aus der Türkei vor, der aus politischen Gründen die Türkei verlassen hat; er habe mehrere Monate im Gefängnis gesessen „wegen eines Richters wie ihm“, sagt er und zeigt auf den Mann, der vor ihm sprach. Sein Lächeln deutet an, dass er das als Joke meint, und doch an die Gewaltverhältnisse in der Türkei erinnert. Später wird es an einer Stelle laut, als ein Mann, der als Christ in Ägypten lebte, sich falsch verstanden fühlt. Der Moderator waltet im Wortsinne des Amts und beruhigt die erregte Debatte. Immer wieder geht es zur Sprache zurück. Eine Bolivianerin berichtet von der indigenen Sprache Quechua, die anders als Spanisch, das seit der Kolonialzeit die Amtssprache ist, ihre Muttersprache sei. Und es geht um Missverständnisse, was Worte bedeuten und eben nicht bedeuten, selbst Gesten werden kulturell anderswo anders verstanden.

Beobachtung 8: Wie nebenbei demonstriert der Film ein zentrales Problem von Europa, weshalb die Vorstellung von „Vereinigten Staaten von Europa“ illusionär erscheint, da unterschiedliche Sprachen unterschiedliche Kulturen hervorbringen, die sich über Sprache nur mühsam vermitteln. Gleichzeitig singt der Film ein Loblied auf die Verständigung, wenn der türkische Richter und der kurdische Aktivist nicht in ihren Sprachen, sondern sich auf Französisch austauschen.

Südeuropäische Länder wie Italien und Spanien sind in Deutschland als Urlaubsorte im Bewusstsein, was mit bestimmten Erwartungen, aber auch Bildern verbunden ist. Mit diesen spielen vor allem zwei Filme: „Maryvilla“ von Filipp Forberg (Duisburg 2007) führt uns in langen – an Benning geschulten – Landschaftstotalen vor, wie der Tourismus in Spanien einen Ort architektonisch kostümiert hat; jedes Ferienhaus ist individuell und doch gleichen sie sich wie ein faules Ei dem anderen. „Vista Mare“ von Julia Gutweniger und Florian Kofler (Duisburg 2023) führt uns die Arbeit in der Urlaubsmaschinerie eines italienischen Touristenortes vor; in seinen besten Momenten erinnert der Film an den allerdings wesentlich pointierteren Klassiker „À prospos de Nice“ (1930) von Jean Vigo.

Ein weiterer Film spielt mit den Bildern und Erwartungen, die wir mit Urlaubsorten verbinden: „Heidis Land“ von Susanne Quester (Duisburg 2012) konfrontiert die beiden Romane von Johanna Spyri und Bilder aus der gleichnamigen Zeichentrickserie aus Japan mit eigenen Eindrücken der Schweizer Bergwelt.

12. Kapitel: Arbeit

Ich möchte noch auf einen weiteren Film aus Frankreich eingehen: „Taste of Hope“ von Laura Coppens (Duisburg 2019). (Der Ausschnitt geht vonMinute 5 bis Minute 13.) Der Film beobachtet über einen längeren Zeitraum in einer Firma, die Teebeutel unterschiedlichster Füllung herstellt, den Produktions- wie Planungsprozess.

Das Besondere an der Firma: Sie entstand nach einer mehrjährigen Betriebsbesetzung, die von einer geplanten Verlagerung des Betriebs in den Osten ausgelöst wurde. Es handelt sich um einen der seltenen Betriebe in Selbstverwaltung. So dokumentiert der Film nicht nur kleinteilige Diskussionen, wie sie so auch in Wohngemeinschaften vorkommen könnten, sondern auch einen gewissen utopischen Geist; hier wird Arbeit anders gedacht.

In den 1980er-Jahren hätte ein Dokumentarfilm die Firma noch als Projekt alternativer Lebens- und Arbeitsformen gefeiert. Wie beispielsweise ein Film, der auf der ersten Duisburger Filmwoche 1977 lief: „Der Kampf der LIP-Arbeiter“ von Edith Schmidt (heute Edith Marcello) und David Wittenberg.81 In den 1970er-Jahren wollte die Uhrenfabrik Lip in Besançon die meisten Arbeiterinnen und Arbeiter entlassen. Aus Protest gegen diesen Plan besetzte die Belegschaft die Fabrik und beschloss sie in Eigenbetrieb weiterzuführen. Diese Phase dokumentiert der Film, der sich als Teil einer internationalen Solidarität begriff. Ein ähnlicher Impetus hat Klaus Wildenhahn Mitte der 1980er-Jahre den großen Arbeitskampf englischer Bergleute im Film „Yorkshire“ (Duisburg 1985) begleiten lassen.82

Szenen, wie sie „Taste of Hope“ aus der Verpackungshalle des Tee-Betriebs zeigt, waren in den anderen Dokumentarfilme, die ich für diese Untersuchung sah, eine Rarität.

Beobachtung 9: Arbeit in mannigfacher Form ist in den Filmen, die in Duisburg seit 1984 liefen, deutlich seltener erfasst worden als zuvor.

