Film

Eight Characters and Two Syllables
von Andreas Schneider
DE 2011 | 43 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 35
11.11.2011

Diskussion
Podium: Andreas Schneider
Moderation: Jana Wolff
Protokoll: Nadine Voß

Synopse

Die YouTube Community, ihre Rituale und Regeln. Das Videomaterial aus ausgewählten Themen-Kanälen zeigt weibliche User bei ihrer Form der Selbstinszenierung. Sie alle haben ein Anliegen. Privat und öffentlich bekommen neue Konturen.

Protokoll

Nach Film und Diskussion weiß der geneigte Zuschauer ein bisschen mehr über den Einsatz und das Angebotsspektrum von Make-up; andere Fragen bleiben hingegen eher offen.

Schneider, der aus der Bildhauerei kommt, entwickelte EIGHT CHARACTERS AND TWO SYLLABLES aus einem Nachdenken über das Verhältnis zwischen Öffentlichem und Privatem heraus. Youtube, diesen Ort, der wie kein anderer das Spannungsfeld von Individuum und digitaler Masse benennt, wählte er dafür als Schnittstelle. Die Beauty-Community, deren Mitglieder dort nicht nur Oberflächliches in Sachen Schönheit und Pflege, sondern von Zeit zu Zeit „auch mal was über sich“ posten, erschien ihm dabei, auch motivisch, als geeignetes Sujet. Aus der Masse an Material wählte er vier Frauen aus, die unterschiedliche Formen von Selbstinszenierung in ihren Videos praktizieren: Die Kommunikationsstrukturen der Gruppe gaben die Dramaturgie des Schnitts vor. Um die Webcam als Spiegel, um das Spiegelbild an sich ging es Schneider: Wie viel „ich“ ist in den Bildern? Derrida habe er dafür nicht gelesen, dafür aber Lyotard zum Begriff des Erhabenen, und Hegel; der Film stelle unterschiedliche diskursive Anknüpfungspunkte bereit, derer sich der Zuschauer bedienen kann.

Das ist einigen Teilnehmern der Runde noch nicht diskursiv genug. Irritationen bei einer Diskutantin, die im Zusammenschnitt der Youtube-Videos eine „Ästhetik des Gesprächs“ erkennt, wie auch beim Regisseur, der nicht versteht, was sie damit meint (da ist er nicht der Einzige). Uneinigkeit bei der Auslegung der Begrifflichkeiten „Überlegung“ und „Intention“ sowie Fragen nach dem Mehrwert des Films, den er gegenüber dem manuellen Anschauen der einzelnen Clips auf Youtube hat und der laut Schneider darin besteht, dass man das Material wahrscheinlich so nie zu Gesicht bekommen hätte.

Man kommt auf das Verhältnis von Regisseur und Protagonistinnen zu sprechen: gab es ein solches, ist er ihnen näher gekommen im Verlauf der Arbeit? Auf die Nachfrage, ob er sie kontaktiert habe, verweist Schneider auf das OK des Medienanwalts der KHM. Das Wort „Ausstellung“ geistert zwischen den Zeilen vieler Diskussionsbeiträge umher. Im Grunde genommen seien sie „unfreiwillig“ zu Hauptdarstellern geworden, merkt eine Diskutantin an, denn „die Videos erfahren durch den Film eine ganz andere Form von Öffentlichkeit als die, für die sie gemacht worden sind“. Das „Unangenehme am Zuschauen“ komme nicht vom Verhalten der Frauen, sondern von der Montage, wird kritisiert. Wie viel Anteil Auswahl und Schnitt an der Wirkung des Materials haben oder ob die Darstellerinnen, wie Jana Wolff bemerkt, „sich auch selbst kompromittieren“, bleibt am Ende offen.