Synopse
Wie heißt Du? Kazeunguririrua heißt „Du kannst deine Tiere nicht aufziehen“, Vatiraike erzählt von angolanischen Auswanderern in Namibia. In einem kleinen Dorf in der kargen afrikanischen Steppe sind Namen Geschichten, Anekdoten oder gar Fragen. Wer sie aussprechen übt, betont lebendige Vergangenheit.
Protokoll
Bei den Himbas, einer kleinen Dorfgemeinschaft im Norden Namibias bedeuten die Namen der Menschen Botschaften, Ereignisse, Anekdoten. Diana Menestrey S. begibt sich für ihren Film Owami – I am … in die afrikanische Steppe, um mit den BewohnerInnen über die Herkunft ihrer Namen zu sprechen. Die Frage „Wie heißt du?“ („Ena ree Otjikuaye?“) helfe, das Gefühl der Fremdheit zu überwinden, erzählt die Regisseurin an einer Stelle im Film aus dem Off.
Pary El Qaliqili möchte mehr über die Idee zum Film und ebendiesen Annäherungsprozess erfahren. Menestrey S. erzählt von ihrem Bruder, der als Ethnologe schon über mehrere Jahre mit den Himbas gearbeitet hatte. Er habe ihr oft Geschichten zu den einzelnen BewohnerInnen und ihren Namen erzählt. Zusammen mit ihm sei sie dann nach Namibia gereist. Die gemeinsame Recherche habe ihr geholfen sich zurechtzufinden und in die Landschaft einzutauchen. In der Zeit, in der der Bruder Interviews führte, habe sie zu zeichnen begonnen. Animationen dieser Zeichnungen werden mit den später entstandenen Filmbildern, in denen die ProtagonistInnen von ihren Namen berichten, in einem Skizzenbuch kombiniert.
Ob sich die Filmemacherin vor Projektbeginn mit ethnografischem Filmmaterial auseinandergesetzt habe, möchte El Qaliqili wissen. Vor der Reise habe sie zwar einige Dokumentarfilme geschaut, sich aber nicht explizit mit der Geschichte Namibias beschäftigt. Erst durch die Interviews habe die Regisseurin nach und nach etwas über die historischen Hintergründe des Dorfes und der Region erfahren. Erst daraufhin folgte die eigentliche Recherche.
So war das entstandene Material weitaus umfangreicher, als man es bei dem knapp 30-minütigen Film annehmen würde. Der Cutter Simon Rittmeier erzählt, dass in den Interviews nicht nur über die Namen, sondern auch über die Wahrnehmung von Zeit gesprochen wurde. Dies sei hochinteressant gewesen, gemeinsam habe man sich aber dazu entschieden, sich auf die Namens-Thematik zu konzentrieren, weil auch so schon genug Material zu bewältigen gewesen war.
Die Moderatorin möchte mehr über die Animationstechnik erfahren. Wie entstand das Konzept und inwieweit stand die Entscheidung von Anfang an fest? Zu Beginn des Projekts, habe Menestrey S. noch mit dem Gedanken gespielt, Geschichten zu sammeln und diese in eine ausschließlich animierte Form zu übersetzen. Erst während die Interviews gefilmt wurden, habe sie sich dafür entschieden, diese in ihrer ursprünglichen Form zu belassen und lediglich Teile des Films zu animieren. Hierfür sei im Anschluss die Zusammenarbeit mit Rittmeier sehr wichtig gewesen, um eine gute Balance zwischen Animation und dokumentarischen Bildern zu finden. Ein Diskutant lobt diese Idee. Eine Zurückführung des Namensprinzips in die Buchform mache Sinn, da jeder Name eine eigene Geschichte erzählt und sich so in der Sammlung eine kollektive Geschichte ergebe.
El Qaliqili fragt, ob sich die Filmemacherin als weiße Beobachterin, die als Fremde in das Dorf kommt, Gedanken zum Thema Voyeurismus gemacht hat. Menestrey S. habe durch ihre anfängliche Zurückhaltung eine Beziehung zu den BewohnerInnen aufbauen können. Erst nach dem Fertigstellen einiger Skizzen, die sie den Himbas auch gezeigt hat, hat sie angefangen mit der Kamera zu arbeiten.
Eine Diskutantin findet es faszinierend, dass die Hintergründe der Namen oft mit traurigen Geschichten verknüpft sind, die von Tod oder Krieg handeln. Trotzdem gingen die Himbas ganz unbefangen damit um, seien im Gegensatz stolz auf ihre Namen. Wie Menestrey S. diesen Zusammenhang zwischen Lebensfreude und den teils negativen Konnotationen gesehen hat, möchte sie wissen. Da die Regisseurin während des Drehs aufgrund der Sprachbarriere gar nicht verstanden hat, was die einzelnen ProtagonistInnen über ihre Namen berichten, sei ihr das erst im Nachhinein bei der Sichtung des Materials bewusst geworden. Der Bruder erklärte ihr zudem, dass der Tod für die Himbas nichts schlimmes sei und sie sich im Gegenteil durch die Namen mit ihren Vorfahren verbunden fühlen. An dieser Stelle weist El Qaliqili darauf hin, dass die Dimension der Namensbedeutung viel weiter zu reichen scheint, als man zunächst annehmen würde. Einer der älteren Dorfbewohner bestehe z.B. darauf, auch auf die Bedeutung der Namen seiner Brüder einzugehen, bevor er die Herkunft seines Namens erläutern möchte.
Direkt zu Beginn des Films zeigt Owami – I am …, wie sich ein Dorfbewohner und Menestrey S. gegenseitig porträtieren. Rittmeier findet diese Szene besonders wichtig, da er das Thema das Films vorgebe: Ein sich gegenseitig Ansehen und sprachlos sein.
Pary El-Qalqili, Diana Menestrey Schwieger v.l. © Duisburger Filmwoche, Foto: Simon Bierwald