Woran das liegen kann, zeigt nebenbei der Dokumentarfilm „Nakskov 1:50“ (Duisburg 2022) von Matilda Mester. Im Mittelpunkt steht die dänische Kleinstadt Nakskov, die im 20. Jahrhundert durch zwei große Fabriken bestimmt wurde – eine Werft, die Handels- und Kriegsschiffe herstellen ließ, und eine Zuckerfabrik. Während die Werft schon lange geschlossen ist, arbeiten in der vollautomatisierten Zuckerfabrik nur noch wenige Menschen. Die ehemaligen Arbeiter bauen an einem großen Modell der Zuckerfabrik (Still), in der sie einst selbst arbeiteten. Man sieht sie, wie sie mit großer Sorgfalt an den Miniaturen arbeiten, und hört, wie sie sich dabei alte Geschichten von ihrer Arbeit erzählen.

„Heidis Land“ von Susanne Quester

Ehemalige Arbeiter der Wirft trifft der Film in einem Antiquariat, das in einer Sammlung von Büchern und Artikeln die Geschichte ihres Ortes wie des Schiffbaus festhält.

„Nakskov 1:50“ erzählt, wie im späten 20. Jahrhundert die Industriearbeit verschwunden ist, und wie sich seitdem die von einem Sozialstaat halbwegs versorgten Menschen mit Erinnerungsarbeit beschäftigen. Zugleich erzählt er aber auch von den Bedingungen der Arbeit, die verschwunden ist – er berichtet vom dänischen Kolonialismus, von Frauen, die als ungelernte Arbeitskräfte in der Zuckerfabrik einspringen mussten, von Menschen, die aus Polen ins Land gelockt wurden, um die Rüben zu ernten, die in der Fabrik zu Zucker verarbeitet werden. Heute gibt es neben der hochqualifizierten Arbeit weniger nur noch die Hilfsarbeit der saisonalen Ernten und die Sozialarbeit, zu der man – wenn man böse ist – die Selbstbeschäftigung der Modellbauer wie der Archivare auch rechnen könnte. Was für Nakskov gilt, gilt auch für manche deutsche Städte.

Beobachtung 10: Das Verschwinden der Arbeit als filmischer Gegenstand hat auch dafür gesorgt, dass die Zahl der Filme, die sich einer beobachtenden Methode bedienen, deutlich abgenommen hat. Umgekehrt proportional ist die Zahl essayistischer Filme gestiegen, zu denen „Nakskov 1:50“ auch zu rechnen ist.

13. Kapitel: Arbeitsemigration

Erzählt wurde und wird aber von denen, die einst als billige Arbeitskräfte ins Land geholt, aber kaum willkommen geheißen, geschweige denn bereitwillig als gleichwertig anerkannte Mitglieder in die deutsche Gesellschaft integriert wurden. Eine Reihe beeindruckender Filme handelt vom doppelten Leben dieser Menschen – in Deutschland, wo sie Arbeit fanden, und in der Heimat, aus der sie auf der Suche nach Arbeit kamen. „Mirabella/Sindelfingen“ von Andreas Pichler (Duisburg 2002)83 zeichnet diese doppelte Bewegung nach. Er pendelt zwischen den beiden Orten – der eine liegt in Sizilien, der andere in Schwaben – mit dem Reisebus, mit dem auch viele der Arbeitsemigrantinnen und -emigranten fahren.

„Am Rand der Städte“ von Aysun Bademsoy

Er berichtet von den Arbeitsverhältnissen auf Sizilien (wie der Mann im Still), die viele zur Arbeitsemigration gezwungen hätte, und von den Lebensverhältnissen in Schwaben, an die sich die konservativ erzogenen Sizilianerinnen und Sizilianer erst gewöhnen mussten. Er zeigt, dass die, die in der Industrie Arbeit fanden, es zu einem gewissen Wohlstand gebracht haben, während andere nur mit Mühen über die Runde kommen.

Während viele Männer sich durchaus vorstellen können, als Rentner nach Mirabella zurückzukehren, ist das den meisten Frauen fremd, weil sie bei ihren Kindern in Deutschland leben wollen, aber auch weil sie auf Sizilien wieder auf die klassische Frauenrolle reduziert würden. Auf die Frage, wie die Menschen in Baden-Württemberg auf die italienischen Menschen reagierten, geht der Film nicht ein. In der Duisburger Diskussionen sagte jemand, man müsse wissen, dass es in Baden-Württemberg als cool gälte, Italiener zu sein.84

Über das Leben italienischer Arbeitsemigranten in Berlin hatte „Berlino“ (Duisburg 1999) von Valeska Grisebach berichtet. „Fasolákia“ (Duisburg 2023) von Maximilian Karakatsanis rekonstruiert die Lebensgeschichte seines Großvaters, der in den 1960er-Jahren von Griechenland in die Bundesrepublik ging, wo er viele Jahre auf dem Bau arbeitete. Dieser Großvater kehrte nie mehr in sein Heimatdorf auf dem Peloponnes zurück. Die schwärmenden Landschafts-Totalen, die in der Diskussion kritisiert wurden,85 sind die Bilder des Enkels.

