Film

Shanghai Fiction
von Julia Albrecht, Busso von Müller
DE 2009 | 134 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 33
06.11.2009

Diskussion
Podium: Julia Albrecht, Udo Bremer (Redaktion)
Moderation: Peter Ott
Protokoll: Aycha Riffi

Synopse

Yuan Jilei schuftet als Wanderarbeiter für ein besseres Leben mit viel Geld. „Nichts ist unmöglich in Shanghai, oder?“ Der Traum hält alle in Bewegung. Der deutsche Stadtplaner verkauft schöne neue Welten. Ein Professor reflektiert über den Verlust an Idealen. Von den Utopien ist nur das Geld übrig geblieben.

Protokoll

Zu Beginn der Diskussion entschuldigt Julia Albrecht ihren Kollegen Busso von Mueller, der leider nicht anwesend sein kann. Gleiches gilt für Brigitta Lange (ZDF/3Sat), die von Udo Bremer entschuldigt wird.

Julia Albrecht und Busso von Mueller haben schon vor ihrem Film in Asien gearbeitet. Sie interessiert vor allem die Frage, was es für Menschen bedeutet in einer Zeit der Umbrüche zu leben? Von einem Tag auf den anderen wird den Menschen abgefordert sich in anderen Lebenszusammenhängen zurechtzufinden. Auch langjährige Ideale gehen verloren. Sie wollten Menschen mit unterschiedlichen Realitäten beobachten, die aber eines gemeinsam haben: Sie kommen von einer homogenen in eine heterogene Gesellschaft. Sie werden Wanderarbeiter oder Geschäftsleute.

Bereits das sehr komplexe Exposé zu Shanghai Fiction hat die Personenkonstellation vorgestellt, so erzählt Udo Bremer. Nach anfänglichen Gesprächen darüber, dass der Film zu viele Dimensionen erfassen will, folgte schnell die Entscheidung: „Es ist genau richtig“.

Die Personen des Films verbindet ein „Grundbogen“, der sich durch den Film zieht: Es sind Geschichten der Enttäuschung. Oder, in Johannes Fall, Geschichten ohne Träume. Julia Albrecht erzählt, dass das deutsche Architektenbüro eher eine Stellvertreterfunktion hat. Die deutschen Architekten sind notwendig, um die Politiker zu überzeugen. Die eigentliche Umsetzung werden dann chinesische Architekten übernehmen.

In Shanghai Fiction verfolgt und beobachtet die Kamera die Personen. Die zuweilen schnellen und harte Schnitte und Jumpcuts unterstreichen nach Albrecht auch die „Fragmentierung von Welt“: Die Dinge fallen auseinander. Diesen Montagestil kann man als störend empfinden („man verliert die Orientierung“) oder lobend erwähnen. Für eine Zuschauerin unterstreicht dieser Stil das Kaleidoskopische. Dieser Begriff wird in der Diskussion durch das Bild des Puzzle ersetzt, denn die Film-Teile sind nicht zufällig zusammengewürfelt. Dem Zuschauer wird die Leistung abverlangt, die einzelnen Teile – auch in ihrer Chronologie – zusammenzusetzen. Dies muss er, bei der zuweilen schnellen Bildabfolge, in seiner „eigenen Fantasie“ machen. Auch eine Ebene von (Shanghai) Fiktion.

Albrecht und von Mueller hatten sich keine Drehgenehmigung besorgt, denn eine Drehgenehmigung bekommen, bedeutet auch, einen Aufpasser zur Seite gestellt zu krieg en. Es war aber auch nicht schwierig zu drehen, denn in Shanghai ist alles so unüberschaubar, so dass sie nicht aufgefallen sind. Bei den offiziellen Terminen waren die Filmemacher immer in Begleitung von Johannes und wurden so als Team akzeptiert.

Was ist Fiktion, was ist Wirklichkeit?

„Das Schlimmste wäre unnötig zu sterben.“