Film

Spielfeld
von Kristina Schranz, Caroline Spreitzenbart
DE 2017 | 26 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 41
08.11.2017

Diskussion
Podium: Kristina Schranz, Caroline Spreitzenbart
Moderation: Katrin Mundt
Protokoll: Cornelis Hähnel

Synopse

Nach der Grenzerfahrung „Flüchtlingskrise“ rüstet die österreichische Gemeinde Spielfeld auf: Stacheldraht, Feldbetten und „Crowdmanagement-Systeme“ sollen Szenarien verhindern, deren Ausbleiben die inzwischen zurückgewonnene Normalität mit Leere füllen. Leere, die auf die Gaststätten des Dorfes ausgreift, an denen der gewohnte Grenzverkehr jetzt vorbeizieht.

Protokoll

Spielfeld. Was für ein Name für einen Ort. Schon allein ob des Namens dränge sich Spielfeld als Drehort auf, befindet Moderatorin Katrin Mundt. Aber ob es ohne die sogenannte „Flüchtlingskrise“ diesen Film gegeben hätte? Wohl kaum. Eben weil Spielfeld so oft in den Medien präsent gewesen sei, weil es eng verwoben mit dem Begriff „Flüchtlingskrise“ sei, hätten sie den Ort besucht und begonnen, zu recherchieren, so Regisseurin Kristina Schranz. Spielfeld, das sei nicht nur ein Ort, sondern auch ein Mikrokosmos der Hilflosigkeit, der zugleich auf den Makrokosmos Europa verweise. Und Spielfeld sei ein Synonym für die Grenze geworden. Von daher hätten sie versucht, diese Grenze sichtbar zu machen. Dies sei, in Anbetracht der sensiblen und aufgeladenen Situation, im positiven Sinne unaufgeregt gelungen, lobt Mundt den zweiten Film der jungen Regisseurin. Die fast fotographische Herangehensweise, die bedacht komponierten Tableaus vermitteln einen Eindruck von Leere und Stagnation, die an diesem Ort herrscht.

Kamerafrau Caroline Spreitzenbart betont, dass man die Bilder sehr bewusst ausgesucht habe, da man gezielt einen Gegenentwurf zu den aufgeheizten Nachrichtenbildern habe vorlegen wollen. Die fast statische Erzählweise sei dabei dem Ort geschuldet, denn Spielfeld habe eine eigene Geschwindigkeit. Zudem sei Spielfeld auch städtebaulich interessant, denn statt eines Dorfkerns, um den sich alles fomiert, gleiche Spielfeld vielmehr einem Strich. Im Zentrum steht eine Strasse, entlang derer sich alles aufreiht. Dies ist sichtbar in das formale Konzept des Films eingeflossen, sind doch die einzelnen Erkundungen ebenso linear visuell aneinandergereiht. Spielfeld. Eine klare Linie. Eine Grenze. Immer präsent und in jedem Bild auffindbar. Ein permanenter Wechsel von Innen und Außen. Auf der einen Seite steht das Grenzmanagementsystem, das nicht ganz ohne Ironie gezeigt wird. Auf der anderen Seite habe man die Bewohner Spielfelds zu Wort kommen lassen wollen, die auch dankbar gewesen seien, endlich mal gehört zu werden. Das steht jedoch im Kontrast zur Meinung eines Zuschauers, der vielmehr das Gefühl hatte, dass die Interviews eher wie aufgesagte Texte wirken. Dies sei nicht der Fall gewesen, betont Schranz. Tatsächlich hätten fast alle nicht mit den Medien gesprochen, teilweise seien die Einwohner sogar enttäuscht gewesen, weil sie nicht befragt wurden, obwohl sie nur wenige Meter neben der Grenze wohnen. Es schien bei den Leuten einen großen Redebedarf gegeben zu haben. Mundt ergänzt, dass der Eindruck des eingeübten Sprechens auch dem Ort geschuldet sein könne, denn an einem so medial aufgeladenen Ort komme oft der Gedanke, dass hier wieder Helfer über ihre Hilfsbereitschaft sprechen.

Eindeutig floskelhaft sei hingegen der Polizeisprecher gewesen, der bereitwillig das Grenzmangement präsentiert. An diesen Stellen ändert der Film auch seinen Ton. Dies sei Absicht gewesen, betont Schranz, schließlich sei der Polizist eher ein Symbol und stehe stellvertretend für das System. Doch abgesehen davon habe man die persönlichen Stimmen des Ortes einfangen wollen. Nur wenige hätten sich geweigert zu sprechen und man sei in dem kleinen Ort schnell aufgrund der Kamera bekannt gewesen. Die meisten hätten jedoch bereitwillig ihre Häuser geöffnet.

Am einprägsamsten war für viele Zuschauer eine ältere Dame, die fünf Meter neben der Grenze wohnt und sich wie in einer Festung verbarrikadiert hat. Der Name „Mutter der Grenze“ fällt. Und für Werner Ružička ist die Dame gar das Destillat des Films, in seiner Erinnerung habe er sich wie ein Pensionsgast bei ihr gefühlt. Tatsächlich ist die Dame essentiell für den Film, wie sie sich in ihrem Haus verschanzt und alles beobachtet, wie sie die Außenwelt nur über ihren Computer in das Wohnzimmer holt, das ist die Wagenburg Europa en miniature. Und zugleich hebt die Dame mit ihrer eigenen Fluchtvergangenheit aufgrund des Jugoslawienkrieges den Film auf eine weitere Ebene.

Warum sie sich eigentlich für eine subjektive Erzählweise entschieden hätten, will jemand aus dem Publikum wissen. Eben weil in den Medienberichten schon so viel erklärt und informiert worden sei, hätten sie sich entschlossen, einen Schritt zurückzugehen, antwortet Schranz. Die soziologischen Zusammenhänge hätten sie interessiert, nicht die klaren Fakten. Und es sei auch Kritik am System. Daran, dass Österreich denkt, allein mit dem Grenzmangement alles lösen zu können. Versöhnlich wird der Film zum Ende hin. Das einzig denkbare, so die beiden Filmemacherinnen. Zwei junge Mädchen spielen Ball auf der Strasse. Das Versprechen auf eine bessere Zukunft, wird gefragt. Vielleicht. Man habe zumindest Hoffnung.