Über das Leben zwischen zwei Welten berichtet in der Form einer über einen längeren Zeitraum gedrehten Beobachtung auch der Film „Köy“ (Duisburg 2021) von Serpil Turhan. (Der Titel bedeutet Dorf auf Kurdisch.) Sie porträtiert drei Frauen unterschiedlichsten Alters, die aus unterschiedlichen kurdischen Dörfern der Türkei stammen und die alle in Berlin-Kreuzberg leben. Die jüngste von ihnen wird im Lauf des Films ihre Aufnahmeprüfung an einer Schauspielschule bestehen und studieren. Die im mittleren Alter führt erfolgreich Café in Berlin, das sie am Ende aufgibt, um in die Heimat zurückzukehren. Die älteste – sie ist die Großmutter der Regisseurin – stellt sich am Ende ihres Lebens die Frage, wo sie bestattet werden möchte.

Diese auf den ersten Blick privaten Themen werden im Film stets vor einem politischen Hintergrund verhandelt, zu dem die Situation in einer immer autokratischer regierten Türkei genauso gehört wie der Kampf der Kurdinnen und Kurden um Selbstbestimmung. So berichtet eine der Frauen ihr Erstaunen, als sie das erste Mal in ihre Heimat zurückkehrte und in einem Bus viele Menschen kurdisch sprechen hörte. Kurdisch war für sie zuvor die Sprache einer kleinen Gruppe, der Familie und weniger Freunde, und nicht die einer Mehrheit. Die Nähe der Regisseurin zu ihren Protagonistinnen erlaubt sehr viele direkte Gespräche, in denen spontan Dinge erinnert, aber auch aktuelle Einschätzungen und Pläne ausgesprochen werden.

„Am Rand der Städte“ von Aysun Bademsoy

Das verleiht dem Film eine Intensität, die sich am Ende noch einmal steigert, als die älteste Frau und also die Großmutter gestorben und in ihrem Heimatdorf (Still) beerdigt wird.

Die Rückkehr von Arbeitsemigrantinnen und -emigranten in ihre Heimat dokumentiert auf ebenso beeindruckende Weise ein Film, der nicht in Duisburg lief: „Am Rand der Städte“ von Aysun Bademsoy aus dem Jahr 2006. Die Regisseurin war aber mit anderen Filmen in Duisburg zu Gast. Einer, der 2019 in Duisburg lief – „Spuren – Die Opfer des NSU“ – brachte mich nach einem Gedankensprung zu einer letzten Beobachtung. Der Gedankensprung bestand darin, dass die Morde des NSU ja auf einer anwachsenden Radikalisierung von nationalistischen Gedanken beruhten, wie sie in manchen Gegenden der Bundesrepublik seit den 1990er-Jahren zu beobachten war und die sich heute in den Wahlerfolgen der AfD niederschlägt. Ähnliche Radikalisierungen im rechten politischen Spektrum gab es zuvor und gleichzeitig in vielen europäischen Ländern zu beobachten: Zuerst in Ungarn und Polen, später auch in den Niederlanden, in Italien und in Frankreich. Von Russland ganz zu schweigen.

Beobachtung 11: Es gab nur einen Film, der sich in Europa mit diesem anwachsenden und sich radikalisierenden Nationalismus, zu dem Chauvinismus und Rassismus dazugehören, beschäftigte: „Der Patriot“ von Katja Fedulova (Duisburg 2018). Ein Porträt eines Jungpolitikers, der in Russland an der Seite des Ultranationalisten Schirinowski politisch Karriere machte. Aber es gab keine Filme, die nach dem Aufstieg der ehedem neofaschistischen Politik in Italien fragten. Es gab keine Beobachtungen in der französischen Provinz, in der Marine Le Pen als Heldin gilt. Es gab keine filmischen Betrachtungen zu einem Politiker-Typus wie Geert Wilders, der in den Niederlanden vom rechtspopulistischen Außenseiter zum Vordenker und Strippenzieher der aktuellen Regierung aufstieg.

14. Kapitel: Der blinde Fleck

Der Film „Am Rande der Nacht“ von Aysun Bademsoy wurde – wie erwähnt – nicht in Duisburg gezeigt. Das gilt auch für andere Filme, die Europa und Europäisches thematisierten, wie Wildenhahns Film „Die Reise nach Ostende“. Edith Schmidt und David Wittenberg, auf deren Film über Lip ich oben verwies, haben beispielsweise später einen Film über eine Landkommune in Italien gedreht, der auch nicht in Duisburg lief: „Das Land, das wir uns nehmen“ (1980).

