Film

Der Schatten des Propheten
von Philipp Mayrhofer, Christian Kobald
AT/FR 2010 | 52 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 35
10.11.2011

Diskussion
Podium: Philipp Mayrhofer, Christian Kobald
Moderation: Jana Wolff
Protokoll: Mark Stöhr

Synopse

Im Jahr 1913 fotografiert die französische Kolonialpolizei im Senegal einen moslemischen Propheten. Noch heute ist das Bild in Dakar anzutreffen; eine Ikone neben Jackie O. und Che Guevara. Rundherum oszillieren Geschichten und Legenden über den fantastischen Serigne Touba, der viele Wege lenkt.

Protokoll

In einer Prophezeiung der Muriden, dieser muslimischen Glaubensgemeinschaft im Senegal, heißt es, dass eines Tages die weißen Peiniger zurückkehren werden. „In den Augen einiger Gläubiger waren wir das“, sagte Christian Kobald. Dabei waren er und sein Regiekollege Philipp Mayrhofer nicht als Kommissäre der ehemaligen Kolonisatoren nach Dakar gekommen. Der Grund ihrer Reise war ein Bild, das einen verschleierter Prediger darstellt. Wie ein Logo oder das Konterfei eines Revolutionärs prangt es tausendfach an allen möglichen Stellen der Stadt. Es zeigt Amadou Bamba, den Begründer der muridischen Gemeinschaft. Das einzige Foto von Bamba, auf das sämtliche Nachbearbeitungen zurückgehen, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts von den französischen Besatzern aufgenommen. So schließt sich ein Kreis.

An einem französischen Fernsehteam wäre denn das ganze Projekt auch beinahe gescheitert. Die Fernsehleute hatten zwei Jahre vorher in einem Enthüllungsfeature behauptet, Exil-Senegalesen würden einen Teil ihrer Drogenerlöse an die Glaubensbrüder in der Heimat überweisen. „Dadurch“, so Mayrhofer, „schlug uns viel Misstrauen entgegen.“ Mit Geld hatten ihre Dreharbeiten auf andere Art zu tun: Viel sei im Senegal „Verhandlungssache“ (Mayrhofer). Schon allein wenn man auf ein Dach steige, um eine erhöhte Kameraposition zu bekommen, sei es üblich, den Eigentümer des Hauses dafür zu bezahlen.

Vom Porträt Bambas versprechen sich seine Anhänger Gesundheit, Reichtum und Glück. Zudem ist er eine antikoloniale Figur (Peter Ott: „Verschleierung als Subversion“). Vrääth Öhner macht zwei dramaturgische Bewegungen im Film aus. Am Anfang würde das Bild „nach seiner Wahrheit befragt“, dann gäbe es eine Wendung zu der Frage: „Was tut das Bild?“, also zu seiner Funktion in gesellschaftlichen Zusammenhängen.

Eine Diskutantin aus dem Publikum zeigte sich enttäuscht. Aufgrund der Fährten, die DER SCHATTEN DES PROPHETEN im ersten Drittel lege, habe sie eine mehr philosopische Herangehensweise erwartet, die sich mit dem Verschwinden eines Bildes beschäftige. Dies sei aber nicht der Fall – ihr Vorwurf: „Es ist nur ein ethnologischer Film“. Christian Kobald ist über den Einwand nicht sehr erfreut. Hätten sie vorgehabt, einen philosophischen Film zu drehen, wäre das nicht das Problem gewesen, er und sein Regiekollege hätten immerhin beide Philosophie studiert. „Uns ging es aber“, so Kobald, „um den Vertrieb des Bildes.“

Ein anderer Kritiker sieht das Problem, bei DER SCHATTEN DES PROPHETEN könne es sich um einen Werbefilm für die Muriden handeln. Ob es die Überlegung gegeben habe, fragt er die Filmemacher, gegen die eigene Sympathie für ihre Protagonisten anzugehen. Klare Antwort von Kobald: „Wir haben den Pakt angenommen, der uns angeboten wurde, und sahen keine Grund, einen nicht sympathetischen Film zu machen.“