Synopse
Zwei junge Männer, der eine Syrer, der andere Palästinenser, schleusen Flüchtlinge auf europäischen Boden. Während die Grenze zur Türkei noch löchrig ist, rüsten die Griechen auf, mit deutscher Unterstützung. Wärmebilder, Zäune. Die Jungs packen, schaffen es, mal auch nicht. Die Miete war letzte Woche fällig.
Protokoll
Eine Grenze im Halbdunkel der nächtlichen Dämmerung. Der Mondschein fällt auf einen Stacheldrahtzaun, der die Türkei und Griechenland voneinander trennt.
Nacht Grenze Morgen begleitet Ali und Naser, zwei ehemalige Flüchtlinge in der türkischen Grenzstadt Edirne bei der täglichen Planung und Durchführung ihrer Arbeit als Schleuser. Edirne, eine traditionelle und zugleich kulturell geprägte Transitstadt befindet sich im stark frequentierten Grenzgebiet zwischen der Türkei und Griechenland. Trotz intensiver Überwachung durch Spürhunde, Geländewagen, Wärmebildkameras und bewaffnete Polizisten stellen sich sowohl Flüchtlinge als auch Schlepper den Gefahren. Die Sehnsucht nach Freiheit ist größer.
Entstanden ist der Film im Rahmen einer Vordiplomarbeit der HFF München. Für Felicitas Sonvilla und Tuna Kaptan war es nicht die erste Zusammenarbeit; Diese Kooperation habe man sofort als große Chance gesehen. Das Thema „Festung Europa“ mit seinen Außen- und Innengrenzen stand schnell fest. Die im Film behandelte Grenzsituation habe man aufgrund ihrer Aktualität ausgewählt.
Eine große Herausforderung sei vor allem die Sprachbarriere gewesen. Kaptan könne zwar türkisch, die Schlepper aber beherrschten die Sprache nur sehr rudimentär. Die Akkumulation des Materials (insgesamt etwa 25 bis 30 Stunden) war der fehlenden Möglichkeit der Verständigung geschuldet. Oft habe man erst im Schnitt die Dialoge zwischen Ali, Naser und dem Team verstanden. Einen Dolmetscher zu engagieren, wäre zu heikel gewesen, da eine gewisse Intimität gewährleistet werden musste. Überhaupt sei es vor Drehbeginn wichtig gewesen, eine Vertrauensbasis aufzubauen. Einer der beiden Schlepper erzählte von seinem Plan nach München zu gehen, ohne etwas von der Herkunft der Filmstudenten zu ahnen. Nachdem sie ihn aufklärten, sei eine gewisse Anziehungskraft entstanden, sagt Kaptan.
Ein Grundmotiv des Films ist das Warten. Diesem dramaturgischen Muster folgend, nimmt die Kamera auch Alltäglichkeiten im Hotelzimmer auf. Grund für diese Arbeitsweise sei die Entscheidung gewesen, die Schlepper so wenig wie möglich zu gefährden. Deshalb wurde viel im Hotel gefilmt. Außerdem war dieser Ort zugleich Treffpunkt und manchmal die einzige Möglichkeit Kontakt zu den jungen Männern herzustellen, als sie beispielsweise mehrere Tage verschwunden waren. In diesen Fällen wartete das Filmteam. Für Ute Holl ist die Mischung aus eben diesen lapidaren aber auch auch schmerzhaften Momenten im Film sehr gelungen.
Die Montage erzeugt den Eindruck einer Zufallserscheinung, die nur ansatzweise einer chronologischen Ordnung folgt und oft fragmentarisch bleibt. Sonvilla glaubt, dass hier eine Parallele zum Lebensgefühl der Schlepper gezogen werden kann. Man plant nur bis zur nächsten Aktion, gleichzeitig steckt man in einer Art Endlosschleife. Außerdem sei es nicht möglich gewesen die Geschichten bis zum Ende zu erzählen. Auch deshalb habe man sich dazu entschieden, Inserts einzublenden. Vor einem im Zeitraffer ablaufenden Bild der nächtlichen Grenze, werden dem Zuschauer so die Entwicklungen deutlich gemacht, die man in ihrer Fülle gar nicht anders im Film hätte präsentieren können. Die Landschaftstotale sei dabei gleichzeitig das einzige Bild, welches die riesige Grenzmaschinerie ansatzweise fassen könne. Die Überwachungsbilder aus einer Wärmebildkamera evozieren Gedanken an ein „David gegen Goliath-Motiv“, so Sonvilla.