Das brachte mich auf den Gedanken, dass die Zahl der Filme zu Europa im Bestand der Duisburger Filmwoche auch deshalb nicht allzu groß ist, weil eben eine Reihe dieser Filme von den jeweiligen Kommissionen abgelehnt wurden. Ich nenne weitere Beispiele: „Vincent van Gogh – Der Weg nach Courrières“ von Gaby Voss – die dieser Tage den Ehrenpreis Schnitt vom Edimotion-Festival erhielt, herzlichen Glückwunsch an Gaby! – und Christoph Hübner, „Gespräch im Gebirg“ (2000) von Matthias Caduff über Paul Celans Leben zwischen Rumänien, Österreich, Frankreich und Deutschland. Nicht gezeigt wurden die Filme, die Peter Heller über ein italienisches Dorf drehte, das auszusterben droht („Der da ist tot und der beginnt zu sterben“/1981) oder über einen Elsässer, der von den Kriegen um seine Heimat berichtet („Der Schmerz läßt die Hühner gackern und die Menschen dichten“/1986). Und ebenfalls ignoriert wurden zwei wahrlich europäische Filme von Ulrike Ottinger: „Prater“ und „Paris Calligrammes“.

Beobachtung 12: Nicht nur den Dokumentaristinnen und Dokumentaristen gerieten ihre Nachbarländer aus dem Blick, sondern auch den Duisburger Kommissionen, die andere Themen und Filme für wichtiger erachteten als die beispielhaft erwähnten. Diesen Vorwurf erhebe ich auch gegen mich selbst, denn an der Ablehnung einiger der Filme war ich als Mitglied der Kommission beteiligt.

Es sei nicht unterschlagen, dass für diesen Mangel an Filmen über viele europäische Länder auch das Fernsehen verantwortlich ist. Der WDR hat in Nordrhein-Westfalen jede mehr oder minder prominente Gießkanne in der Form einer Doku – dieses verkindlichende Kürzel verrät schon, um was sich handeln soll – verbraten, aber keine Dokumentarfilme über die Zustände in die angrenzenden Länder Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich in Auftrag gegeben. Man ist sich selbst genug.

15. Kapitel: Noch einmal Europa

In einem Essay für den Merkur hat der Philosoph Jürgen Mittelstraß 2005 vier Werte identifiziert, die „im Sinne einer europäischen Idee der Aufklärung“ Europa als Kultur zu definieren vermögen:

Die Dialektik von Gleichheit und Freiheit.

Selbstbestimmung.

Toleranz.

Argumentative Vernunft.86

Um diese vier Werte ist es – knapp 20 Jahre, nachdem der Essay erschienen ist – nicht nur in den Institutionen der EU, sondern auch in vielen Mitgliedsstaaten schlecht bestellt, sie sind sogar in einem Maße bedroht, wie es sich der Philosoph bei Abfassung des Textes vermutlich nicht vorstellen konnte. Oder doch. Mittelstraß erwähnt am Ende den zu Beginn von mir etwas breit rekonstruierten Mythos: „Europa – das ist, wie bei Ovid nachzulesen und in den Bildern Veroneses (…) anzuschauen, das Mädchen auf dem Stier, das »ängstlich nach dem verlassenen Gestade zurückblickt«. Ängstlich, so scheint es, ist Europa geblieben, mit sich selbst uneins, zerstritten, zwischen dem Alten und dem Neuen hin- und hergerissen.“87

1960 veröffentlicht Jean Améry – den Namen hatte der aus Österreich vor den Nazis geflohene Jude Hans Mayer 1955 angenommen88 – das Buch „Geburt der Gegenwart“, in dem er auch den geistigen Zustand von (West-)Europa untersucht. Er konstatiert eine stabile Neugier für die Künste der jeweiligen Nachbarländer, ob es sich um die Belletristik, das Theater, den Film und die Bildende Kunst handelt. Er ahnt eine gewisse Bedrohung durch die Konsumkultur. Er endet: Die Zukunft hat noch nicht begonnen. Sie ist offen und sie ist dunkel (…)“.89

Man kann diese von mir zitierten Passagen von Mittelstraß und Améry zusammenlesen: Als ein Auftrag an den Dokumentarfilm, wie er in Duisburg seit Beginn an verstanden wurde, der sich als Teil des Projekts der europäischen Aufklärung begreift, der Licht in das Dunkel bringt, der die Widersprüche hierzulande, aber auch in anderen europäischen Ländern sieht und zu Tage fördert, der zum Gespräch auch über die Sprachgrenzen hinweg anregt. Und der Bilder hervorbringt, die gegen die Übermacht alter Mythen ebenso ankämpfen wie gegen nationalistische Lügen der Gegenwart.

Jean Améry hatte das Vernichtungslager Auschwitz überlebt. In der Bundesrepublik hat er sich immer wieder in die politische Diskussion eingemischt – aus Brüssel, wohin er einst geflohen war. Wer mehr von ihm erfahren will, möge mit einem Dokumentarfilm beginnen, der übrigens auch nicht in Duisburg lief: „Die Tortur“90 (2018) von Dieter Reifarth, der auf einem Essay91 basiert, den Améry über die Folter schrieb, die er in einem belgischen Gefängnis (Fort Berendonk) durch deutsche Gestapo-Männer erlitt. In der deutschen Gegenwart ist Amérys Text „Der ehrbare Antisemitismus“ von 1969 erhellend.92

All das ist Teil der europäischen Geschichte, an die ich an dieser Stelle erinnern wollte.

Nachbemerkung:

Selbstverständlich lassen sich blinde Flecke immer erst im Nachhinein feststellen. Im Vorhinein vermeiden lassen sie sich nicht. Deshalb von mir ein Vorschlag, der auf was anderes abzielt: Warum nicht einen der Plätze der Filmwoche, der wie der heutige Vormittag eher den Charakter einer Retrospektive trägt, nacheinander einem benachbarten Land (eben Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich) zu Verfügung zu stellen, das hier einen ihrer wichtigen aktuellen Dokumentarfilme zeigt. Die Auswahl könnten befreundete Festivals übernehmen oder Kritikerinnen oder Kritiker. Selbstverständlich mit Diskussionen und ordentlichem Protokoll.

1 Als Zuschauer seit 1977, als Protokollant seit Ende der 1970er-Jahre, als Mitglied der Auswahlkommission von 1982 bis 1993 (mit Unterbrechungen), als (Ko-)Regisseur, der einen Film vor- und zur Diskussion stellte, als Moderator und als Referent, und schließlich auch als Produzent, da ich an der Kunsthochschule für Medien, an der ich von 1994 bis 2021 lehrte, eine Reihe von Dokumentarfilme betreute, die hier in Duisburg liefen (oder eben auch nicht liefen).

2 Zu Klaus Kreimeier vgl. meinen Nachruf: Online unter: https://www.filmdienst.de/artikel/69064/klaus-kreimeier-nachruf

3 Beide Texte wurden abgedruckt in: 3. Duisburger Film-Woche ‘79. Dokumentation. Duisburg 1980. Dort: Klaus Kreimeier: Darstellen und Eingreifen; S. 179-181; Klaus Wildenhahn: Industrielandschaft mit Einzelhändlern. S. 182-199.

4 Die Volltextsuche des wunderbaren Protokollarchivs der Filmwoche (protokult.de) führt kurz vor ihrer 48. Veranstaltung 61 Texte an, die entweder von ihm stammten oder in denen er als Moderator oder Diskussionsteilnehmer zitiert wurde. Vgl.: https://protokult.de

5 Dietrich Leder: Irrungen und Wirrungen. Der trizonale Fernsehsender 3sat hält sich seit nunmehr 30 Jahren. In: Medienkorrespondenz, Nr. 49/2014, Bonn: 5.12. 2014.

6 Zu den Programmunterschieden von 3sat und Arte vgl.: Dietrich Leder: Was die Kultursender 3sat und Arte wert sind – Von der perfekt bewegten Tapete zum ganz großen Kino. In: KNA Mediendienst, 7.12. 2023, online (hinter einer Bezahlschranke) unter: https://www.kna-news.de/mediaobject.jsf?moid=41311218&nh=4avxpd.1

7 Zum Protest, aber auch zum aktuellen Kulturangebot von 3sat vgl. Dietrich Leder: Schuttplatz und Schatzkästlein. Was gegen eine Fusion von 3sat mit Arte spricht. Tagesspiegel, 13.10.2024. Online (hinter einer Bezahlschranke) unter: https://www.tagesspiegel.de/kultur/schuttplatz-und-schatzkastlein-was-gegen-eine-fusion-von-3sat-mit-arte-spricht-12511289.html

8 3sat wie Arte beruhen auf internationalen Verträgen und sehr unterschiedlichen Konstruktionen, die sich nicht nur nicht mit einem Federstrich umschreiben, sondern auch kaum selbst in einem langwierigen Prozess im gewünschten Sinne modifizieren lassen.

9 Vgl. Entwurf für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Reformstaatsvertrag)“ – gemäß Beschluss der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 25. Oktober 2024. Hier: S. 14. Online unter: https://rundfunkkommission.rlp.de/fileadmin/rundfunkkommission/Dokumente/ReformStV/Synopse_ReformStV_MPK_Beschlussfassung_2024-10-25_Clear.pdf

10 Magnus Klaue: Die Antiquiertheit des Sexus, Band I. Kindheit – Sprache – Geschlecht. 3. Auflage Berlin [XS-Verlag] 2022. S. 116.

11 In einer Erwiderung auf meinen Vortrag wies Alexander Scholz daraufhin, dass die Filmwoche auf diesen Zusatz schon seit einigen Jahren bewusst verzichtet habe. Auf die sich daran anschließende Diskussion kann ich hier nicht eingehen. Empfehle, auch was Sprachregelung des Festivals angeht, den zweiteiligen Band von Klaue und Jens Balzer: After Woke. Berlin [Matthes & Seitz] 2024.

12 Die Hinweise, welche der von mir erwähnten Filme von 3sat in Auftrag gegeben, koproduziert oder angekauft wurden, hat Udo Bremer im Nachhinein auf meine Bitte dankenswerterweise erstellt; sie sind in den Fußnoten wiedergegeben. Für die Auswahl und Erwähnung hat das keine Rolle gespielt.

13 Karl Heinz Bohrer: Provinzialismus (VI). Europrovinzialismus. In: Merkur. Heft 11/1991. Stuttgart [Klett-Cotta] November 1991. S. S. 1059-1068. Hier: S. 1062.

14 Ebenda, S. 1067.

15 Hans Magnus Enzensberger: Sanftes Monster Brüssel oder Die Entmündigung Europas. Berlin [Suhrkamp] 2011.

16 Sie sind dort immer noch zu sehen: https://www.ardmediathek.de/sendung/menschen-und-landschaften-volker-koepp-zum-80/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kZXJlaWhlbi92b2xrZXJfa29lcHA

17 Ausschnitte von Filmen zeige ich ungern, weil sie so komplexe Gebilde wie klug montierte und oft vielstimmige Gebilde auf bestimmte Situationen und auch Personen reduziert; aber darauf zu verzichten, würde bedeuten sich einer doch notwenigen Anschaulichkeit zu versagen. In meinen 27 Jahren Lehre an der KHM habe ich stets integrale Fassungen gezeigt; nur zweimal wählte ich den Weg über beispielhafte Ausschnitte, als die Corona-Pandemie zu Online-Seminaren zwang.

18 Der Film ist hier zu sehen: https://www.ardmediathek.de/video/menschen-und-landschaften-volker-koepp-zum-80/seestueck-2018/mdr/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kdW5nLzI4MjA0MS8yMDI0MDYxNzAwMDEvbWRycGx1cy1zZW5kdW5nLTg3NjI

19 Vgl. das Protokoll der Filmdiskussion in Duisburg von Georg Kußmann online unter: https://protokult.de/2018/seestueck/

20 1977 bei der ersten Filmwoche und ab 1982 mit der sechsten Ausgabe entstanden die Kataloge zur jeweiligen Veranstaltung. In den Jahren 1978 bis 1981 kamen sie erst im Nachhinein heraus, enthielten aber Protokolle der Diskussionen, Presseberichte und – wie oben geschildert – Diskussionen, die auf oder über die Filmwoche geführt wurden. Das äußere Erscheinungsbild dieser Kataloge änderte sich ständig, eine Zeitlang sogar das Format. Nicht jedes Layout hat es mir leicht gemacht. Es gab viele Ausgaben, in denen sich das Jahr, in dem die Filmwoche stattfand, erst nach mühsamer Suche erschloss. Und nicht immer waren die Credits vollständig.

21 In den Jahren, als ich Teil der Duisburger Auswahlkommission war, beeindruckten mich die schweizerischen Dokumentarfilme stark; damals erschien mir die Schweiz in diesen Filmen als ein Europa en miniature, obgleich das mehrsprachige Land ja beispielsweise der EU bis heute nicht angehört.

22 Das Projekt ist in seiner ersten Phase dokumentiert in: Gabriele Voss: Der zweite Blick. Prosper Ebel. Chronik einer Zeche und ihrer Siedlung. Berlin [Ästhetik und Kommunikation] 1983.

23 Die Liste dieser Filme hängt dem Text an.

24 Hans Magnus Enzensberger: Ach Europa! Wahrnehmung aus sieben Ländern. Mit einem Epilog aus dem Jahr 2006. Frankfurt am Main [Suhrkamp] 1987.

25 Geert Mak: In Europa. Eine Reise durch das 20. Jahrhundert. Berlin [Siedler] 2004.

26 Karl Schlögel: Das Wunder von Nishnij oder Die Rückkehr der Städte. Berichte und Essays. (=Die Andere Bibliothek) Frankfurt am Main [Eichborn] 1991.

27 Karl-Markus Gauß: Von nah, von fern. Ein Jahresbuch. Wien [Zsolnay] 2003.

28 Jane Kramer: Sonderbare Europäer. Gesichter und Geschichten. (=Die Andere Bibliothek) Frankfurt am Main [Eichborn] 1993.

29 Seit einigen Jahren lautet der Untertitel „Gegründet 1947 als Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken“.

30 Siehe https://www.merkur-zeitschrift.de/?s=Europa&blog_page=1&sort=relevance&archive_page=1

31 Esther Kinsky: Weiter sehen. Berlin [Suhrkamp] 2023.

32 Zit. n. Ingeborg Bachmann: Sämtliche Gedichte. Ungekürzte Taschenbuchausgabe. 11. Auflage München [Piper] 2017. S. 177-178. Hier: S. 177.

33 Barbara Köhler, die von 2020 bis 2022 als Gastprofessorin an der KHM lehrte und das Fach „Literarisches Schreiben“ mitaufbaute, hat auch einen schönen Text über die Stadt der Filmwoche geschrieben, den man jedem ihrer Gäste ans Herz legen sollte. „Duisburg für Anfänger“. Er ist hier zu finden: https://www.literaturport.de/literatouren/ruhrgebiet/literatour/barbara-koehler-duisburg-fuer-anfaenger/

34 In ihrem Text über die Emscher mit dem Titel „42 Ansichten zu Warten auf den Fluss“ (2017), der in Korrespondenz mit einer Künstlergruppe aus den Niederlanden entstand, lässt Barbara Köhler immer wieder auch niederländische Begriffe und Worte anklingen und stellt sie in einen europäischen Sprachzusammenhang. Vgl. Barbara Köhler: 42 Ansichten zu Warten auf den Fluss. Wien [Edition Korrespondenzen] 2017.

35 Barbara Köhler: Istanbul, Zusehends. Gedichte/Lichtbilder. 3. Auflage Düsseldorf [Lilienfeld] 2016. Unpaginiert. Zitat etwa in der Hälfte des Textes.

36 Vgl. Benjamin Hederich: Gründliches Mythologisches Lexikon (1770). Nachdruck. Darmstadt [Wissenschaftliche Buchgesellschaft] 1996. Sp. 1074.

37 Anmerkung in: Hesiod: Theogonie. Werke und Tage. Griechisch – deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Albrecht von Schirnding. Mit einer Einführung und einem Register von Ernst Günther Schmidt. (=Sammlung Tusculum) 2. Auflage Düsseldorf/Zürich [Artemis & Winkler] 1997. S. 222.

38 Gustav Schwab: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. Nach seinen Dichtern und Erzählern von Gustav Schwab. Erster Teil. Gütersloh [Bertelsmann] 1925. S. 24-29. Hier: S. 29.

39 So deutet er als freiwilligen Liebesakt an, was in einigen Quellen als Vergewaltigung durch Zeus benannt wird. Vgl. Robert von Ranke-Graves: Griechische Mythologie. Quellen und Deutung. Autorisierte deutsche Übersetzung von Hugo Seinfeld unter Mitwirkung von Boris v. Borresholm nach der im Jahre 1955 erschienenen amerikanischen Penguin-Ausgabe. Neuausgabe in einem Band Reinbek bei Hamburg [Rowohlt] 1984. S. 173-175.

40 Homer: Ilias. Übertragen von Hans Rupé. Mit Urtext, Anhang und Registern. (Sammlung Tusculum) 2. Verbesserte Auflage München [Heimeran] 1961.

41 Siehe Hesiod, a.a.O., S. 33.

42 Siehe Moschus: Europa. [Ausschnitt] In: Almut-Barbara Renger (Hg.) Mythos Europa. Texte von Ovid bis Heiner Müller. Leipzig [Reclam] 2003. S. 25-30.

43 Vgl. Peter Kuhlmann: Moschus‘ Europa zwischen Artifizialität und Klassizismus. Der Mythos verkehrte Welt. (2004) S. 279. Online unter: http://www.rhm.uni-koeln.de/147/Kuhlmann.pdf

44 Siehe Horaz. Oden. [Ausschnitt]. In: Almut-Barbara Renger, a.a.O., S 48-51.

45 Ovid: Metamorphosen. [2. Buch Vers 843] Lateinisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Michael von Albrecht. Stuttgart [Reclam] 1994. S. 121-123.

46 Das erwähnte Buch von Almut-Barbara Renger, a.a.O., enthält viele dieser Aneignungen bis ins 21. Jahrhundert hinein.

47 Einige Bilder sind abgedruckt in Almut-Barbara Renger, a.a.O..

48 Siehe Herodot: Historien. [Erstes Buch, Pr-1] Übersetzt und herausgegeben von Kai Brodersen und Christine Ley-Hutton. Stuttgart [Reclam] 2019. S. 5.

49 Vgl. von Ranke-Graves, a.a.O., S. 176.

50 In einigen Quellen wird sein Name mit Angenor angegeben, in anderen Phönix. Vgl. Hederich a.a.O. Sp. 1075.

51 Klaus Theweleit: Buch der Königstöchter. Von Göttermännern und Menschenfrauen. Mythenbildung, vorhomerisch, amerikanisch. (=Pocahontas II). Frankfurt am Main [Stroemfeld/Roter Stern] 2013. Hier: 170.

52 Kuhlmann, a.a.O., S. 291.

53 Zit. n. ebd. S. 181.

54 Zum Regisseur siehe Barbara Pichler/Claudia Slanar (Eds.): James Benning. Vienna [SYNEMA] 2007.

55 Eine Koproduktion ZDF/3sat. Für 3sat drehte auch Reinhard Wulf sein Porträt „James Benning – Circling the image“, der auf der Filmwoche 2003 zu sehen war.

56 https://protokult.de/2006/aus-der-ferne/

57 https://protokult.de/protokolle/?_sfm_wpcf-filmtitel=Bellavista

58 Vgl. Jutta Pirschtat (Hg.): Zeit für Mitteilungen. PETER NESTLER. Dokumentarist. Essen [edition filmwerkstatt] 1991.

59 Eine Koproduktion ZDF/3sat.

60 Vgl. Johan van der Keuken: Analyse am Schneidetisch. DER FLACHE DSCHUNGEL. In: Ders.: Abenteuer eines Auges. Filme Photos Texte. Hamburg [Hochschule für bildende Kunst] 1987. S. 8693.

61 Claudio Magris/Angelo Ara: Triest. Eine literarische Hauptstadt in Mitteleuropa. (1987) Aus dem Italienischen von Ragni Maria Gschwend. 2. Auflage München [dtv] 2005. Und: Claudio Magris: Donau. Biographie eines Flusses. (1986) Aus dem Italienischen von Heinz-Georg Held. 4. Auflage München [dtv] 2009

62 Eine erste „Liste des Unverfilmten“ stellte 1983 Claudia Lenssen in Bezug auf die bundesdeutsche Spielfilmproduktion auf, von der ich mir diese schöne Idee hier borge. Vgl.: Claudia Lenssen: Die Liste des Unverfilmten. In: Alexander Kluge (Hg.): Bestandsaufnahme: Utopie Film. Zwanzig Jahre neuer deutscher Film/Mitte 1983. Frankfurt am Main [Zweitausendeins] 1983. S. S. 240- 256.

63 Den Film „Strom der Wünsche“ von Michael Kuball (1987), der von der Elbe handelt, habe ich leider nicht sehen können.

64 Zum Film vgl. Frederik Lang: Hartmut Bitomsky. Die Arbeit eines Kritikers mit Worten und Bildern. Wien [SYNEMA] 2020. Hier: S. 193-201.

65 Zum Film vgl. Dietrich Leder: Robert Kramer und „Route One/USA“. (Leders Journal XXVII) In: Filmdienst 20.9. 2024. Online unter: https://www.filmdienst.de/artikel/68869/robert-kramer-und-route-one-usa

66 Vgl. das Protokoll der Diskussion online unter https://protokult.de/1988/die-potemkinsche-stadt/

67 Der Film wurde 1993 realisiert. Siehe den Filmtext in: David Wittenberg; Film und Text. Tbilissi [Sa.Ga. Verlag für Gesellschaft] 2020. S. 181-189.

68 Robert Menasse: Die Hauptstadt. Roman. Berlin [Suhrkamp] 2017.

69 Ebenfalls eine Auftragsproduktion von ZDF/3sat.

70 Siehe https://protokult.de/1992/videogramme-einer-revolution/

71 Schlögel, a.a.O., S. 7

72 https://protokult.de/2003/die-helfer-und-die-frauen/

73 Eine Auftragsproduktion von ZDF/3sat.

74 Vergleiche dazu den Film „Das Jahr nach Dayton“ von Nikolaus Geyrhalter (1997) und das Diskussionsprotokoll: https://protokult.de/1998/das-jahr-nach-dayton/

75 Vgl. die pointierte Darstellung in Gauß, a.a.O., S. 133-134.

76 Eine Beschreibung findet sich in: Orbanz, a.a.O., S. 126-128.

77 Eine Koproduktion von ZDF/3sat.

78 Schlögel, a.a.O., S. 388

79 Ebd.

80 Jane Kramer zeichnet in ihren Reportagen weitere zurückliegende Fluchtbewegungen etwa die der „pieds noirs“, die nach der Unabhängigkeitserklärung Algeriens 1962 nach Frankreich zurückkehrten.

81 Vgl. den Text zum Thema David Wittenberg: Lip ‘76 – Der Kampf geht weiter. Ein anderes Leben. In Wittenberg, a.a.O., S. 245-258.

82 Vgl. das Material zum Film in: Eva Orbanz/Erika Gregor/Ulrich Gregor (Redaktion): Klaus Wildenhahn, Dokumentarist. (=Kinemathek 92) Berlin [Deutsche Kinemathek] September 2000. S. 112-115. Siehe auch das Protokoll der Duisburger Diskussion: https://protokult.de/wp-content/uploads/df09-YORKSHIRE.pdf

83 Eine Koproduktion ZDF/3sat.

84 Wer das sagt, ist dem Protokoll nicht zu entnehmen. Siehe https://protokult.de/2002/mirabella-sindelfingen/

85 Vgl. https://protokult.de/2023/fasolakia/

86 Jürgen Mittelstrass: Europa erfinden. Über die europäische Idee, die europäische Kultur und die Geisteswissenschaften. In: Merkur, Januar 2005. S. S. 28-37.

87 Ebd. S. 37.

88 Vgl. Irene Heidelberger-Leonard: Jean Améry. Revolte in der Resignation. Stuttgart [Klett-Cotta] 2004.

89 Jean Améry: Geburt der Gegenwart. Gestalten und Gestaltungen der westlichen Zivilisation seit Kriegsende. Olten und Freiburg [Walter] 1960. S. 300.

90 Der Film „Die Tortur“ wurde von 3sat im Mai 2024 ausgestrahlt und ist in der 3sat-Mediathek noch bis Mai 2025 anzuschauen unter: https://www.3sat.de/film/dokumentarfilmzeit/die-tortur-100.html

91 Jean Améry: Die Tortur. In: Ders.: Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines Überwältigten. (1966) Zweite Auflage Stuttgart [Klett-Cotta] 1980. S. 46-73. Der Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Merkur, Juli 1965.

92 Jean Améry: Der ehrbare Antisemitismus. (1966) In: Ders.: Widersprüche. Stuttgart [Klett-Cotta] 1980. S. 242-249.